Gemeinderat,
29. Sitzung vom 23.06.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 57 von 122
Donauquerung
kommt oder nicht, sogar aus etlichen Bereichen der Donaustadt bin ich mit dem
Rad geschwinder im Rathaus als im Stau. Ich trete auch bei Temperaturen wie
heute den Beweis an. (GR Gerhard
Pfeiffer: Wenn wir noch die S80 ausbauen, gehen wir mit!)
Die S80 ist auch so ein Projekt, das rasch und mit wenig Geld realisiert
werden kann. Wesentliches vorreihen, weniger Wesentliches rückreihen, und zwar
insofern weniger Wesentliches, als das ohnehin zerredet und zerstritten wird. (GR Gerhard Pfeiffer: Herr Kollege Chorherr,
und die B3d?)
Sie werden lachen, ich halte die B3d, wenn es darum geht,
Erschließungsprojekte und Straßenprojekte nüchtern zu betrachten, sicherlich
für ein vorrangigeres Projekt als eine sechste Donauquerung und insbesondere
eine Lobauautobahn. Dass man auch im Straßenbaubereich im 22. Bezirk etwas
tun muss, steht außer Streit, egal ob dieses Riesenprojekt, um das es hier
geht, passt, wo ich mit zunehmender Gelassenheit dessen automatische
Rückreihung sehe. Reihen wir das zurück! Reden wir über Fragen der B3d! Reden
wir aber insbesondere über das, wo sich die Stadt Wien verpflichtet hat,
nämlich die Öffi-Maßnahmen vorzuziehen, insbesondere die Fragen der Straßenbahn
in Transdanubien, aber auch andere.
Jetzt komme ich aber zu jenem Bereich, der uns allen in diesen Tagen
wirklich Sorgen machen müsste, weil nicht nur Wien, sondern alle Städte vor den
Entwicklungen, vor dem Fehlen der bisherigen Politik, kapitulieren müssen. In
vielen Bereichen haben wir die CO2-Emissionen, Stichwort
"Treibhauseffekt" nicht in den Griff bekommen. Aber sagen wir es
einmal so: Im Industriebereich gibt es effiziente Maßnahmen, im Bereich der
erneuerbaren Energieträger passiert auch einiges. Wo wir eine Explosion haben,
ist der Verkehrsbereich.
Da will ich ein Projekt ansprechen, das die Hauptproblematik der Stadt
Wien aufgreift und gegensteuert. Das ist die Zersiedelung. Ich glaube, dass bei
den Erkenntnissen, die wir aus den Strömen der Verkehrszählung gehabt haben,
dass Wien jedes Jahr 8 000 Menschen ans schöne Umland verliert, an das
Haus im Grünen, das alle suchen, wirklich ansetzen müssen. Alle fahren in
Ermangelung von öffentlichem Verkehr mit dem Auto ins Umland. Im Umland haben
wir einen Modalsplit von neun zu eins. Im Umland - stichwortanknüpfend bei der
Frau Kollegin Cordon, demografische Entwicklung - gibt es schon Gebiete, wo
ungefähr die Hälfte der Einfamilienhäuser von allein lebenden Menschen bewohnt
ist. Stellen wir uns die Gesellschaft in 20, 30, 40 Jahren vor, die
alternde Gesellschaft, wo in jedem dieser schönen Einfamilienhäuser, das für
Kleinfamilien konzipiert ist, ein Single nach dem anderen wohnt. Da gilt es,
ein Gegenprojekt zu entwickeln.
Ich habe das vor zwei Wochen in einer
Pressekonferenz vorgestellt. Ich freue mich über ein enormes Echo und möchte es
hier noch einmal zur Diskussion stellen. Wien hat in seinem Herzen ein
wunderbares, schönes, zentral gelegenes öffentlich erschlossenes
Entwicklungsgebiet, das rechte Donauufer. Ich empfehle Ihnen, einmal am
Wochenende mit dem Fahrrad nicht in die eine Richtung, die Donauinsel, sondern
die andere Richtung zu fahren, das rechte Donauufer und nicht den schönen Blick
auf die Donau zu richten, sondern auf den Handelskai. Ich will hier nicht
irgendwelche Ausdrücke der unteren Körperhälfte verwenden. Damit mache ich mich
nicht beliebt. Nennen wir es einmal so, ich nehme die obere Körperhälfte. Wien
dreht der Donau seinen Rücken zu, um nicht einen anderen Körperteil anzusprechen.
Wie ein Messer schneidet der Handelskai, die Bahn dort, den 22. Bezirk von
der Donau ab. Wenn man es fotografiert und sich das dort vorstellt, würden wir
dort einen Stadtteil entwickeln. Ich habe den 24. Bezirk genannt. Man
macht das Fenster in der Früh auf, schaut auf die Donau hinaus, aus dem
zweiten, vierten, achten oder zwölften Stock. Es ist ruhig. Die Kinder können
hinuntergehen, schwimmen, skaten, laufen, alles. Einen riesigen Vorteil hätte
dieses Projekt, denn selten verbessern Bauprojekte die Lebensqualität der jetzt
schon Anrainenden. Eine Platte könnte man auf viele Bereiche legen, Herr
Stadtrat, natürlich nicht auf alle Bereiche, natürlich nicht auf
20 Kilometer, aber auf viele Bereiche, wo es völlig unbenutzte
Bahnhofsareale gibt, wo am schönsten Bauplatz Wiens Riesenkabeltrommeln vor
sich hingammeln, die Ratten hin- und herlaufen und der eigentlich unbekannt
ist, wo auf 40, 80, 100 Metern derzeit eine Unstadt steht. Durch eine
Überplattung könnte Ruhe für die Anrainer, die jetzt schon dort befindliche
Bevölkerung, passieren. Weiters ist es eine Möglichkeit, für die Menschen aus
dem 2. und 22. Bezirk, sich Richtung Donau, Richtung rechtes Donauufer, zu
bewegen.
Da kann einem viel einfallen, wie dieses rechte Donauufer aussehen
könnte. Ich glaube, am Wolfgangsee gibt es das, wo ein großer Swimmingpool im
See ist. Stellen wir uns dieses rechte Donauufer vor, wo etwas aus Schiffen
gemacht werden kann, wo ein eigener großer Stadtteil entstehen kann, der einen
zentralen Vorteil hat. Von diesem Stadtteil bin ich mit dem Fahrrad in
15 Minuten im Zentrum. Ich habe dort drei U-Bahnlinien, U1, U2, U6. Ich
habe die Donauuferautobahn, die öffentlich erschlossen ist. Würde man so mutig
sein wie in Karlsruhe, könnte man Straßenbahnen auf der Bahntrasse schicken,
die ins Zentrum angebunden sind. Ich könnte dort einen wirklichen Gegenentwurf
zur Zersiedelung starten. Das, was die Menschen im Umland suchen, Ruhe, Grün,
verbunden mit urbanem Leben, mit öffentlicher Erschließbarkeit, wäre ein großer
Wurf. Und das, was der Stadtentwicklung fehlt, ist ein großer Wurf! Die
Donauinsel war so etwas. Lassen Sie mich das noch einmal sagen, weil vor allem
aus dem Rathaus kam: Finanzierung, Finanzierung, Finanzierung.
Da will ich Ihnen eine Geschichte über die Donauinsel
erzählen, die vor unserer politischen Zeit beschlossen wurde. Es gab zum -
Anführungszeichen - teuren Projekt, das jetzt realisiert wurde, wo alle wissen,
was die Donauinsel heißt, ein viel billigeres Projekt, weil es heute immer
heißt, Wirtschaftlichkeit vor allem. Das billige Projekt wurde vom Bund in den
Sechziger Jahren vorgeschlagen und hat geheißen, links und rechts, also
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