Gemeinderat,
29. Sitzung vom 23.06.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 43 von 122
Wirtschaft
im Abschwung war, seine Investitionen um 500 Millionen EUR ausweiten
konnte.
Es hat ja auch die Stadtregierung zumindest den Versuch unternommen, im
Vorjahr einen solchen Akzent zu setzen. Es ist die Stadtregierung zu ihrer
alljährlichen Februarklausur zusammengetreten und hat - und das ist auch
interessant, dass das heute noch gar nicht erwähnt worden ist - dann auch ein
solches Wiener Konjunkturpaket vorgelegt. Es ist schon interessant, warum in
dieser Debatte heute eigentlich niemand dieses groß und breit angekündigte
Wiener Konjunkturpaket erwähnt hat. Warum hat zum Beispiel unser Herr Finanzstadtrat
heute in seinem Rechenschaftsbericht nicht auf Euro und Cent genau
nachgewiesen, was aus diesem Wiener Konjunkturpaket tatsächlich geworden ist?
Was ist aus dieser Konjunkturmilliarde geworden?
Die Antwort ist naheliegend: Wenn man die Bilanz dieser
Konjunkturmilliarde zieht, dann sieht man, dass sie eigentlich nicht in Vollzug
umgesetzt werden konnte. Bei den Spitälern konnten die Investitionen überhaupt
nicht ausgeweitet werden. Dort waren 130 Millionen EUR im
Voranschlag. Im Jahresabschluss sind es genau diese 130 geworden. Auch im
restlichen Magistrat - und da hat uns der Herr Klubobmann Oxonitsch heute auch
wieder eine bisschen eine Lehrstunde über den Rechnungsabschluss gegeben und
gemeint, wir alle täten uns schwer beim Lesen dieses Rechnungsabschlusses. Ich
meine aber, dass der Herr Klubobmann selbst nicht nur die Pressedienste seiner
eigenen Fraktion, seines eigenen Finanzstadtrats lesen sollte, sondern er
sollte sich ganz einfach einmal selbst die Mühe machen und die Rechnungsabschlüsse
der letzten Jahre selbst zur Hand zu nehmen und sie vergleichen.
Wenn man genau das tut, dann sieht man ganz einfach, dass Wien vor
2 Jahren in der Hochkonjunktur noch 1,7 Milliarden EUR
investiert hat und im Vorjahr, also mitten in der Rezession, waren es gerade
noch 1,3 Milliarden. Also in diesen 2 Jahren, wo die Wirtschaft im
Abschwung war, in der Konjunkturflaute, ist bei den städtischen Investitionen
ein Minus von 400 Millionen und - auch das ist ja schon von meinen
Vorrednern erwähnt worden - dieses Minus gab es leider auch bei der
Wirtschaftsförderung. Auch das sollte man nicht nur bei den Pressediensten der
Mehrheitsfraktion hinterfragen und einfach Vertrauen schenken.
Wenn man selbst in den Rechnungsabschluss schaut, wenn man selbst genau
in die Budgetansätze für die Strukturverbesserungsaktion, für die
Unternehmensgründungsaktion, für die Nahversorgungsförderungsaktion schaut,
also für jene Aktionen, die tatsächlich den Wiener Klein- und Mittelbetrieben
zu Gute kommen, dann sieht man, dass bei diesen Wirtschaftsförderungsaktionen
das Minus ebenfalls 10 Millionen EUR beträgt. Ich meine daher, man
sollte diesen Rechnungsabschluss tatsächlich lesen, und dann sieht man, dass er
eigentlich ganz klar nachweist, dass dieses Wiener Konjunkturpaket, das im
Februar des Vorjahrs bei dieser berühmten Klausur der Stadtregierung mit so
großem Pomp und Aufwand verkündet wurde, eigentlich gescheitert ist und hier
diesem Gemeinderat nicht neuerlich wieder irgendwelche Märchen aufgetischt
werden sollten.
Aber eigentlich ist auch diese Frage der Investitionen, diese Frage der
Märchen auch schon vor dieser Debatte wieder von einer ganz anderen Seite
widerlegt worden, und zwar erst vor drei oder vier Wochen vom Herrn
Bürgermeister höchstpersönlich. Der Herr Bürgermeister ist ja zugleich auch
Präsident des Österreichischen Städtebundes. In dieser Funktion als unser
Städtebundpräsident spricht er ja davon, wie schlecht die Finanzlage der Städte
tatsächlich ist. Gerade am letzten Städtetag in Linz hat es genau diese Diskussion
wieder gegeben. Da ist in dieser Resolution des Herrn Städtebundpräsidenten
Häupl die Rede davon, dass die Investitionen der Städte zurückgehen. Da ist in
dieser offiziellen Resolution unseres Herrn Bürgermeisters wortwörtlich die
Rede von einem dramatischen Rückgang der kommunalen Investitionen. Gleichzeitig
aber erzählen uns der Wiener Finanzstadtrat und auch der Klubobmann dieser
Mehrheitsfraktion hier immer wieder ihre Märchen, indem sie immer wieder
behaupten, dass die kommunalen Investitionen tatsächlich steigen!
Herr Vizebürgermeister, Sie sollten daher am Städtetag nicht erzählen,
dass die Investitionen dramatisch zurückgehen und Sie sollten uns nicht
gleichzeitig hier immer wieder im halbjährlichen Abstand das Märchen
auftischen, dass die Stadt als größte Kommune Österreichs ihre Investitionen
ausweiten kann. Wer hat also Recht? Der Bürgermeister, der sagt, dass die
kommunalen Investitionen sinken oder Sie, der Sie hier das Gegenteil behaupten?
Herr Vizebürgermeister, Sie sollten sich daher vorher mit dem Herrn
Bürgermeister auf ein gemeinsames Märchen einigen und Sie sollten uns hier in
diesem Haus nicht immer wieder je nach Anlass ganz verschiedene Geschichten und
Märchen auftischen! (Beifall bei der FPÖ.)
Meine Damen und Herren, es haben diese Märchen so an sich,
dass sie ganz klar zwischen Gut und Böse unterscheiden. Es soll dadurch dem
Kind die Entscheidung für das Gute ein bisschen leichter gemacht werden. Als
Abschreckung gibt es daher in jedem Märchen eine ganz böse Figur. Auch in dem
Märchen des Herrn Stadtrats und des Herrn Klubobmanns Oxonitsch gibt es diese
böse Figur. Diese böse Figur heißt bei Ihnen Serles und Bundesregierung. Die
Bundesregierung ist böse und bekämpft das Gute im Märchen, nämlich die Wiener
Stadtregierung. Es wird auch bei den Arbeitsmarktdaten immer wieder dieses
Märchen von der bösen Regierung erzählt. Da wird erzählt, dass die Regierung
die Mittel kürzt und so weiter. Aber, Herr Vizebürgermeister, wie sieht
eigentlich der Beitrag der Stadt in diesem Bereich der Arbeitsmarktpolitik aus?
Da sehen wir, dass auch in diesem Voranschlag, über den wir heute diskutieren,
14 Millionen EUR für Arbeitsmarktpolitik budgetiert waren, etwa für
ein eigenes Lehrlingspaket der Stadt. Die alarmierenden Zahlen von den Lehrlingen,
die Lehrstellen suchen, die im Herbst auf uns zukommen, sind heute erwähnt
worden. Die Stadt hatte 14 Millionen EUR dafür
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