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Gemeinderat, 28. Sitzung vom 23.05.2003, Wörtliches Protokoll  -  Seite 36 von 80

 

Andreas Mailath-Pokorny die Schuld zu geben, dann ist das einfach ein Versuch, von der Schuld abzulenken, aber es stimmt einfach nicht. Unzählige Briefe gibt es von StR Mailath-Pokorny an das Kunststaatssekretariat, wo vorgeschlagen wird, Gespräche zu führen über gemeinsame Fragen, wie zum Beispiel die Filmförderung. Alle diese Briefe sind unbeantwortet geblieben. Die Gesprächsverweigerung des Staatssekretärs Morak, die die Künstler und Kulturschaffenden erleben, hat System, dass sie auch eine Gesprächsverweigerung gegenüber der Stadt Wien und gegenüber dem Wiener Kulturstadtrat ist.

 

Daher können wir auch nicht viel anfangen mit einem Antrag der Wiener ÖVP, und wir werden ihn daher auch ablehnen, weil er ein sehr durchsichtiger Ablenkungsversuch ist. Wir lassen uns in Ihrem Antrag nicht den Ball an den Kulturstadtrat zuspielen an diesen Problemen.

 

Jeder, der diese Diskussion im Fernsehen gesehen hat, der hat durch die Körpersprache gesehen, wem das mehr peinlich war. Und je länger die Diskussion gedauert hat, hat man gesehen: Der Morak ist offensichtlich doch nicht in allen Situationen ein so guter Schauspieler. Dort hat er schlecht geschauspielert, sondern gezeigt, wie zuwider ihm diese Diskussion war. Und jeder, der die Diskussion im Fernsehen gesehen hat, kann nur ein Ergebnis feststellen: Es war ein ganz klarer Sieg nach Punkten für den Wiener Kulturstadtrat. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Wir werden daher einen eigenen Beschluss- und Resolutionsantrag einbringen, in dem der Wiener Gemeinderat die Bundesregierung auffordert – weil dort sitzen nämlich die Schuldigen an dieser Kürzung –, die Streichung der Förderung der Wiener Festwochen rückgängig zu machen. Das ist nicht das Problem des Wiener Kulturstadtrates, das ist und bleibt ein Problem des Staatssekretärs Morak – Wiener Abgeordneter ist er gewesen, als er kandidiert hat –, das ist die Schuld des Parteiobmanns der Wiener ÖVP, des Staatssekretärs Finz, der diese Kürzung unterschrieben hat.

 

Nun, was den Antrag der FPÖ betrifft, werden wir dem Antrag nicht zustimmen, und zwar aus einem Grund: Die Geschäftsordnung der Wiener Festwochen wurde erstellt. Sie wurde aber nie von StR Marboe unterschrieben. Das war ein Diskussionsstand, wo wir überlegt haben, so eine Geschäftsordnung für einen Beirat der Wiener Festwoche zu schaffen. Die haben Sie auch. Der Marboe hat es nicht unterschrieben, daher gilt sie leider nicht. Sie müssen sich gleich hier an Ihren Koalitionspartner wenden. Er ist schuld, dass es diese Geschäftsordnung und diesen Beirat nicht gibt. Wenn Sie wollen, dass es ein Gespräch mit den Wiener Festwochen gibt, dann wird sich niemand diesem Gespräch verweigern. Wir weisen jedenfalls die Kritik an Kulturstadtrat Mailath-Pokorny zurück, wenn sie formal nicht stimmt. Wenn Sie Kritik üben wollen, dann ist die richtige Adresse der ehemalige Wiener Kulturstadtrat Peter Marboe. Er hat es nicht unterschrieben. Vielleicht kommen Sie heraus und sagen, warum Sie es nicht unterschrieben haben. Es war jedenfalls vereinbart, nach der Abschaffung des Kuratoriums einen derartigen Beirat zu schaffen. Sie haben es versäumt, es umzusetzen. Jetzt dürfen Sie sich nicht aufregen, dass es ihn nicht gibt. Wir ändern eh alles, was Sie schlecht gemacht haben. Aber es ist nicht unbedingt notwendig, dieses Versäumnis zu beheben. Wir haben eine sehr ordentliche Gesprächsbasis mit der Geschäftsführung der Wiener Festwochen, und jede andere Partei soll versuchen, eine ebenso gute Gesprächsbasis mit den Festwochen zu finden, dann wird es auch kein Problem mit Diskussionen geben. Wir führen laufend Gespräche mit den Wiener Festwochen. Wenn es die FPÖ nicht macht, wenn es die ÖVP nicht macht, sollten Sie sich einmal überlegen, warum die Festwochen vielleicht mit Ihnen nicht reden wollen. Vielleicht sind Sie kein adäquater Gesprächspartner oder vielleicht haben Sie einfach eine Terminologie und eine Art der Auseinandersetzung mit Künstlern und Kulturschaffenden wie Luc Bondy, dass er sagt: Ich lege keinen Wert auf ein Gespräch mit der ÖVP und der FPÖ.

 

Nun, die Kürzung der Subvention der Wiener Festwochen ist ein sehr symbolträchtiger Höhepunkt dieser wienfeindlichen Politik der österreichischen Bundesregierung. Lassen Sie mich das jetzt ein bisschen grundsätzlicher betrachten.

 

In der Geschichte der Zweiten Republik in Österreich gab es, und ich hoffe, dass es das noch gibt, Werte und Institutionen, die über 50 Jahre über alle Parteigrenzen, über alle Bundesländergrenzen und über alle Regierungskonstellationen hinweg immer unbestritten waren. Zum Bespiel, dass Kultur als Biotop unserer Gesellschaft, als eine der wichtigsten Leistungen dieser Nation, unbestritten ist, dass es ein unbestrittenes Bekenntnis zur Kulturnation Österreich und zu seiner Kulturhauptstadt Wien gibt.

 

Ob es nun der Wiener ÖVP und der ÖVP generell und ob es dieser Bundesregierung passt oder nicht, Wien ist der unbestrittene kulturelle Botschafter Österreichs in der Welt, und die Wiener Festwochen sind das unbestrittene künstlerische Tor Wiens und Österreichs zur Welt.

 

Und so viel die Bundesregierung auch an Fördermitteln umschichten will, so gut auch gewisse Shakespeare-Aufführungen sein mögen, es ist aber auch unbestritten, dass die Bedeutung Wiens daher nicht geschmälert wird, und die unbestrittene Bedeutung Wiens als Kulturhauptstadt dieser Kulturnation wird weder Oberzeiring noch Erl übernehmen können. Daher ist das einfach falsch und kurzsichtig und abzulehnen, dass die Bundesregierung so gegen die Wiener Festwochen und gegen die Kulturhauptstadt Wien vorgeht. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Die Kürzung der Subvention der Wiener Festwochen ist daher nicht nur eine Kürzung einer Subvention, sondern das ist die Abkehr des Bekenntnisses der Republik zu seiner Kulturnation Österreich und zur Kulturhauptstadt Wien.

 

Das ist aber nicht der einzige Tabubruch, den diese Regierung jetzt wöchentlich und täglich begeht. Es gab viele Konsensbereiche in der österreichischen Politik in der Zweiten Republik. Es gab viele österreichische

 

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