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Gemeinderat, 28. Sitzung vom 23.05.2003, Wörtliches Protokoll  -  Seite 33 von 80

 

doch, nehme ich an, eine Privatmeinung – nicht die ganze Öffentlichkeit traktieren soll. Ich finde es eigenartig, dass Künstler immer glauben, dass sie sich so viel besser im politischen Geschäft auskennen als andere Berufstätige. Mein Fleischhauer ums Eck hängt ja auch nicht seine politische Meinung ins Schaufenster, sondern Würstel. (Heiterkeit und Beifall bei der FPÖ.)

 

Ich sehe das gar nicht ein. Warum sind alle der Meinung, dass ein Festspielintendant so viel besser ist, um die Weltpolitik zu erklären? (GRin Mag Marie Ringler lacht.) Naja, Sie lachen. Die Frau Mag Ringler ist wohl der Meinung, Künstler sind begabtere Politiker, nehme ich doch an. Ich hab da schon oft das Beispiel genannt. Der Vergleich ist einmalig, der Vergleich ist gut. Warum ist ein Bäcker oder ein Fleischhauer weniger geeignet, eine private politische Meinung zu haben? Wenn ich zum Anker reingehe und mir ein Brot kaufe, dann duftet es nach Brot und nicht nach Politmief. Und das lehne ich ab. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Wir Freiheitlichen lehnen Subventionen für Agitationsbühnen, für linke Gesellschaftspolitik ab, und wir fordern Sie, Herr StR Mailath-Pokorny, auf, darauf zu achten, dass der Intendant der Festwochen das tut, wofür er bezahlt wird: gute Festwochen.

 

Kunst und Kultur soll natürlich staatlich gefördert werden. Parteipolitik hat im Kulturleben keinen Platz. Das Kulturressort ist nicht das Ideologieressort.

 

Und noch einmal: Die künstliche Aufgeregtheit eines Mailath-Pokorny ist falsch am Platz.

 

Übrigens, damit man sich überhaupt vorstellt, kein Mensch spricht darüber, um wie viel Geld es überhaupt geht bei diesen so genannten Kürzungen vom Bund. Bitte, das sind 135 000 EUR. Ich bringe es nur in Relation. Die Stadt Wien zahlt 9,811 000 EUR, 135 Millionen S. Das ist doch ein wunderschönes Budget. Man hat ja hier den Eindruck, als ob der Bund genauso viel immer dazu gegeben hätte oder gestrichen hätte. Der Bund hat doch immer nur einen ganz kleinen Beitrag gegeben. Und es ist ja dann lächerlich, so zu tun, als würden jetzt die Festwochen nicht stattfinden können.

 

Übrigens, der Politcontainer, der diesmal aufgestellt wird, kostet ungefähr gleich viel wie die Kürzungen vom Bund. Nur damit die Relationen wieder da sind.

 

Und noch einmal, Herr StR Mailath-Pokorny: Die Beiratsgeschichte, das nehme ich nicht einfach so hin, dass Sie sagen, das ist ja wurscht und die müssen nicht zusammentreten. Es gibt eine Geschäftsordnung, und die Geschäftsordnung sieht vor, dass der Beirat zweimal im Jahr zusammentritt und dass die Beiratsmitglieder informiert werden sollen über die Dinge, die bei den Festwochen stattfinden. Ich finde, es wäre gut gewesen, man hätte das gemacht, weil da hätte man vielleicht einiges schon diskutieren können. (Amtsf StR Mag Dr Andreas Mailath-Pokorny: Das zeigt, dass Sie die Geschäftsordnung nicht kennen!) Ich habe Sie dabei. Ich gebe sie Ihnen weiter oder ich gebe sie einem Ihrer Mitarbeiter, denn selbstverständlich beziehe mich auf die Geschäftsordnung oder erfinde das einfach nicht. Deswegen habe ich auch einen Antrag eingebracht. Dieser Antrag erinnert eben noch einmal, dass dem Beirat je ein Vertreter/In jeder im Gemeinderat vertretenen politischen Parteien angehört, dass der Beirat zweimal jährlich zu einer ordentlichen Sitzung zusammentritt und dass er eine Informationspflicht hat. Und um es ganz kurz zu machen: Herr Stadtrat, also wir fordern Sie bei diesem Antrag auf, dass Sie die Vorgabe dieser Geschäftsordnung des Beirates der Wiener Festwochen durchsetzen. Wir wollen eine sofortige Abstimmung. – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Vorsitzender GR Günther Reiter: Zu Wort gemeldet ist Herr GR Woller. Ich erteil es ihm.

 

GR Ernst Woller (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtags und Gemeinderats): Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Reden wir zuerst einmal über das Erfreuliche. Reden wir über die Kunst, reden wir über die Wiener Festwochen.

 

Wir erleben derzeit großartige Wiener Festwochen mit künstlerischen Erfolgen, mit Anklang beim Publikum, bei der Presse, mit vielen ausverkauften Vorstellungen, mit hervorragenden Kritiken in Österreich und im Ausland. Die Eröffnung am Rathausplatz vor 50 000 Besuchern mit einem ausgesprochen anspruchsvollen Programm, eine Eröffnung in völlig neuem Stil, die sich dem wichtigen Thema der europäischen Integration, insbesondere der zehn neuen Beitrittsländer, gewidmet hat. Wir haben erlebt die außergewöhnliche Theaterkunst des Cirkus Cirkör aus Stockholm, 12 ausverkaufte Vorstellungen, in einer völlig neuen und für nicht alle bekannten Theaterästhetik. Wir haben erlebt einen großartigen Start des Avantgardefestivals im Rahmen der Wiener Festwochen, des forums festwochen ff, mit der Produktion Heidi Hoh 3 im kosmos.frauenraum. Wir haben erlebt die Uraufführung der Oper "massacre", die erste Oper von Wolfgang Mitterer in einer Co-Produktion mit der Wiener Taschenoper, ein großartiger Erfolg beim Publikum und bei der Presse. Um nur vier Beispiele zu nennen über den überaus erfolgreichen und erfreulichen Verlauf der derzeitigen Wiener Festwochen.

 

Und seit gestern gibt es ein Symposium in der "Station Wiener Festwochen" in der Mariahilfer Straße beim Museumsquartier, eine Denkzone, die während der Zeit der Wiener Festwochen ein markanter Ort des politischen und des kulturellen Diskurses in dieser Stadt ist und die der Kern dieses Antrages ist, den wir derzeit diskutieren und beschließen werden. Es stimmt nicht, was die Kollegin Unterreiner gesagt hat, dass hier Parteipolitik diskutiert wird. Sie sollten wirklich einmal hingehen und sich das Programm anschauen. Dort wird jeden Tag mittags – ich habe hier das Programm, wenn Sie wollen, gebe ich Ihnen das dann nachher, dass Sie es auch kennen – von 13 bis 14 Uhr mit den Künstlerinnen und Künstlern des jeweiligen Vortages und des Abends diskutiert. Das heißt, es wird sehr wohl über die Kunst und über die künstlerischen Arbeiten der Wiener Festwochen diskutiert, aber – und das ist nun tatsächlich auch die Aufgabe der Stadt Wien und der Wiener Festwochen – es gibt dann auch eine weltpolitische und eine

 

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