Gemeinderat,
27. Sitzung vom 23.04.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 61 von 78
eröffne die Debatte.
Zum Wort gemeldet ist Frau Mag Ringler. Ich erteile
ihr das Wort.
GRin Mag Marie Ringler (Grüner Klub
im Rathaus): Frau Vorsitzende! Frau Berichterstatterin! Sehr geehrte Damen
und Herren!
Der Wiener Film Fonds leistet, glaube ich, seit
seiner Gründung tolle Arbeit für Wien. Es freut mich auch sehr, dass der Herr
Stadtrat dem Leiter Peter Zawrel seinen Vertrag verlängert hat. Ich glaube, das
ist gut für die Stadt.
Nichtsdestotrotz ist einiges im Filmbereich zu tun.
Wir alle, die wir aufmerksame Beobachter und Beobachterinnen der
österreichischen Szene sind, wissen, dass gerade heute wieder ein wichtiger
österreichischer Filmemacher, Virgil Widrich, in Cannes nominiert wurde und
dass das sicher einer der tollen Tage des österreichischen Films ist.
Aber - jetzt kommt das Aber - der Film durchlebt
derzeit in Österreich auch eine Durststrecke. Diejenigen, die bei der Diagonale
in Graz waren, wissen, dass es derzeit schwierig ist, Finanzierungen zu
bekommen, dass es immer schwieriger wird, dass die Mittel zu knapp sind und
eher knapper werden und dass gerade im Bereich der, sagen wir einmal,
einfallsreichen Maßnahmen, steuerlicher Maßnahmen, aber auch Maßnahmen, die den
Wirtschaftsstandort Wien betreffen, einiges zu tun wäre.
Ich möchte an dieser Stelle
auch ganz kurz den Herrn Stadtrat an die "Agenda 2006" erinnern.
Die "Agenda 2006" ist nicht etwa ein Papier, das die Opposition
erdacht hat oder das - unter Anführungszeichen - geldgierige Künstlerinnen und
Künstler, die nie genug haben, sich ausgedacht haben, sondern das ist ein
Papier, das im Rahmen einer Enquete entstanden ist, die der Herr Stadtrat
einberufen hat und in dessen Rahmen ganz konkrete Maßnahmen auf drei Seiten
spezifiziert worden sind. Jetzt warten wir, und wir warten schon einige Zeit.
Ich erinnere mich, der Herr Stadtrat hat zu Beginn seiner Amtsperiode gesagt:
"... und der Film und die neuen Medien ...", passiert ist aber leider
sehr wenig, viel zu wenig, nicht nur für uns als Opposition, sondern viel zu
wenig auch für das Kulturschaffen im Filmbereich. Ich hoffe sehr, dass der Herr
Stadtrat die "Agenda 2006" wieder einmal zur Hand nimmt, sie
memoriert, auswendig lernt, sich eine Taskliste schreibt, was alles zu tun ist,
diese dann vielleicht unter den Kopfpolster legt und am nächsten Tag auch damit
anfängt. Das wäre mein Wunsch, auf dass im Filmbereich einiges weiterginge.
Der Herr Stadtrat schüttelt jetzt den Kopf.
Vielleicht ist irgendetwas passiert, was er uns noch nicht gesagt hat. Das kann
ja sein. Das würde mich doch freuen. Bitte, lieber Herr Stadtrat, erzähle uns,
was alles passiert ist und welche der Punkte auf der
"Agenda 2006" wir als erledigt abhaken können. Meines Wissens
nach nichts. - Danke. (Beifall bei den GRÜNEN und bei StR Dr Peter Marboe.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Zum
Wort gemeldet ist Frau Mag Unterreiner. Ich erteile es ihr.
GRin Mag Heidemarie Unterreiner (Klub
der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Frau
Berichterstatterin! Sehr geehrte Damen und Herren!
Wir haben hier schon sehr oft über den Film
diskutiert. Unsere Haltung ist, glaube ich, bekannt. Seit der Gründung 1992 -
da sind immerhin schon über zehn Jahre vergangen - sind mehrere Hundert
Millionen Schilling ausgegeben worden. Verzeihen Sie mir, wenn ich noch in
Schillingen denke. Es müsste jetzt bald eine Milliarde Schilling sein und wir
haben noch keinen wirklich großen Erfolg. Mit Erfolg meine ich Publikumszahlen.
Sie kennen unsere Bewertung der Kriterien, wann ein Film erfolgreich ist.
Während in Deutschland die neu gegründeten Filmfonds innerhalb weniger Jahre
ein Millionenpublikum erreicht haben, werden bei uns Filme, die sich in der
Zuschauerhöhe von 100 000 befinden, als ganz großer Erfolg gefeiert.
Nachdem in einer solchen Situation immer Haneke
gerufen wird, muss ich sagen, dass Haneke ein Deutscher ist und zum Beispiel
die Klavierspielerin eine deutsch-französische Koproduktion war. Auch die
Schauspieler waren Franzosen. Wir haben das zwar finanziert, aber es ist nicht
als österreichischer Filmerfolg zu werten.
Ich möchte ganz kurz in Erinnerung rufen, was wir an
sehr konstruktiver Kritik immer wieder eingebracht haben. Wir haben gesagt,
Erfolg beim Publikum ist der Gradmesser. Es kann nicht so sein, dass man ganz
einfach die Filmschaffenden mit Geldern belohnt, aber zu wenig darauf achtet,
ob auch das Publikum damit zufrieden ist. Dann haben wir immer wieder verlangt,
dass Rückflüsse gesichert sein müssen. Ich werde dann später auf Zahlen kommen,
die beweisen, dass Verleihverträge da sein müssen und dass das
Intendantenprinzip gesichert sein muss. Das heißt, der Intendant ist
verantwortlich für den Erfolg. Wir haben bei uns keinen Intendanten. Herr Dr
Zawrel ist der Geschäftsführer. Er hält sich an das, was das Kuratorium
auswählt und fühlt sich nicht für den Erfolg verantwortlich. Das heißt, die
Gelder werden im Interesse der Filmemacher ausgegeben und nicht im Interesse
des Publikums.
Lassen Sie mich ganz kurz, weil das interessant ist, würde
ich sagen, ein paar Fakten einbringen, und zwar die Erfolge, die die deutschen
Filmfonds in den letzten Jahren hervorgebracht haben, weil das bei uns immer
wieder negiert wird. Und zwar wurden jedes Jahr Filme produziert, wo sich ein
Millionenpublikum eingefunden hat. Ich fange einmal 1996 an. Da war zum
Beispiel, einer der bekannteren Filme "Lola rennt", 2 Millionen,
"Comedian Harmonists", 2,3 Millionen. 1997: "Knockin’ On Heaven's Door", 3,5 Millionen,
"Rossini", 3,2 Millionen. Ich fahre fort mit 2001:
"Schuh des Manitu", 10 Millionen, "Kleiner Eisbär",
2 Millionen, "Mädchen, Mädchen", 1,7 Millionen, "Emil
und die Detektive", 1,4 Millionen. 2000: "Anatomie", 2
Millionen, und so weiter. Ich möchte das nur anführen, weil auch wir Filme
machen könnten, die weit über die Grenzen hinaus gesehen werden. Der
österreichische Film muss nicht an der Grenze enden. Ich habe gerade vorher
gesagt, dass die Filme, die immer erwähnt werden, keine typischen
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