Gemeinderat,
27. Sitzung vom 23.04.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 33 von 78
Zusammenhang abgeschlossen haben,
und schließlich aus dem eigentlichen Vertragswerk des Cross Border Leasings.
Dieser letztgenannte Teil umfasst dann meines Wissens nur mehr etwa 100 bis
150 Seiten, ist also durchaus etwas, was man lesen kann, zum Beispiel auch
indem man sich einmal einen Nachmittag lang Zeit nimmt und sich im Stadtratbüro
diesen Akt anschaut, der ja immer wieder, wie auch angeboten worden ist, hiefür
zur Verfügung gestanden wäre.
Ein
weiterer Punkt in dieser Pressekonferenz lautete: Nettobarwertvorteil erst
unmittelbar nach Vertragsabschluss. – Ja, das ist klar, denn es gibt
unterschiedliche Währungen, und da gibt es natürlich einen Wechselkurs, und der
Nettobarwertvorteil hängt von diesem Wechselkurs ab. Es wird unmittelbar nach
Vertragsabschluss in die unterschiedlichen Banken, die ich schon erwähnt habe,
gezahlt, und insofern kann man auch erst unmittelbar nach Vertragsabschluss
schauen, wie der Wechselkurs ist. Das wird also nicht früher gehen, tut mir
Leid.
Weiters
wurde die Frage gestellt: Was passiert, wenn der Investor in Konkurs geht? -
Nun, da passiert ehrlich gesagt nichts. Das ist natürlich traurig für John
Hancock Company und für deren Versicherungsnehmer - das ist überhaupt keine
Frage -, aber in unserem Fall passiert nichts, denn der Investor richtet einen
Trust ein – das ist so etwas Ähnliches wie eine Stiftung -, in dem das gesamte
Geld, das er für die Mietvorauszahlung und die Transaktionskosten braucht,
enthalten ist und der nur zum Zweck der Abwicklung dieser Transaktion besteht.
Das heißt, dieser Trust ist konkurssicher, und wenn der Investor "baden
geht", dann bleibt noch immer dieser Trust bestehen, der das alles abwickelt.
Also auch da gibt es nicht unbedingt ein großes Problem.
Sie haben
gesagt, die Kommunen geben wichtige Anlagen der Daseinsvorsorge aus der Hand
und wir nehmen den Bürgerinnen und Bürgern das weg. - Dazu muss man sagen: Es
befindet sich das zivilrechtliche Eigentum und die operative Verfügungsgewalt
nach wie vor in den Händen der Stadt Wien. Dass das in zwei Staaten vorkommt,
das ist sicher missverständlich aufgenommen worden. Es ist durchaus üblich,
dass es einerseits ein zivilrechtliches Eigentum gibt und parallel dazu ein
wirtschaftliches Eigentum, von dem es abhängt, wo etwas in die Steuer
eingerechnet wird. Das gibt es auch in anderen Leasingverträgen, und das ist
auch in diesem Fall so. Was aber feststeht, ist, dass es keinen Einfluss des
US-Investors auf Betriebsführung, Investitionen und Gebührenhöhe in den ersten
35 Jahren gibt – und dann kauft man das alles zurück. Das ist eigentlich
relativ klar: Erst nach diesen 35 Jahren entstünde ein
Dienstleistungsvertrag zwischen der Stadt Wien und dem Investor. Dann müsste
nämlich dieser Investor die Abwasserentsorgung übernehmen, und die Stadt Wien
müsste dafür zahlen - keine Frage. Das wird aber nicht geschehen, weil das
zurückgekauft wird. Und selbst wenn das so wäre, gäbe es eine
Abwasserentsorgung. - Ich verstehe dieses Argument also nicht ganz. (GR
Kurth-Bodo Blind: Das ist es ja leider!)
Vom
Kollegen Margulies ist der Einwand gekommen, das Cross Border Leasing wirke
sich innovationshemmend aus. - Es stimmt, dass die Stadt Wien sich natürlich,
wenn sie diese Dinge in den Vertrag einbringt, zur Instandhaltung verpflichtet.
Das ist sogar ganz explizit festgelegt: Die Stadt Wien muss diese Dinge
instandhalten. - Deshalb ist übrigens die Pest ausgeschlossen, denn wir müssen
das instandhalten, sonst haben wir ein ziemliches Problem mit dem
Vertragspartner. - Es ist aber durch die vertragliche Gestaltung durchaus
möglich, am Stand der Technik sozusagen Anpassungen vorzunehmen. Es ist sogar
möglich, Teile - zum Beispiel ein Kanalnetz in einem bestimmten Teilbezirk -
stillzulegen, so es theoretisch möglich ist, das bei Vertragsschluss wieder in
Betrieb zu nehmen. Weder Eigentum noch Nutzung gehen an den Trust - das habe
ich schon erwähnt. Es ist sogar so, dass sich, wenn technische Neuerungen
vorgenommen werden – angenommen, wir wollen jetzt im 21. oder 22. Bezirk
das Kanalnetz verbessern -, der Wert erhöht, und das ist ja in einem solchen
Zusammenhang durchaus gern gesehen. - Also innovationshemmend ist diese
Transaktion meines Erachtens auch nicht.
In Ihrer
Pressekonferenz stellten Sie weiters die Frage: Was passiert etwa, wenn die
US-Behörden das Steuerschlupfloch schließen? – Ich habe schon erwähnt –
beziehungsweise ich habe es noch nicht erwähnt -, dass dieser Trust für etwaige
Änderungen im Steuersystem haftet. Das heißt: Wenn sich irgendetwas verändert,
wenn die US-Behörden das Steuerrecht ändern, dann zahlt die potentiellen
Schäden, die daraus entstehen, dieser Trust.
Eines
möchte ich allerdings schon feststellen - das haben gerade Sie im Rahmen Ihrer
Kritik am Neoliberalismus zu erwähnen vergessen -: Es handelt sich da um kein
"Steuerschlupfloch", sondern das ist genau die Politik der USA, die
wollen das so! Das läuft unter der Aufsicht der US-Steuerbehörde ab, die Tipps
abgibt, wie man das richtig macht. Deswegen gibt es auch keine "lease-in
lease-out"-Optionen mehr, sondern jetzt ist es die "Lease ...
" - was auch immer "Fruchtgenuss" auf Englisch betrifft (GR Dipl Ing Martin Margulies: US-Lease
Service Contract!) – danke! -, weil das IRS diese Vorgangsweise a) duldet
und b) konkrete Anweisungen dafür gibt. Das ist also kein Schlupfloch, sondern
die wollen das so. Die wollen Großinvestoren fördern, das ist genau die Politik
der Regierung Bush und war, ehrlich gesagt, auch die Politik der USA in den vergangenen
Jahren. Also "Schlupfloch" - nein! Aber selbst wenn das Steuerrecht
diesbezüglich geändert wird, zahlt die potentiellen Schäden der Trust.
Was zum
Stichwort "Pest" zu sagen ist, habe ich schon gesagt.
Nun zu Ihrer Frage: Was geschieht, wenn das Abwassersystem
zerstört wird? – Es gibt natürlich – diese Frage wurde hier schon von
irgendjemandem angesprochen - Schadenersatz, wenn da irgendetwas verändert
wird. Wenn jedoch das ganze Kanalnetz zerstört wird – durch ein Erdbeben, einen
Vulkanausbruch oder ein sonstiges Ereignis -, dann muss man das Ganze
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular