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Gemeinderat, 26. Sitzung vom 28.03.2003, Wörtliches Protokoll  -  Seite 41 von 67

 

heute schon erwähnt – ist ein Prozess, der Ende des Jahre abgeschlossen sein wird. Das ist auch etwas, was noch in Diskussion ist und was von Expertinnen und Experten betreut wird. Sie wollen doch nicht sagen, dass unsere Beamten in diesem Haus keine guten Leute oder keine Experten sind und das deshalb nicht können. Also ich habe volles Vertrauen zu unseren Experten und Beamtinnen und Beamten in diesem Haus, dass sie diese Reform gut über die Bühne bringen werden.

 

Sie, Frau Jerusalem, haben auch gesagt, Sie sehen in dieser Maßnahme jetzt ein Sparpaket. Also ich kann kein Sparpaket erkennen. Die Stadt Wien hat ständig – das erkennen Sie, wenn Sie die Budgetentwicklung verfolgen – ihre Sozialbudgets erhöht. Es ist nie zu einer Kürzung in den Sozialbudgets gekommen. Ich kann es jetzt nur am Beispiel der Behindertenpolitik und der Behindertenbudgets sagen. Hier haben wir eine ständig ansteigende Kurve an Ausgabensteigerungen für unsere behinderten Menschen in der Stadt. Im Gegensatz dazu haben wir eine schlechte Ausgangsposition, weil uns natürlich die Sparpolitik des Bundes und die Belastung der Länder zu schaffen macht. Um aber die Qualität und den Umfang der Leistungen sicherzustellen, ist diese Reform notwendig.

 

Und da Sie gesagt haben, es wird privatisiert: Es ist ja jetzt schon so, dass wir die Leistung gar nicht erbringen könnten, wenn wir nicht private Träger hätten, und wir haben immer die Bestrebung gehabt, eine Trägervielfalt zu haben in dieser Stadt. Aber ich muss schon dazusagen, dass auch die Schaffung der sozialen Dienste letzten Endes – und da hat es überhaupt noch keine Grünen in dem Haus gegeben – von der Sozialdemokratie ausgegangen sind. Engagierte Frauen und Männer – mehrheitlich Frauen – haben überhaupt erst die Vereine gegründet und die MitarbeiterInnen ausgebildet, damit sie die soziale Dienstleistung an den älteren Mitbürgern erbringen können. Das war eine wirklich große Tat damals, und es waren die Bedingungen damals, als wir angefangen haben, in diesen Vereinen zu arbeiten, viel, viel schwieriger, als sie jetzt sind. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Sie wollen doch sicher auch – so wie das Kontrollamt es will, wie der Gemeinderat es will –, dass mit Steuergeld sorgsam und effizient umgegangen wird und dass Doppelgleisigkeiten vermieden werden. Deshalb glaube ich, ist es auch gut, das Sozialwesen zum Gesundheitswesen dazuzugeben, wobei ich aber doch bemerken möchte, dass wir sicher keine "Vermedizinisierung" der Sozialpolitik anstreben, sondern dass die Bereiche natürlich als getrennte Bereiche zu sehen sind, dass wir aber die Schnittstellenproblematik sicher besser handeln werden können.

 

Die Opposition verlangt zu Recht auch immer wieder die strenge Kontrolle der eingesetzten Mittel, und das, denke ich mir, wird mit dieser Reform gewährleistet sein. Sie werden sehr wohl überprüfen können, wie das Budget aussieht und wofür es verwendet wird. Das können wir dann sicher auch hier im Wiener Gemeinderat diskutieren, da brauchen wir keinen eigenen Unterausschuss dazu.

 

Im hoheitlichen Bereich bleiben natürlich die Strategie und die Planung, die Qualitätsvorgabe, Gesetze und Verordnungen – und dazu sind wir ja auch hier im Wiener Gemeinderat – sowie die Koordination der Querschnittpolitik. Ich glaube, das ist auch ein sehr wesentlicher Vorteil dieser Reform, dass all diese Agenden, ob es jetzt die Senioren, ob es die sozial schwachen Bürger, die Obdachlosen, die Behinderten betrifft, im Lichte aller Ressorts gesehen werden, weil sozusagen überall auf diese Menschengruppen Bedacht genommen werden muss und dann natürlich auch im Zentralbudget in den einzelnen Geschäftsgruppen dafür Sorge getragen werden soll.

 

Das Finanz- und Qualitätsmanagement wird sowie die operative Planung, Qualitätssicherung, Finanzplanung, Case Management und vor allem die Leistungsvergabe und die Vertragsgestaltung – das ist mir besonders wichtig – in den Händen des Fonds liegen, und ich denke, der Fonds hat auch die kompetenten Leute dazu.

 

Ich möchte noch einen Punkt anschneiden, der auch immer wieder diskutiert wird. Man sagt so quasi, die Leistungen werden immer teurer, man sollte auch auf Ehrenamtliche zurückgreifen. Ich kann mir nur beschränkt vorstellen, dass soziale Dienstleistungen von Ehrenamtlichen erbracht werden. Es darf hier keinen Wildwuchs geben, sondern wenn Ehrenamtliche eingesetzt werden, dann nur unter fachlicher Begleitung. Es kann ehrenamtliche Arbeit niemals als Ersatz für die professionelle Dienstleistung in abgesicherten Arbeitsverhältnissen gesehen werden.

 

Derzeit fließen die öffentlichen Mittel in unterschiedlicher Form an gemeinnützige Träger. Zum Beispiel haben wir in der Behindertenarbeit in Wien 21 Träger, die Wohnen, Arbeiten und Begleitung und ambulante Betreuung anbieten. Es gibt daneben kaum private gewerbliche Anbieter, es sind alles gemeinnützige Vereine. Kommt es aber zu einer Liberalisierung des Marktes bei GATS, so kann sich das natürlich auch ändern. Es kann zu einem grenzüberschreitenden Dienstleistungshandel kommen. Auch der grenzüberschreitende Personenverkehr ist natürlich möglich. Da muss auch die Ausschreibung und Vergabe nach offenen Kriterien erfolgen.

 

Die Stadt Wien als Käufer der Dienstleistung muss daher eine genaue Definition der Dienstleistung haben und als Finanzier auch ein gewisses Engagementklima schaffen und so auch den Wettbewerb der einzelnen Träger verstärken. Ich denke, das ist mit dieser Reform auch gewährleistet. Das Preis-Leistungs-Verhältnis muss genau überprüft werden, wobei der Preisgestaltung auch wichtige Kriterien zugrunde liegen müssen. Das muss ich auch als Sozialdemokratin hier besonders betonen und fordern. Vor allem muss man sich genau anschauen, welche Infrastruktur die Trägerorganisation hat.

 

Und wenn Sie heute hier von den großen Vereinen gesprochen haben, die so sozialdemokratisch dominiert sind, dann sind es gerade diese Vereine, die extrem gute Arbeitsbedingungen für ihre MitarbeiterInnen bieten, die eine gute Infrastruktur haben und auch Fortbildung und Qualitätsmanagement anbieten. Ich denke, das muss

 

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