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Gemeinderat, 25. Sitzung vom 06.03.2003, Wörtliches Protokoll  -  Seite 73 von 91

 

Abgeordneten bereits einen Untersuchungsausschuss einberufen kann. Die Regel ist, dass das ein Recht der Mehrheit ist. Die Mehrheit dirigiert, und sie hat naturgemäß weniger Interesse, ihre Amtsführung von der Opposition überprüft zu sehen, als die Opposition. Das ist also ohne Frage ein mutiger Schritt. Es wäre im Sinne des immer wieder diskutierten Demokratiepakets sicher sehr erfreulich, wenn sich in der neuen Regierungserklärung auch die Absicht finden würde, Untersuchungsausschüsse als Minderheitenrecht einzurichten. Vielleicht hört das der eine oder andere, der das weitertransportieren kann." – Zitat-Ende. So der Vorsitzende.

 

Und diese Untersuchungskommission, als Minderheitenrecht eingeführt, ist auch das Abbild des Demokratieverständnisses, das die Sozialdemokratie hier in diesem Haus hat. Wenn heute hier viele das auf ihre Fahnen geheftet haben, dann soll dem so sein. Ich möchte da nur hinzufügen, dass 43 der Stimmen zur Einführung dieses Minderheitenrechts von der auch damals stärksten Fraktion, nämlich der Sozialdemokratie, gekommen sind.

 

Und wenn sich heute die FPÖ das ganz stark auf ihre Fahnen schreibt und die ÖVP auch, dann gehe ich davon aus, dass es sich nur mehr um wenige Zehntel Sekunden handeln wird, bis es dieses Minderheitenrecht auch im Bund gibt, weil anders, glaube ich, kann das ja nicht sein, dass man das hier in der Opposition fordert und dann, wenn man die Möglichkeit hat, es umzusetzen, es nicht tut. Davon werde ich ja wohl nicht ausgehen können. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Ich freue mich daher schon sehr bald auf einen Untersuchungsausschuss im Parlament zu den Abfangjägern, der ja dann möglich sein wird, wenn es ein Minderheitenrecht sein wird. (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ.)

 

Materiell war die Aufgabe der Untersuchungskommission ein Instrument zur Klärung der politischen Verantwortung, und da ist offensichtlich vielen nicht ganz klar, was die politische Verantwortung ist.

 

Herr Kollege Wagner, die politische Verantwortung ist nämlich nicht die Frage, ob der Herr Vokaun korrupt ist oder nicht korrupt ist, die politische Verantwortung sind auch nicht zivilrechtliche Fragen und die politische Verantwortung sind auch nicht disziplinarbehördliche, disziplinarrechtliche Fragen, sondern die Frage ist, wer politische Verantwortung für die Verfahrensfehler trägt, die in den fünf Kontrollamtsberichten dargelegt worden sind.

 

Und wenn der Kollege Chorherr heute hier sagt, dass der Dr List in seiner Vernehmung vor der Untersuchungskommission gesagt hat, dass es hier strafbare Handlungen gibt und dass deshalb die Staatsanwaltschaft eingeschaltet worden ist – ja, gut und richtig, dass das so passiert ist. Aber bitte die Staatsanwaltschaft ist doch nicht eingeschaltet worden wegen der politischen Verantwortung, sondern auf Grund der Ergebnisse des Kontrollamtsberichtes und von Verfehlungen, die einzelne Beamtinnen und Beamte begangen haben.

 

Daher möchte ich hier noch einmal sagen, dass ich dem Kontrollamt sehr dankbar bin, dass es diese Grundlage der Arbeit geliefert hat, denn auf Grund dieser Grundlage war es uns auch in der Kommission möglich, diese Dinge nachzuvollziehen und in sehr vielen Sitzungen und über 62 Stunden Arbeit 23 Zeugen zu befragen, um glasklare Verhältnisse zu schaffen und die Wahrheit herauszufinden.

 

Wir haben 23 Zeugen angehört .Es war ja nicht so, dass mit schwachen Bandagen vorgegangen wurde, sondern es gab Korruptionsvorwürfe, insbesondere vom Kollegen Kenesei. Und der Kollege Kenesei hat schon am 14. September 2000 gesagt, also lange vor dem Kontrollamtsbericht und vor der Untersuchungskommission, dass er Anwälte beauftragt, das möglichst präzise auszuarbeiten, die Dinge der Staatsanwaltschaft zu übermitteln, und es gelte für seine Zeugen größtmöglicher Personenschutz auf Grund der Veröffentlichung, während sehr interessante Fälle zusätzlich an ihn herangetragen wurden.

 

Unser Problem in der Untersuchungskommission war nur das, dass dieser Personenschutz so groß war, dass es uns bis zum Schluss nicht möglich war, dass der Herr Kenesei uns sagt, wer der Zeuge ist, von dem er alle diese Informationen hat. Denn da ist zwar der Untersuchungskommission eine Mitteilung zugegangen, dass ein Zeuge, der M M. heißt, verschiedenste Anwürfe irgendwie dem Herrn Kenesei näher gebracht hat. Der Herr Kenesei war der einzige von den 23 Zeugen, der offensichtlich an der Wahrheitsfindung nicht interessiert war, der sich entschlagen hat und der nicht bereit war, hier zur Wahrheitsfindung beizutragen und den Zeugen zu nennen, der möglicherweise durchaus Licht ins Dunkel hätte bringen können. Das ist, glaube ich, der einzige Wermutstropfen der Untersuchungskommission, denn sonst war die Arbeit wirklich ausgesprochen konstruktiv.

 

Wenn man jetzt das Ergebnis beleuchtet, und da habe ich auch den Eindruck, dass hier von Unterschiedlichem gesprochen wird, muss man sich natürlich vor Augen halten, wieder einmal: Was war denn eigentlich zu prüfen? War zu prüfen, ob jemand korrupt ist? Die Antwort ist: Nein. War zu prüfen, ob ein Beamter dienstrechtliche Verfehlungen begangen hat? Die Antwort ist: Nein. Die einzige Frage, die zu prüfen war, ist, ob es politische Verantwortung gibt für die in den Kontrollamtsberichten aufgezeigten Verfahrensfehler.

 

Die Grundlage, um das zu prüfen, waren die Fakten, die wir in diesen 62 Stunden in der Untersuchungskommission erarbeitet haben. Und da ist auch ein Problem: Fakten sind halt Fakten. Die liegen am Tisch und sind nachzulesen in zig Seiten Protokollen der Untersuchungskommission. Fakten sind eben nicht das, was man sich vorher gedacht hat, was rauskommen wird.

 

Und wenn man sich diese Fakten anschaut und wenn man dann nach dem Verfahrensprogramm, das wir alle gemeinsam beschlossen haben, vorgeht und den Punkt 2 des Verfahrensprogramms beantwortet, nämlich die Kenntnis beziehungsweise die mögliche Kenntnisnahme der behaupteten Missstände, dann kommt da ganz klar heraus, dass es keine Hinweise gibt, auf Grund der Ergebnisse unserer Arbeit in der Untersuchungskommission, dass die Verfahrensfehler, die im

 

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