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Gemeinderat, 25. Sitzung vom 06.03.2003, Wörtliches Protokoll  -  Seite 52 von 91

 

Dazu wurden in den bereits erwähnten 17 Sitzungen ein Sachverständiger und 23 Zeugen zur Einvernahme geladen. Die geladenen Zeugen waren von der Verpflichtung zur Wahrung des Amtsgeheimnisses entbunden und beriefen sich, mit einer Ausnahme, nicht auf die berufliche Verschwiegenheit oder auf das Recht der Aussageverweigerung.

 

GR Kenesei weigerte sich trotz mehrmaligen Nachfragens, jenen Zeugen M. M. zu nennen, der in einem Gespräch mit ihm am 30. 8. 2000 Korruptionsvorwürfe erhoben hatte. M. M. ist zwar GR Kenesei namentlich bekannt, er hat sich aber verpflichtet, die Identität von M. M. nicht bekannt zu geben.

 

Bei den großteils sehr ausführlichen Zeugenbefragungen durch die Mitglieder der Kommission gab es auch keine thematischen Einschränkungen. Aber Basis für die erfolgreiche Ermittlungstätigkeit der Untersuchungskommission, deren Einsetzung ein Minderheitenrecht darstellt, war vor allem auch die unabhängige und faire Vorsitzführung von Herrn Senatspräsidenten Dr Dietrich Derbolav, unterstützt von Herrn Notar Dr Dieter Baumgartner als stellvertretendem Vorsitzenden. Es war auch ihr Verdienst, dass die Arbeit der Kommission letzte Woche von allen Fraktionen als gelungen bewertet wurde. Die Untersuchungen sind fair und objektiv abgelaufen. Dies garantierte auch Dr Derbolav mit seiner Unabhängigkeit und Erfahrung. Dafür möchte ich auch einen herzlichen Dank aussprechen! (Allgemeiner Beifall.)

 

Herr Senatspräsident Dr Derbolav hat aber in der letzten Sitzung der Untersuchungskommission auch sein Lob für die Wiener Stadtverfassung zum Ausdruck gebracht, worin erstmals in Österreich das Mittel der Untersuchungskommission als Minderheitsrecht eingeführt wurde. Er sprach von einem sehr mutigen Schritt und meinte, dass es erfreulich wäre, wenn sich dieser Schritt auch in der Regierungserklärung des Bundes finden würde, Untersuchungsausschüsse als Minderheitsrecht einzurichten.

 

Entscheidend für die Kommission war aber auch die Transparenz des Verfahrens. Die Sitzungen wurden öffentlich durchgeführt, die Diktatprotokolle des Vorsitzenden wurden nach den Einvernahmen ins Internet gestellt. Ich möchte mich an dieser Stelle auch sehr herzlich bei der Magistratsdirektion, den Beamtinnen und Beamten, die die Kommission in ihrer Tätigkeit unterstützt haben, ebenso bedanken wie bei den Zuhörern und Medienvertretern, die bei den Sitzungen anwesend waren. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ausgangspunkt waren ja die Pressekonferenzen von GR Kenesei am 30. 8. und 14. 9. 2000, in denen er Korruptionsvorwürfe gegen den damaligen Leiter der MA 21B erhob, dass dieser gegen Geschenkannahme für Bauträger oder andere Personen in Wien Flächenwidmungen oder Umwidmungen durchführe und gute Kontakte zu Baufirmen und Architekten zum Nachteil der Öffentlichkeit pflege.

 

Dazu konnte die Kommission Folgendes feststellen:

 

Am 8. September 2000 langte bei der rechtsfreundlichen Vertretung der genannten Baugenossenschaft ein Schreiben der den GR Kenesei vertretenden RechtsanwältInnen ein, in dem bedauert wird, dass es zu diesem Missverständnis gekommen ist. Am 25. April 2001 schlossen Dipl Ing Vokaun als klagende Partei - er hatte nämlich seinerseits eine Privatklage vor dem Landesgericht für Strafsachen Wien eingebracht - und der beklagte GR Kenesei einen Vergleich, in dem sich die beklagte Partei verpflichtete, die Verbreitung der getätigten oder sinngleicher Behauptungen zu unterlassen. Dabei wurde unter anderem auch ausdrücklich festgehalten, dass die beklagte Partei eine Rufschädigung weder geplant noch beabsichtigt hatte.

 

Kontrollamtsdirektor Dr List ordnete - wie er auch der Kommission mitteilte - unmittelbar nach der Pressekonferenz am 30. August 2000 eine Prüfung an. In weiterer Folge wurde die Prüfung auch auf andere Widmungsfälle, die in den darauf folgenden Presskonferenzen erwähnt wurden, ausgedehnt. Nach Fertigstellung dieser Prüfberichte des Kontrollamtes wurden diese den betroffenen Dienststellen des Magistrats und dem amtsführenden Stadtrat zur Kenntnis gebracht.

 

In seiner Sitzung vom 25. Februar 2002 behandelte der Kontrollausschuss die fünf Berichte und nahm sie als Teilberichte des Tätigkeitsberichtes des Kontrollausschusses über das Jahr 2001 einstimmig zur Kenntnis. Nach Prüfung dieser Akten durch die MA 2 hinsichtlich disziplinär – und strafrechtlicher Relevanz wurden diese – ebenso wie von GR Kenesei – an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet. Bezüglich zweier Mitarbeiter der damaligen MA 21B wurden in diesem Zusammenhang Disziplinaruntersuchungen eingebracht.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Kritik des Kontrollamtes in seinen fünf Berichten bezog sich im Wesentlichen darauf, dass die Vorgänge von der MA 21B nicht offen gelegt, gewichtige und objektive Gründe für geplante Abweichungen nicht ausreichend erörtert wurden beziehungsweise Stellungnahmen nicht oder nur teilweise eingearbeitet wurden oder auch Begründungen für die Nichtberücksichtigungen fehlen. Weiteres wurde als Verfahrensmangel kritisiert, dass wesentliche Änderungen erst nach der öffentlichen Auflage durchgeführt wurden und teilweise keine lückenlose Dokumentation des Planungsprozesses möglich war.

 

Der erste Kontrollamtsbericht behandelte Wien 13, Küniglberggasse 42, bezüglich des Vorwurfs, dass dem Eigentümer der Liegenschaft hinsichtlich der baulichen Ausnutzbarkeit wesentlich weitreichendere Rechte eingeräumt worden seien als den Eigentümern der umliegenden Liegenschaften. Dazu wies Dipl Ing Vokaun darauf hin, dass er zu diesem Zeitpunkt, 1992, noch nicht Abteilungsleiter gewesen ist und dass die Rückwidmung im Jahr 2000 auch mit ausdrücklicher Zustimmung der Bezirksvertretung erfolgt ist. Den Grundeigentümer habe er nicht gesprochen und mit ihm auch nicht telefoniert oder schriftlich verkehrt.

 

Der zweite Kontrollamtsbericht beschäftigte sich mit Wien 23, Maurer Hauptplatz, wo der Vorwurf erhoben wurde, dass Änderungen zugunsten des Eigentümers

 

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