Gemeinderat,
25. Sitzung vom 06.03.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 16 von 91
allen vor, aber wohl schon den Behindertensprecherinnen und
-sprechern Ihrer Parteien. Sofern sich aber nachher große Nachfrage nach
unserem Button einstellen sollte: Es gibt etliche Hundert Stück davon. Also Sie
können es gerne von mir beziehen, und es würde mich sehr freuen, wenn der eine
oder andere von Ihnen sich doch dafür entschiede, es zu tragen.
Was ist da drauf? Da drauf ist die Zeichnung eines
Menschen, der in einer Beschäftigungswerkstatt arbeitet. Er lebt in Maria
Ponsee. Er hat von uns das Motto bekommen und hat sich etwas einfallen lassen
für diese Zeichnung. Das Motto lautet "selbst" und steht für selbstbestimmt, selbstbewusst und selbstbewegt
– ich glaube, dazu brauche ich nicht viel der erläuternden Worte zu verlieren
–, es steht aber auch für "bewusst", Bewusstseinbilden, für "bestimmt" als Erinnerung dafür, dass
behinderte Menschen in unserer Gesellschaft nicht Wünsche zum Ausdruck bringen,
sondern sehr wohl Forderungen haben und dass sie sehr, sehr bestimmt sind in
der Art und Weise, wie sie diese Forderungen verwirklicht sehen wollen, und
auch für "bewegt", für das bewegte
Leben, das sie vielfach führen müssen, vor allem, wenn man bedenkt, wie viele,
viele Barrieren sie tagtäglich in ihrem Leben überwinden müssen, sei es, um zu
arbeiten, sei es, um ein selbstbestimmtes, eigenverantwortliches Leben zu
führen.
Das hat den Künstler dazu gebracht, dass er zwei
Krücken gezeichnet hat, die in einer abstrakten Form auf diesem Button zu sehen
sind. Er hat gemeint, bei "selbst" sind ihm seine Krücken
eingefallen, denn diese Krücken stehen meistens neben seinem Bett, und diese
Krücken sind, wenn man es so will, eine Ergänzung, eine Verlängerung seiner
selbst, denn sie helfen ihm, sich damit in dieser Welt zu bewegen, und vielen,
vielen Freunden von ihm geht es genauso. – Also zwei Krücken.
Das ist vielleicht auch eine schöne Überleitung zu
ein paar Dingen, die mir wichtig sind im Zusammenhang mit diesem EU-Jahr der
Menschen mit Behinderungen.
EU-Jahre sind schön und gut, denn sie schaffen
Bewusstsein und sie bewegen vor allem die Verantwortlichen in der Politik dazu,
eine Reihe von Maßnahmen zumindest anzudenken oder anzudiskutieren. Doch in
musste in den letzten Jahren immer wieder mit Bedauern feststellen, dass diese
EU-Jahre – es gab 1997 auch ein EU-Jahr gegen Rassismus, und es gibt noch immer
kein Antirassismusgesetz in Österreich, das ist nur ein kleines Beispiel –
bedauerlicherweise nur allzu oft EU-Jahre der Floskeln, EU-Jahre der
Sonntagsreden und EU-Jahre der Lippenbekenntnisse sind.
Das soll es heuer nicht sein. Deswegen möchte ich
mich an uns selbst, an die Stadt Wien, an den eigenen Wirkungsbereich richten
mit drei ziemlich klaren Forderungen, was ich denn möchte, dass wir bis Ende
dieses Jahres nicht nur angedacht und angegangen, sondern vielleicht auch schon
erledigt haben.
Ich fange mit dem Bereich Verkehr an. Es ist bereits
erwähnt worden, dass wir jetzt in Wien endlich Niederflurstraßenbahnen haben.
Wir haben auch Niederflurautobusse. Es hat sich auch einiges getan, um die
Mobilität behinderter Menschen zu verbessern in der Stadt. Nichtsdestotrotz: Es
ist extrem viel nachzuholen, liebe Kolleginnen und Kollegen, und ich kann Ihnen
ein paar Beispiele bringen, Beispiel aus dem Alltag behinderter Menschen.
Nach wie vor gibt es Autobuslenker, die sich weigern,
auszusteigen und die Rampe auszuklappen, nach wie vor gibt es Lenker – letzte
Woche passiert –, die behaupten, es sei verboten Elektorrolli-Fahrer in den
Autobussen zu befördern –stimmt alles nicht –, und nach wie vor fährt
beispielsweise der 62er vom Karlsplatz weg, dann kann man nämlich den ULF nehmen,
da kann man zwei Stationen fahren, da kann man die Rampe auch ausfahren, und
plötzlich ist Schluss, denn danach gibt es vier Stationen lang keine baulichen
Veränderungen, die notwendig wären, damit die Rampe benutzt werden kann, also
muss der behinderte Mensch vier Stationen weiterfahren und darf in dieser Zeit
natürlich weder ein- noch aussteigen.
Da gibt es viel, viel nachzuholen, und das Erste, was
ich von der Stadt Wien erwarte, ist ein verlässlicher und verbindlicher Plan,
bis wann nicht nur die Zahl der ULFs in der Stadt ausgeweitet wird, sondern bis
wann und in welcher Reihenfolge die notwendigen baulichen Veränderungen und
Maßnahmen vorgenommen werden, damit man davon ausgehen kann, dass in fünf
Jahren – oder meinetwegen in zehn Jahren; zu einem bestimmten Datum – alles
benutzbar sein wird.
Vorsitzende GR Mag Heidemarie Unterreiner: (unterbrechend): Frau StRin Vassilakou!
Auch Sie muss ich erinnern: Ihre Redezeit beträgt 5 Minuten.
StRin Maria Vassilakou: (fortsetzend): Das sind wir behinderten
Menschen schuldig. Ich denke, das gerade das ein Bereich ist, bei dem man
sieht, dass Verbindlichkeit und auch ein bisschen Geld notwendig sind.
Genauso gibt es viel zu tun im Wohnbereich, genauso
gibt es einiges nachzuholen in der Erfüllung der Quoten in der
Einstellungspflicht der Stadt Wien.
Zum EU-Jahr der Behinderten sage ich Ihnen daher
eines: Taten sind gefordert, Taten statt Sonntagsreden! – Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzende GR Mag Heidemarie Unterreiner: Als nächste Rednerin ist Frau GRin Korosec
gemeldet. Ich erteile ihr das Wort.
GRin Ingrid Korosec: Sehr geehrte Frau
Vorsitzende! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
In der Behindertenpolitik ist Bewusstseinswandel ganz,
ganz wichtig, daher gefällt mir auch das Logo der Grünen in diesem Zusammenhang
sehr gut. Denn wir müssen weg von der wohlgemeinten Entmündigung hin zum
gleichberechtigten Miteinander.
Ein Ausdruck dieses gleichberechtigten Miteinanders ist
natürlich auch, dass die Betroffenen selbst in der Politik ihre Anliegen
vertreten können. Daher freue ich mich ganz besonders, dass in der
Bundespolitik mit Dr Huainigg ein ÖVP-Politiker in der Behindertenpolitik
gemeinsam mit der grünen Abgeordneten Haidlmayr die Interessen der Betroffenen
bestens vertreten wird.
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