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Gemeinderat, 23. Sitzung vom 17.01.2003, Wörtliches Protokoll  -  Seite 12 von 32

 

die rasche Entscheidungen notwendig sein werden - das ist der eine Teil -, und es macht erforderlich, dass das 10-Jahres-Fenster, das uns noch übrig bleibt, genutzt wird, um rasche Entscheidungen zu treffen und auch entsprechende Maßnahmen zu setzen.

 

Die sozialistische Politik glaubt immer noch, durch Wegschauen in irgendeiner Form diesen Problemen nicht gewärtig sein zu müssen, wobei es heute schon große Probleme gibt, allein was die Umstrukturierung in eine erfolgreiche Arbeit betrifft. Hier tauchen die Begriffe der Pflegekette und des Schnittstellen-Managements auf. Die Pflegekette muss man sich vorstellen als Glieder, die ineinander greifen, beginnend mit der Prävention. Bei dieser geht es vor allem um Beratungsleistungen, aber auch um Beratung betreffend die Lebensführung, also in Fragen wie Ernährung, Sicherheit in und außerhalb der Wohnung et cetera.

 

Bei der informellen Hilfe als nächstem Glied dieser Kette geht es darum, dass den Menschen, die Zutritt zu diesem neuen System brauchen, auch die notwendigen Informationen an Ort und Stelle in einem One-stop-Shop, wie das neudeutsch so schön heißt, zur Verfügung stehen, damit man als Angehöriger oder als Betroffener nicht von Pontius zu Pilatus laufen muss, wenn man auch nur die geringsten Informationen bräuchte. Auch über die gesetzlichen und über die finanziellen Möglichkeiten muss Auskunft gegeben werden. Es muss hier also eine Art Gateway-Funktion erfüllt werden, die es ermöglicht, eine Beratung für den richtigen Eintritt in diese Pflegekette zu erhalten.

 

Der nächste Schritt sind die ambulanten Dienste, durch die tatsächlich Pflege und Hilfe ermöglicht werden: die Hauskrankenpflege, die Heimhilfe, Reinigungsdienste, Besuchsdienste, Essen auf Rädern et cetera. All das gibt es hier ja, es ist aber nicht wirklich in einer ordentlichen Koordination verbunden, weder finanziell noch kalkulatorisch, noch im Hinblick auf Kontrolle, noch in einer Art und Weise, die gewährleistet, dass immer eine dem jeweiligen Bedarf entsprechende Angliederung gegeben ist.

 

Der semistationäre Bereich mit den Geriatrie-Tageszentren ermöglicht bereits eine verstärkte und intensivere Kommunikation beziehungsweise auch Tagesstruktur für Seniorinnen und Senioren, die sich vielleicht sonst sehr alleine fühlen würden.

 

Das betreute Wohnen schafft die Möglichkeit, den Bedürfnissen jener Personen, die nicht mehr alle Funktionalitäten des täglichen Lebens erfüllen können, entgegenzukommen.

 

Das nächste Kettenglied sind die Wohnheime. Ein noch verstärkter Zugang ist bei den Pflegeheimen gegeben, bei den Geriatriezentren, die ja schon nahezu einen Krankenhausstatus haben, und dann folgt die akute Geriatrie, die hier als letzter Punkt oder als intensivste Stufe anzusehen ist.

 

Das alles, meine sehr geehrten Damen und Herren, bedarf des Schnittstellen-Managements und vor allem auch des Entlassungsmanagements (Beifall bei der ÖVP.), denn wenn alte Menschen nach einem Krankenhausbesuch kurzfristig - nach dem neuen Finanzierungssystem, der leistungsorientierten Krankenanstaltenfinanzierung, werden die Leute ja sehr schnell wieder aus den Krankenanstalten hinauskomplimentiert -, zwei Tage vorher, erfahren, dass sie wieder in eine Umgebung zurück müssen, die gar nicht für ihren weiteren Aufenthalt geeignet ist, dann ist das Entlassungsmanagement gefordert, um auch weiterhin eine entsprechende Pflege und Hilfe - wie dies ja auch in der Studie zum Ausdruck gebracht wird - zu gewährleisten.

 

Es sind neue Prozesse erforderlich. Das macht eine neue Strategie notwendig. Ein neues Grundsatzprogramm - zehn Jahre nach dem Gemeinderats-Grundsatzprogramm "Hilfe im hohen Alter" - ist notwendig und auf dessen Grundlage ein Masterplan, der operationalisierte Ziele ermöglicht.

 

Ja, meine sehr geehrten Damen und Herren, das wäre die Aufgabe! Darüber hätte uns die Frau Stadträtin berichten sollen. Was sie hier getan hat, war, uns eine Vorlesung über all die Dinge zu halten, die sich im Laufe der letzten zehn Jahre entwickelt haben - nebeneinander entwickelt haben, aneinander vorbeientwickelt haben, ohne in irgendeiner Weise einem geordneten Prozess zu unterliegen.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es geht um viel Geld - 7 Prozent des Budgets sind es -, aber es ist nicht das alleine: Es geht vor allem um viele Menschen. Hier Lippenbekenntnisse abzugeben, ohne dann tatsächlich auch Strukturen zu schaffen, durch die man diesen vielen Menschen adäquat helfen kann, das wird auch weiterhin zu wenig sein. Heute sind es in dieser Stadt 20 Prozent, die über 60 Jahre alt sind; schon im Jahre 2021 werden es 26,5 Prozent sein. 350 000 Menschen heute - 440 000 Menschen dann. Das alles ist ja ohne familiäre Betreuung überhaupt nicht zu lösen, aber schon gar nicht mit einer Betreuung, die nicht wirklich alle Möglichkeiten ordentlich ausschöpft.

 

Insbesondere betroffen - und jetzt komme ich auf den Knackpunkt zu sprechen - ist hier leider Gottes die MA 47, die aus der MA 12 hervorgegangen ist und diesen schwierigen Bereich zu meistern hatte. Aus dem Kontrollamtsbericht vom Dezember, der sich hauptsächlich um die finanzielle Gestion gekümmert hat, geht hervor, dass mit dem Einsparungspotenzial unzureichend umgegangen wurde - bis zu 23 Millionen EUR wären einzusparen, wobei Leistungssteigerungen, die mehr als notwendig wären, trotzdem möglich wären -, dass bei den Leistungsträgern keine Wettbewerbssituation vorhanden ist - denn ein "Benchmarking", in dem nur die Preise der einen den anderen bekannt gegeben werden, führt logischerweise dazu, dass sich diejenigen, die niedrige Preise haben, an jene mit den hohen Preisen anschließen, aber sicherlich nicht umgekehrt; wenn das jemand meinen sollte, dann ist er schon mehr als naiv.

 

Dass die teuren Pflegeheime der Stadt Wien mit Preisen von durchschnittlich 161 EUR pro Tag den privaten mit 71 EUR oder 93 EUR pro Tag gegenüberstehen, auch das ist eine Angelegenheit, die es zu lösen gilt. Auch die niederösterreichischen Landesheime sind

 

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