Gemeinderat,
23. Sitzung vom 17.01.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 4 von 32
Wien hat da einen sehr, sehr hohen Stellenwert. Wien ist mit
seinen Angeboten für ältere Menschen, insbesondere für jene, die der Hilfe der
Gemeinschaft bedürfen, vorbildhaft! Das muss bei allen Überlegungen zur
optimalen wirtschaftlichen Gestaltung unserer Leistungsangebote so bleiben.
Bereits 1993 wurde ein umfassendes Programm mit dem
Titel "Hilfe im hohen Alter" im Gemeinderat beschlossen, ein
Programm, das von der Andersen-Studie ausdrücklich positiv bewertet wurde. Die
damals gesetzten Ziele der flächendeckenden Versorgung mit sozialen Diensten,
Einrichtungen sowie Etablierung einer durchgängigen Pflegekette sind laut
dieser Studie als erreicht anzusehen. Das Programm "Hilfe im hohen
Alter" ist umfassend konzipiert und berücksichtigt die unterschiedlichen
Lebenssituationen älterer Menschen, die vielfältigen privaten Lebensformen, die
ökonomische, die soziale und die Wohnsituation sowie die Bereiche Freizeit,
Bildung und Verkehr.
Auf dieser Grundlage hat die Stadt Wien in den
verschiedenen politischen Handlungsfeldern von Wohnbau, Kultur und Sozialem bis
hin zur Gesundheits- und Pflegeversorgung älterer Menschen Hervorragendes
geleistet. Mein ausdrücklicher Dank gilt jenen, die mit ihrem Engagement, ihrem
Wissen und ihrem Arbeitseinsatz einen Beitrag zur Umsetzung dieses Programms
geleistet haben.
Der historische Rückblick zeigt, dass ehrenamtlicher
Einsatz und Engagement in sozialen, karitativ agierenden Vereinen gerade bei
jenen Parteien, die sich unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg wieder
konstituiert haben, eine besondere Rolle spielen. Private
Wohlfahrtsorganisationen, die von kirchlicher und bürgerlicher Prägung waren
oder aus dem Bereich von Arbeiterbewegungen gegründet wurden, standen im
Naheverhältnis zu politischen Parteien. Mit tatkräftiger Unterstützung von
überwiegend ehrenamtlichen Politikerinnen und Politikern nahmen diese
Einrichtungen ihre Tätigkeit auf und haben den traditionell bestehenden
Aktivitäten und Vereinen neuen Sinn und Richtung gegeben.
Viele Ideen sind aber auch von jenen eingeflossen,
die gezwungen waren, sich im Zweiten Weltkrieg oder mit Beginn des Naziterrors
der existenziellen oder physischen Vernichtung zu entziehen, indem sie in
Asylländer gingen und von diesen Asylländern Anregungen zur Gestaltung eines
Sozialwesens mitbrachten. Diese Menschen und Organisationen waren Pioniere des
heute viel stärker entwickelten ambulanten Betreuungssystems. Ich bedanke mich
bei allen Mandataren und Parteien, die diese Entwicklung seit damals mit
Engagement und Verantwortung getragen haben, auf das Allerherzlichste! (Beifall
bei der SPÖ.)
Da es aus zeitökonomischen Gründen unmöglich ist,
alle zu nennen, möchte ich mich stellvertretend für alle bei Frau StRin und Landtagspräsidentin
außer Dienst Hampel-Fuchs, bei Herrn GR Dr Hahn, bei Frau StRin Landauer und
bei Herrn StR außer Dienst Univ Prof Dr Stacher ganz herzlich für ihre
wertvolle und aufopferungsvolle Tätigkeit in diesen Vereinen bedanken. (Beifall
bei der SPÖ, bei der FPÖ und bei
der ÖVP.)
Allen ideologischen
Gegensätzen zum Trotz gibt es eine exzellente Zusammenarbeit, gegenseitigen
Respekt und Anerkennung in den privaten Wohlfahrtsorganisationen. Diese
Zusammenarbeit soll jetzt zu Lasten der Hilfsbedürftigen mutwillig auseinander
dividiert werden. Ich lade auch die Kolleginnen und Kollegen von der grünen
Fraktion herzlich ein, sich zu engagieren und konstruktiv bei diesen Vereinen
mitzuarbeiten.
Der Erfolg dieses Programms
"Hilfe im hohen Alter" ist für uns Auftrag und Vorgabe, diesen
erfolgreichen Weg in Wien weiterzugehen. Wir können uns nicht ausruhen. Nein,
im Gegenteil, wir müssen erhebliche Anstrengungen unternehmen, nicht zuletzt
auf Grund der demographischen und wirtschaftlichen Entwicklungen, allen Bürgern
und Bürgerinnen dieser Stadt, insbesondere jenen, die dazu der Hilfe der
Allgemeinheit bedürfen, ein Altern in Würde und bestmöglicher Gesundheit zu
ermöglichen.
Dazu gibt es folgende
Prinzipien.
Erstens: Jede Form der
Unterstützung und Hilfe muss auf Eigenart und Ursache der Notlage, auf deren
persönlichen Bedarf Rücksicht nehmen.
Zweitens: Unsere Hilfe ist
so gestaltet, dass auch das soziale Umfeld des Hilfs- und Betreuungsbedürftigen
berücksichtigt wird, familiäre Beziehungen erhalten bleiben und die Kräfte zur
Selbsthilfe angeregt und gefördert werden.
Drittens: Die Hilfe ist
nicht nur auf die Zeit einer bestehenden Notlage ausgerichtet, sondern auch
vorbeugend, und ist so lange fortzusetzen, bis die Rückfallsgefahr gebannt ist.
Viertens: Wir wollen unsere
Maßnahmen zur Unterstützung so gestalten, dass die Pflege- und
Betreuungsbedürftigen im Rahmen ihrer Möglichkeiten zur Selbstständigkeit
bewegt werden, am Prozess der Pflege und Betreuung aktiv mitzuwirken, um
größtmöglich zur Bewältigung der Probleme selbst beizutragen.
Fünftens: Menschen, die für
eine würdige Gestaltung ihres Lebens im Alter der Hilfe der Gemeinschaft
bedürfen, müssen diese wichtigen Leistungen auch weiterhin erhalten.
Kurz noch zur Sonderstellung von Wien: Im Vergleich
zu den anderen Bundesländern hat Wien in den vergangenen 30 Jahren
demographisch eine Sonderstellung eingenommen. Wien hat auf Grund der
Bevölkerungsentwicklung vor und nach dem Ersten Weltkrieg einen ungleich
höheren Anteil älterer Menschen. Historisch bedingt war Wien gemeinsam mit
Berlin eine der ältesten Städte Europas. Damit ist für Wien und die Wiener
Gesundheits- und Sozialpolitik ein hoher Anteil älterer Menschen an der
Gesamtbevölkerung sowohl absolut als auch relativ nicht so neu wie für andere
Bundesländer.
Aus diesem hohen Anteil der älteren Bevölkerung, der sich in
den Siebzigerjahren noch aus den Geburtsjahrgängen vor dem Ersten Weltkrieg
rekrutierte, erklärt sich die rasante Entwicklung der Altenbetreuung ab Mitte
der Siebzigerjahre. Bereits ab 1973 wurden nach dem Beschluss eines neuen
Sozialhilfegesetzes die
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