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Landtag, 23. Sitzung vom 21.06.2023, Wörtliches Protokoll  -  Seite 30 von 68

 

Ein Punkt, der eigentlich nichts mit der Stadtpolitik zu tun hat, sondern der sozusagen generell ist: Ich halte es auch für wichtig - Sie haben es in den Empfehlungen auch angeführt -, dass man auch endlich über die Anpassung der Leistungskataloge sprechen muss. Ich weiß von den ÄrztInnen, von den niedergelassenen ÄrztInnen: Das, was in vielen Bereichen wirklich fehlt, was wirklich wichtig ist und was die Schnittstelle zu den PatientInnen ist, ist das Gespräch. Das ist das Zuhörenkönnen, die Zeit für dieses Gespräch. Wenn ich mir anschaue, wie viel davon abgegolten wird, dann sind das fünf oder sieben Minuten, also nichts. Es ist letztendlich auch die Vertrauensbasis zwischen Ärzten und Patienten. Da muss wirklich auch einiges passieren - da rennen Sie bei mir und bei uns offene Türen ein -, dass wir in der Richtung wirklich bundesweit eine Veränderung bei diesen Leistungskatalogen haben.

 

Insgesamt möchte ich mich noch einmal bei allen Kolleginnen und Kollegen in der Patientenanwaltschaft bedanken. Sie sind sozusagen die Spitze, aber getragen wird das Ganze natürlich von vielen, vielen MitarbeiterInnen. Auf Grund der Anzahl an Telefonaten und Anfragen kann man wirklich sehen, wie viele Menschen sich an Sie wenden.

 

Das heißt, die Wiener Patienten- und Pflegeanwaltschaft wird gehört. Sie ist präsent, und sie ist ein ganz, ganz wichtiger Beitrag für die Verbesserung und Qualitätssteigerung unseres Gesundheitssystems. - Vielen Dank. (Beifall bei NEOS und SPÖ sowie von Abg. Dr. Jennifer Kickert.)

 

Präsident Mag. Manfred Juraczka: Als Nächste ist Frau Abg. Huemer zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihr.

 

11.54.37

Abg. Mag. Barbara Huemer (GRÜNE)|: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Berichterstatter! Sehr geehrter Herr Patienten- und Pflegeanwalt Dr. Jelinek! Sehr geehrter Herr Landesrat! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Auch die intergeschlechtlichen Menschen möchte ich sehr herzlich begrüßen. (Abg. Maximilian Krauss, MA: Na endlich einmal!) Extra für Sie, Herr Krauss, extra für Sie, Herr Krauss. (Abg. Maximilian Krauss, MA: Alles müssen Sie machen! Sie wollen das ja!) Genau.

 

Wir diskutieren den Tätigkeitsbericht 2022 der Wiener Pflege- und Patientenanwaltschaft. Ich kann mich erinnern: Vor einem Jahr saßen Sie noch oben auf der Tribüne. Heute sitzen Sie hier in Ihrer neuen Funktion. Seit 1. Juli bekleiden Sie diese. Ich nehme an, dass Sie selbst auf Ihre wirklich sehr beachtliche Statistik Bezug nehmen werden. Darum konzentriere ich mich auf die strukturellen Themen, die im Bericht angesprochen werden.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren, dieser Bericht legt aus meiner Sicht wirklich ziemlich schonungslos offen, mit welchen Problemen wir es im Gesundheitssystem aktuell oder auch schon seit längerer Zeit zu tun haben. Es ist allen voran die Personalnot, aber auch die Klimakrise wird angesprochen. Selbstverständlich werden auch die Covid-19-Pandemie, die Mehrklassenmedizin - also nicht nur das intramurale, sondern auch das extramurale Thema -, der Mangel an Kassenärzten und die überlangen Wartezeiten - auf OPs, aber auch auf Krankentransporte oder auf Untersuchungen, etwa auf ein MRT - angesprochen. Die überfüllten Ambulanzen sind ein ewiges Thema, aber auch die Intransparenz bei der Terminvergabe von Untersuchungen oder OPs, die extrem hohe Zahl an Gefährdungsanzeigen sowie die hohe Anzahl an gesperrten Betten kommen im Bericht vor. Beachtlich finde ich auch, dass Sie sich auch dem wirklich immer schlechter werdenden Gesprächsklima zwischen Stadt und Ärztekammer widmen und das aus meiner Sicht auch mit einer gewissen Sorge kommentieren.

 

Was ich in diesem Bericht sehe, ist die Kritik, die wir als GRÜNE schon seit vielen, vielen Jahren äußern: Die zahlreichen Missstände im intra- und extramuralen Bereich, ganz besonders eben die Personalnot und ihre Folgen und auch die Sorge um die Aushöhlung unseres solidarischen Gesundheitssystems, das uns, glaube ich, trotz unterschiedlicher Perspektiven allen sehr am Herzen liegt und bei dem wir gemeinsam daran arbeiten, dass es besser wird. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Was ich auch sehr beachtlich finde, ist, dass Sie sich im Bericht doch recht klar dazu äußern, wie unbefriedigend der Umgang der Führungsverantwortlichen mit den Problematiken ist. Man kann im Bericht ja schwarz auf weiß lesen, dass Gefährdungsanzeigen keineswegs bagatellisiert oder schubladisiert gehören. Man kann auch schwarz auf weiß lesen, dass es - vermutlich auf Grund der Überlastungen und der Unterbesetzungen beim Personal - wirklich zu dramatischen, folgenschweren und tödlichen Behandlungsfehlern kommt. Das ist entsetzlich zu lesen.

 

Ich weiß, es ist die Aufgabe, Ihre Arbeit darzustellen, aber die Einzelschicksale sind auch exemplarisch dafür, wie dramatisch die Situation ist. Da passiert sehr viel Leid, wenn Menschen durch Behandlungsfehler Komplikationen erleiden. Es ist furchtbar und dramatisch, wenn Menschen daran sterben, weil Erkrankungen nicht oder nicht rechtzeitig erkannt werden, weil Kontrollmechanismen versagen.

 

Also, es ist sehr, sehr dramatisch, was da passiert. Das wollen wir eigentlich alle nicht wirklich lesen - aber nicht, weil wir der Realität nicht ins Auge schauen wollen, sondern weil wir wollen, dass diese Fehler einfach nicht passieren. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Eine Empfehlung der Wiener Patienten- und Pflegeanwaltschaft ist ja - ich zitiere das jetzt -: „Auf vielfältige Ursachen muss mit einer Vielzahl an Maßnahmen reagiert werden.“ Ja, es ist eben nicht monokausal, was im Pflege- und Gesundheitssystem derzeit passiert, aber zweifellos - so das Zitat - „muss aber oberste Priorität die Verbesserung der Arbeitsbedingungen des Spitalspersonals sein, was auch, aber nicht nur einen finanziellen Aspekt beinhaltet“. Das ist doch wirklich sehr, sehr klar und eindeutig, was es dringend braucht. Ich zitiere weiter. „Ebenso wesentlich scheint eine echte Verhandlungsbereitschaft der unterschiedlichen Stakeholder des Gesundheitswesens, die nicht nur in der Findung von Kompromissen besteht, sondern auch ein ehrliches Hinterfragen der eigenen Standpunkte und das Eingestehen von Fehlentwicklungen beinhaltet.“ - Ich glaube, genau darum geht es, meine sehr geehrten Damen und Herren. Davon reden wir alle

 

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