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Landtag, 6. Sitzung vom 30.06.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 5 von 69

 

nungszeiten, die heute erlaubt sind, nämlich 72 Stunden, ja nicht gleichbedeutend sind mit der individuellen täglichen Arbeitszeit. Das wäre ein bisschen schwierig, das dann auch entsprechend umzusetzen. Ich glaube, dass das Problem in erster Linie woanders liegt.

 

Ich verorte es jedenfalls dort, nämlich bei jenen teilzeitbeschäftigten RegaleinschlichterInnen zum Beispiel, die vom Erlös dieser Arbeit nicht leben können. Das halte ich für ein tatsächlich fundamentales Problem, das wir anzugehen haben, denn wie wir beobachten können – sozusagen von der anderen Seite des Flusses –, ist dort auch die größte Zunahme bei den Bezuschussten, die die Bedarfsorientierte Mindestsicherung erhalten.

 

Es können Menschen nicht von ihrer Arbeit leben! Das sind nicht Arbeitslose, das sind nicht irgendwelche Leute, die sich aus dem Arbeitsmarkt entfernt haben, sondern das sind Menschen, die in Arbeit stehen, und die können von dem Erlös nicht leben. Das ist das, was wir an Amerika immer so kritisiert haben, die Working Poor. Das hat uns erreicht, und das ist ein Punkt, mit dem wir uns auseinandersetzen müssen. Das ist überhaupt gar keine Frage.

 

Ich verhehle auch nicht, dass ich es für notwendig halte, dass wir darüber hinaus natürlich eine Diskussion führen über die Frage einer generellen Arbeitszeitverkürzung, wie dies eine langjährige Forderung, eine jahrzehntelange Forderung letztendlich auch der Gewerkschaft ist. Ich halte allerdings den Zeitpunkt der ökonomischen Krisensituation für keinen besonders geeigneten Zeitpunkt, weil vermutlich das Verständnis gerade auch der arbeitenden Menschen in einer solchen Zeit relativ gering sein wird. Denn solange wir mit dem Problem konfrontiert sind, dass verschiedene Menschen eine ganze Menge an Arbeitszeitverkürzung haben, nämlich auf eine Nullarbeitszeit, weil sie arbeitslos sind, wird die Frage der gerechten Verteilung der Arbeit natürlich auf der Tagesordnung bleiben.

 

Ich glaube, momentan haben wir prioritär zu schauen, dass wir die Krise am Arbeitsmarkt tatsächlich beenden können und dass wir es uns, wenn man so will, auch gesellschaftlich leisten können, zu dieser Arbeitszeitverkürzung zu kommen. Wenn man sich die Geschichte der Arbeitsverkürzungen ein bisschen anschaut, die ja ein Teil auch der Geschichte der Gewerkschaften ist, so waren die Arbeitszeitverkürzungen immer in Zeiten der steigenden Produktivität und der Prosperität, nie in Krisenzeiten.

 

Präsident Prof Harry Kopietz: Danke. – Die 2. Anfrage (FSP - 02743-2011/0001 - KFP/LM) wurde von Herrn Abg Dominik Nepp gestellt und ist ebenfalls an den Herrn Landeshauptmann gerichtet. (Am 27. Jänner hat die FPÖ anlässlich zahlreicher Fälle von Kindesmissbrauch an den Herrn Landeshauptmann einen Dringlichen Antrag betreffend Reform des Wiener Jugendwohlfahrtsgesetzes 1990 gerichtet, in dem zahlreiche Verbesserungsmaßnahmen gefordert wurden. Leider wurden seitens der Wiener Landesregierung bislang keine Maßnahmen im Sinne des Kindeswohls gesetzt. Nun muss ein weiteres Mal das Versagen des Jugendamtes im Fall "Angelina" beklagt werden. Wann wird es endlich zu einer entsprechenden Reform des Wiener Jugendwohlfahrtsgesetzes kommen?)

 

Ich bitte um die Beantwortung.

 

9.19.00†Lhptm Dr Michael Häupl - Frage|

Lhptm Dr Michael Häupl: Sehr geehrter Herr Abgeordneter!

 

Erlauben Sie mir, zu meiner hoffentlich nicht allzu detailreichen Beantwortung Ihrer Frage zunächst ganz wenige Zahlen vorauszuschicken.

 

Im Jahr 2010 hat es in Wien 291 878 Minderjährige gegeben, in Niederösterreich 300 883 und in Kärnten 99 824. In Wien waren im Jahre 2010 1 523 Kinder in sozialpädagogischen Einrichtungen, in Niederösterreich 981 und in Kärnten 687 Kinder. Bei Pflegeeltern waren in Wien 1 093 Kinder, 755 Kinder in Niederösterreich und 230 in Kärnten.

 

Wenn Sie diese Zahlen nun in Relation zueinander setzen, dann werden Sie daran erkennen, dass in Wien das Betreuen und das Beschützen – ich verwende bewusst diesen Begriff – von Kindern, die diesen Schutz notwendig haben, sehr, sehr ernst genommen wird. Das ist es, was ich vorausschicken möchte: dass mir das sehr, sehr wichtig ist.

 

Ich kann daher durchaus mit Fug und Recht und ohne Eigenlob sagen, dass die Wiener Jugendwohlfahrt sowohl hinsichtlich ihrer personellen und organisatorischen Ausstattung als auch bezüglich der geltenden Qualitätsstandards zu den führenden Jugendwohlfahrtsträgern Österreichs zählt. So wurde beispielsweise allein in den letzten beiden Jahren auf Grund der Untersuchungen auch des KDZ die Zahl der Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter wesentlich, um 16, erhöht.

 

Des Weiteren wurde in den letzten Jahren in den Ausbau der sozialpädagogischen Einrichtungen sowohl quantitativ als auch hinsichtlich der Spezialeinrichtungen massiv investiert.

 

Auch hinsichtlich der geltenden Qualitätskriterien und -standards im Bereich der Jugendwohlfahrt ist Wien führend. So wurden die Fachkräfte der Magistratsabteilung 11 eingeladen. maßgeblich an den Qualitätskriterien des Entwurfs zum Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetzes mitzuwirken. Die in diesem Entwurf enthaltenen Qualitätsstandards, unter anderem das Vier-Augen-Prinzip beim Abklärungsverfahren, sind in Wien seit vielen Jahren Standard und müssen auf Grund der geltenden Qualitätshandbücher von allen Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern zwingend eingehalten werden. Neben dem Vier-Augen-Prinzip im Abklärungsverfahren sind im Qualitätshandbuch der sozialen Arbeit beispielsweise Hausbesuche der Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter sowie kinderärztliche Untersuchungen bei Gefährdungsmeldungen von Kleinkindern verpflichtend vorgesehen.

 

Festzuhalten ist, dass neben Wien nur Vorarlberg den Konsultationsmechanismus bezüglich des Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetzes nicht ausgelöst hat. Das Land Wien tritt nach wie vor vehement für die Realisierung dieses wichtigen Gesetzesvorhabens ein, damit die in Wien schon seit Langem geltenden Qualitätsstandards auch österreichweit verbindlich umzusetzen sind.

 

In diesem Zusammenhang wird überdies darauf hin

 

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