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Landtag, 27. Sitzung vom 28.01.2005, Wörtliches Protokoll  -  Seite 58 von 66

 

Ich darf daher im Namen meines Klubobmannes, im Namen von Herrn Dr Ulm und in meinem eigenen Namen diese beiden Anträge, die Ihnen ja schon vorliegen, zur Abstimmung vorlegen. Ich darf sie auch hier einbringen und ersuche Sie um Ihre Zustimmung. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Präsidentin Mag Heidemarie Unterreiner: Als nächster Redner hat sich Abg Dr Ulm gemeldet. Ich erteile ihm das Wort.

 

Abg Dr Wolfgang Ulm (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Herr Landeshauptmann! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Insbesondere darf ich die Damen und Herren Kollegen von der Sozialdemokratie ansprechen.

 

Ich komme nicht darum herum, hier an dieser Stelle festzustellen, dass Ihr Umgang mit dem Wahlrecht in Wien selbstherrlich, unfair und unehrlich ist. (Beifall bei der ÖVP.) Nur in Wien – unvergleichbar mit anderen Bundesländern und schon gar nicht mit dem Bund – finden wir vier starke Demokratiedefizite: Nur in Wien kann die Landesverfassung mit einfacher Mehrheit geändert werden. Nur in Wien kann man mit 46 Prozent der Stimmen 52 Prozent Mandate erhalten. Wiener, die am Wahltag nicht in Wien sind, sind nicht wahlberechtigt, und Wiener, die aus welchem Grund auch immer, zufälligerweise in Niederösterreich ihren Hauptwohnsitz haben, sind nicht wahlberechtigt. Das ist in der Tat würdig einer Bürgermeistermonarchie, jedenfalls aber einer SPÖ-Oligarchie. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Da helfen auch Vergleiche mit Wahlen zu anderen Selbstverwaltungskörpern nicht, da würde ich mir an Ihrer Stelle viel lieber an die eigene Brust klopfen und mir einmal anschauen, wie das beim Gewerkschaftsbund ist.

 

Aber schauen Sie sich auch Ihre eigenen Kampagnen zum Wiener Wahlrecht an. Ich erinnere an die Kampagne, die im Februar des Jahres 2003 stattgefunden hat: "Mir ist Wien nicht wurscht". Da hat man vier neue Ideen im Wahlrecht beworben, von denen zwei nachweislich unrichtig sind. Man hat ein Ausländerwahlrecht beworben, das sich zum damaligen Zeitpunkt schon in Anfechtung befunden hat. Es ist selbstverständlich auf Grund seiner Skurrilität und Absurdität aufgehoben worden. Beworben hat man es jedenfalls mit viel Geld.

 

Und der zweite Punkt in dieser Broschüre, der zumindest unehrlichen, ist, dass Sie suggerieren, dass man vom Bund abhängig ist, dass Wiener auch außerhalb von Wien wählen können. Das ist nicht richtig. Tatsächlich könnte man natürlich mit einem Wahlkartensystem schon jetzt, ohne Änderung der Bundesverfassung, es ermöglichen, dass Wiener außerhalb der Stadtgrenzen an der Gemeinderatswahl teilnehmen. Und da gehe ich noch gar nicht auf das Argument ein, dass es selbstverständlich die Sozialdemokratie im Nationalrat war, die Jahre hindurch die Einführung eines Briefwahlrechtes verhindert hat. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Ich habe einen Beschluss- und Resolutionsantrag zum Thema faires Wahlrecht in Wien einzubringen. Wir wollen den Durchbruch des Proportionalitätswahlrechtes. Der Beschlussantrag ist Ihnen bekannt. Wir verlangen zum fairen Wahlrecht in Wien die sofortige Abstimmung. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Der zweite Antrag, den ich einbringen möchte, betrifft die Einführung der Briefwahl bei den Wiener Gemeinderats- und Bezirksvertretungswahlen. Es ist ganz interessant, dass jetzt im Zuge der Konventsdebatte Dr Franz Fiedler einen sehr bemerkenswerten Entwurf vorgelegt hat. Er könnte für uns Beispiel sein, wie übrigens viele Bestimmung schon in der bestehenden Bundesverfassung und in der bestehenden Nationalratswahlordnung. Wir stellen den Antrag:

 

Der Landtag wolle beschließen:

 

„Der Wiener Landtag spricht sich für die umgehende Einführung der Briefwahl auf Wiener Landesebene aus, sobald die bundesverfassungsrechtlichen Grundlagen, basierend auf dem von Konventspräsidenten Dr Franz Fiedler vorgelegten Entwurf einer neuen Bundesverfassung, geschaffen sind. In diesem Zusammenhang wird die Wiener Landesregierung aufgefordert, sich bei den zuständigen Stellen des Bundes für die Implementierung der Briefwahl in die österreichische Bundesverfassung einzusetzen.

 

In formeller Hinsicht wird die sofortige Abstimmung verlangt.“ (Beifall bei der ÖVP.)

 

Ich komme nun zum letzten der 5 von der ÖVP vorgelegten Anträge. Hier geht es um das Stimmrecht für Personen mit Zweitwohnsitz in Wien. Da könnte man möglicherweise den Wünschen des Herrn Landeshauptmannes und Bürgermeisters entsprechen von Seiten der Mehrheitsfraktion. Der hat nämlich in seiner Regierungserklärung bereits im Jahr 2001 erklärt, dass jene, die einen Zweitwohnsitz in Wien haben, in Zukunft nicht vom Wahlrecht ausgeschlossen werden sollen.

 

Und ganz interessant ist auch, wie er sich eineinhalb Jahre später geäußert hat, nämlich in der Fragestunde des Wiener Landtages vom 25. September 2002. Da sagt er: „Ich habe es schon gerne, wenn Dinge, die in der Regierungserklärung gesagt wurden, dann auch in der Folge umgesetzt werden. So etwas mag ich einfach. Und ich kann Ihnen daher versichern, dass ich mir das wirklich anschauen werde."

 

Mein Vorschlag: Nicht anschauen, machen, beschließen! Heute ist Gelegenheit dazu. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Der Text unseres Beschlussantrages lautet:

 

„Der Wiener Landtag spricht sich mit Nachdruck, basierend auf den mehrfachen diesbezüglichen Erklärungen des Herrn Landeshauptmannes, für die Einräumung des Wahlrechtes bei den Wahlen zum Gemeinderat und Landtag sowie zu den Bezirksvertretungen für jene Wienerinnen und Wiener, die in der Bundeshauptstadt einen Nebenwohnsitz haben, und somit für die Umsetzung der Regierungserklärung aus. Die amtsführende Stadträtin für Integration, Frauenfragen, Konsumentenschutz und Personal wird aufgefordert, bis Ende Mai 2005 einen Gesetzesentwurf zur Beratung vorzulegen, welcher die Einräumung des Wahlrechtes bei den Wahlen zum Gemeinderat und Landtag sowie zu den Bezirksvertretungen für jene Wienerinnen und Wiener vorsieht, die in der Bundeshauptstadt einen Nebenwohnsitz haben.

 

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