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Landtag, 27. Sitzung vom 28.01.2005, Wörtliches Protokoll  -  Seite 18 von 66

 

uns liegenden Probleme zu bewältigen.

 

Präsidentin Erika Stubenvoll: Danke schön.

 

Damit ist die Fragestunde beendet.

 

Wir kommen nun zur Aktuellen Stunde.

 

Der Grüne Klub im Rathaus hat eine Aktuelle Stunde mit dem Thema “Skandalöse Zustände in den Wiener Gemeindespitälern – Turnusärztinnen und Turnusärzte werden nicht ausgebildet sondern ausgebeutet“ verlangt.

 

Das Verlangen wurde gemäß § 39 Abs 2 der Geschäftsordnung ordnungsgemäß beantragt.

 

Ich bitte die Erstrednerin, Frau Abg Dr Pilz, die Aktuelle Stunde zu eröffnen, wobei ich bemerke, dass ihre Redezeit mit 10 Minuten begrenzt ist. Für die weiteren Wortmeldungen bringe ich in Erinnerung, dass sich die Damen und Herren Abgeordneten nur einmal zum Wort melden dürfen und ihre Redezeit mit 5 Minuten begrenzt ist.

 

Abg Dr Sigrid Pilz (Grüner Klub im Rathaus): Danke, Frau Präsidentin.

 

Frau Stadträtin!

 

Sie haben in der Fragestunde gemeint, Sie blicken nach vorne und Sie werden jetzt Lösungen in Angriff nehmen. Sie haben aber auch ein Erbe übernommen, Frau Stadträtin. Ein Erbe, das Ihre Amtsvorgängerinnen und Amtsvorgänger hier zu verantworten haben und Sie müssen zu dieser Verantwortung stehen.

 

Ich habe bereits im November ausführlich über die Misere in der Ausbildung gesprochen. Ich will das jetzt nicht noch im Detail vertiefen. Ich will Ihnen nur ein paar wenige Zitate aus der Studie, die die Österreichische Ärztekammer jetzt vor zwei Tagen vorgestellt hat, aus den Fließtexten zur Kenntnis bringen.

 

Da wird festgehalten, dass die Motivation der Turnusärzte am Anfang sehr hoch ist und am Ende sind sie demotiviert. Sie sagen und das sind Zitate, die in der Studie enthalten sind: „Die Ausbildung in Wien ist eine Katastrophe. Man kann nicht selbstständig arbeiten. Man hat das Gefühl, nicht ausgebildet zu werden. Man muss bereits überlegen, die Stelle oder den Beruf zu wechseln. Von Turnusärzten ausgeübte Tätigkeiten sind nicht relevant für die spätere Tätigkeit als Praktiker. Ich habe große Bedenken, was die Kompetenz künftiger Praktiker betrifft. Die Turnusärzte arbeiten oft im illegalen Bereich und können jederzeit vor Gericht gestellt werden. Turnus ist die Hölle. So schlechte Zustände gibt es in keinem anderen Land.“ Und: „Warum hat die Bevölkerung keine Angst, dass es eines Tages praktische Ärzte gibt, die sie gar nicht behandeln können?“

 

Frau Stadträtin, mit dem Hinweis darauf, dass jetzt und in der Gegenwart ohnehin schon alles besser ist und werden wird, können Sie hier weder die Turnusärzte und -ärztinnen, noch die Patienten und Patientinnen zufriedenstellen. Sie haben ein Erbe und Sie haben eine Verantwortung für die Fehler der Vergangenheit übernommen und Zustände - und das hat mir ein leitender Arzt in den letzten Tagen in meinen Gesprächen als alarmierende Botschaft gesagt -, die das Gesundheitssystem in seiner Substanz aushöhlen. Allgemeinmediziner, die nicht gut ausgebildet sind, gehen demotiviert in die eigene Praxis und haben den Eindruck, sie haben nichts gelernt, was sie für ihren Beruf brauchen. Das können wir uns nicht leisten!

 

Frau Stadträtin, Sie haben weiters gesagt, die fehlenden Ausbildungsberechtigungen sind ein Formalfehler, der jetzt schnellstens behoben werden soll. Ähnliches ist aus dem Büro des Herrn Dr Marhold gekommen, der gemeint hat, das ist, wie gesagt, leicht zu erledigen, weil es bloß vergessen wurde.

 

Wenn es vergessen wurde, Frau Stadträtin, dann gibt es da herinnen Verantwortung für dieses Vergessen. Es wurde nämlich nicht gestern vergessen und heute bemerkt, sondern die Ausbildungsberechtigungen für die Gemeindespitäler sind 1994 zu Jahresende erloschen, Frau Stadträtin! Erloschen! Das heißt, seit 1.1.1995 werden Mediziner und Medizinerinnen zum Allgemeinmediziner in Ausbildungsstätten ausgebildet, die dazu keine rechtliche Legitimation haben.

 

Das, Frau Stadträtin, muss hier von denjenigen Politikern und Politikerinnen, die damals am Ruder waren, politisch verantwortet werden und das ist meines Wissens StR Rieder.

 

Frau Stadträtin, es trifft zu, dass man diese Ausbildungsberechtigung mit einem Ansuchen rückwirkend bekommen kann. Man kann es rückwirkend – Gott sei Dank – nachholen. Das hat nur ein paar kleine Details: 10 Jahre zurück, finde ich, ist schon eine ziemlich lange Zeit. 10 Jahre ein schwankender Rechtsboden für die Ausbildung, das ist ja wohl eine skandalöse Frist und, Frau Stadträtin, man kann sie dort nicht rückwirkend erteilen, wo die Ausbildung so schlecht ist, dass sie nicht erteilt werden kann!

 

Da kommen wir, Frau Stadträtin, zu dem Punkt, was eigentlich der Anlass für die Kritik der Ärztekammer war. Die Ärztekammer ist seit 2002 dafür zuständig, durch Visitationen festzustellen und sicherzustellen, dass die Ausbildungsqualität an den Wiener Spitälern passt. Sie geht dieser Aufgabe nach, indem sie mit einem Team von Visitatoren kommt und mit den Turnusärzten und -ärztinnen und mit den Ausbildungsverantwortlichen spricht und Einsicht in Dienstpläne, in OP-Listen und so weiter nimmt. Bei diesen Visitationen ist diese Kommission auf Missstände draufgekommen, die sich - und man muss sich ja darüber nicht wundern - jetzt auch in dieser Studie spiegeln.

 

Man konnte schon Anfang des vergangenen Jahres im “Doktor in Wien“, in der Zeitung der Ärztekammer, in Bezug auf eine Abteilung in einem Gemeinde Wien-Spital als Bericht von dieser Visitation lesen - und ich werde jetzt das Spital nicht nennen, Sie wissen sicher, um welches es sich handelt, es sind zwei, bei denen die Verhältnisse skandalös sind - und da steht jetzt wörtlich: „Hierbei fanden sich derart gravierende Missstände in der Ausbildung, dass die Ausbildungskommission der Ärztekammer für Wien beschlossen hat, der Österreichischen Ärztekammer die völlige Rücknahme der Ausbildungsberechtigung dieser Abteilung zu empfehlen.“

 

Wie, Frau Stadträtin, wollen Sie rückwirkend in jenen Abteilungen eine Anerkennung aussprechen, wo die

 

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