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Landtag, 27. Sitzung vom 28.01.2005, Wörtliches Protokoll  -  Seite 14 von 66

 

Landeshauptmann.

 

Lhptm Dr Michael Häupl: Also es ist eine Sache, wo ich Ihnen leicht Ja sagen könnte, weil wenn man hergeht und sagt, ja, das kann man durchaus auch machen, und in der Realität handhabt man das so wie in der Vergangenheit, dann würde es im Prinzip gar nichts daran ändern. Aber ich möchte wirklich ernsthaft die Diskussion fortführen, die ich vor wenigen Tagen auch mit dem Präsidenten des Rechnungshofs begonnen habe. Das ist eine sehr interessante und sehr wichtige und auch von wechselseitiger Anerkennung und Respekt gegenüber den Argumenten des Anderen getragene Diskussion und Gespräch gewesen.

 

Und ich kann Ihnen nur sagen, ich bin sehr, sehr interessiert an einer effizienten Kontrolle durch das Kontrollamt, weil ich es nicht als eine Belästigung oder eine verquere Tätigkeit sehe, sondern weil ich aus der Vergangenheit weiß, dass dies wahnsinnig viel dazu beigetragen hat, dass die Verwaltung in Wien sich auf dem Niveau befindet, auf dem sie sich eben befindet und ja auch sehr hohe Zufriedenheit bei der Bevölkerung auslöst. Das ist mit ein Verdienst des Kontrollamts. Daher ist es mir auch wirklich sehr, sehr wichtig. Sie können ganz sicher sein, dass ich mich auch darum kümmere.

 

Präsidentin Erika Stubenvoll: Danke schön. Damit ist die 4. Frage erledigt.

 

Wir kommen zur 5. Frage (FSP - 00373-2005/0002 - KSP/LM). Sie wurde von Herrn Abg Dr Stürzenbecher gestellt und ist an die Frau amtsführende Stadträtin der Geschäftsgruppe Gesundheit und Soziales gerichtet: Das Land Kärnten hat einseitig seinen Rücktritt von der Grundversorgungsvereinbarung nach Art 15a B-VG erklärt. Wie ist dies aus Wiener Sicht zu bewerten?

 

Ich ersuche um Beantwortung:

 

Amtsf StRin Mag Renate Brauner: Danke, Frau Vorsitzende!

 

Herr Landtagsabgeordneter, Sie fragen mich nach der Sicht der Dinge, mit der Wien den einseitigen Rücktritt des Landes Kärnten von der Grundversorgungsvereinbarung nach Art 15a bewertet. Ich darf Ihnen berichten, dass wir seitens des Landes Wien gegen diesen Rücktritt aus rechtlichen Gründen Einspruch erhoben haben, weil wir der Meinung sind, dass die rechtlichen Argumente unhaltbar sind und auf das möchte ich mich in diesem politischen Gremium konzentrieren, denn wir sind ja hier kein Gremium von Rechtsexperten, sondern es geht ja darum, dass wir hier miteinander - die Länder und der Bund - eine große Herausforderung, die sich Österreich stellt, gemeinsam bewältigen wollen. Wir sind ein politisches Gremium und deswegen möchte ich vor allem auf den politischen Hintergrund eingehen, weil diese Kündigung des Landes Kärnten dem Grund und dem Sinn dieser Vereinbarung völlig widerspricht. Es wird hier nämlich argumentiert, dass ursprünglich bei dieser 15a-Vereinbarung, wo eben die Pflichten zur Betreuung von Flüchtlingen zwischen Bund und Ländern aufgeteilt wird - im Übrigen ist das eine freiwillige Leistung der Länder, weil die Versorgung von Asylwerbern und Asylwerberinnen ja eindeutig Bundessache ist, aber wir haben gerade hier in Wien immer gesagt, dass es so wichtig ist, dieses Problem zu lösen und auch wenn wir dazu gesetzlich nicht verpflichtet sind, sind wir gerne dabei und helfen gerne mit, diesen Menschen die Unterstützung zu geben, um hier eben auch eine menschenrechtskonforme und EU-mäßige Versorgung zu erreichen. Es war also Sinn dieser Vereinbarung, dass möglichst alle in dieser Bund-Länder-Vereinbarung auch drinnen sind.

 

Wie war denn die Situation vor dieser 15a-Verein-barung? Da waren nur zirka ein Drittel der Asylwerber und Asylwerberinnen in Betreuung und der Rest war - ich sag’ das einmal auf ganz salopp wienerisch - irgendwo. Das war weder im Sinne der Flüchtlinge noch im Sinne der Rechtsstaatlichkeit, aber auch nicht im Sinne der Sicherheit unserer Stadt, denn für Menschen, die ohne Dach über dem Kopf und unbetreut sind, ohne eine Möglichkeit zu arbeiten, selbst wenn sie es wollten - weil für Menschen im Asylwerbestatus ja Arbeitsverbot herrscht -, ist natürlich die Gefahr, wenn sie unbetreut irgendwo auf den Straßen und Plätzen unserer Stadt und des restlichen Landes unterwegs sind, relativ groß, dass sie vielleicht auch abrutschen und in Kreise geraten könnten, die ihnen nicht gut tun und die der Gesellschaft nicht gut tun. Es waren also menschliche Gründe, humanitäre Gründe, politische Gründe, aber auch Sicherheitsgründe, dass diese 15a-Vereinbarung mit dem Ziel gemacht wurde, dass alle Asylwerber und Asylwerberinnen betreut sind. Es war also Sinn dieser Vereinbarung, dass mehr Menschen als bisher und mehr als bekannt war betreut sind.

 

Und gerade dieses Argument jetzt zu verwenden und zu sagen: „Es sind jetzt mehr als wir ursprünglich angenommen haben, deswegen steigen wir aus dieser Vereinbarung aus“, ist Sinn entstellend und entspricht überhaupt nicht dem Geist und dem Grund, warum es diese 15a-Vereinbarung überhaupt gibt.

 

Wir haben, wie gesagt, dagegen Einspruch erhoben und ich hoffe, dass es darüber keine zu große Auseinandersetzung geben wird. Ich bedauere nämlich politische Auseinandersetzungen auf dem Rücken von Asylwerbern und Asylwerberinnen. Ich glaube, dass die Situation von Flüchtlingen, die, um ihren Leib und ihr Leben zu retten, zu uns gekommen sind, so eine schwierige und menschlich bedauernswerte ist, dass damit kein politisches Kleingeld gemacht werden soll. Wir als Stadt Wien stehen dafür, dass diejenigen, die Hilfe brauchen, sie auch bekommen. Ich denke, dass der Fonds Soziales Wien gemeinsam mit den vielen Organisationen, unter anderem aus dem kirchlichen Bereich, die Betreuung der Flüchtlinge vorbildlich organisiert und möchte die Gelegenheit nutzen, mich dafür bei allen zu bedanken. Ich darf diese Gelegenheit vielleicht auch dazu benutzen, um diejenigen, die nicht dafür sind, dass die Flüchtlinge hier bei uns sind, zu ersuchen, das zu überdenken, dass es hier nämlich um menschliche Schicksale geht und um Menschen, die Fürchterliches erlebt haben und die wir unabhängig von unserer politischen Einstellung eigentlich schon aus humanitären Überlegungen unterstützen

 

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