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Gemeinderat, 50. Sitzung vom 22.02.2024, Wörtliches Protokoll  -  Seite 78 von 103

 

Wir müssen hin zur Aufklärung, hin zur Prävention, weil wir es nicht zulassen dürfen, dass unsere Jugend von bestimmten Gruppen einfach diskriminiert und dann noch mehr an den Rand gedrängt wird. (Zwischenruf von GR Stefan Berger.) Ja, wir haben eine Jugend zu gewinnen. Diese Jugend betrifft alle Personen. Alle Jugendliche sind hier gemeint, egal, woher sie kommen, welchem sozialen Standard sie angehören oder welche Herkunft sie haben. Kriminalität ist keine Frage der Herkunft, sondern eine Frage des Alters, der Sozialisation und leider auch der Männlichkeit. Diese Jugend müssen wir gewinnen. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Bevor ich meine Rede beende, würde ich gerne - no na ned - noch ein paar „sent’s“ zu dem heutigen Antrag hier ansprechen. Ich warte schon darauf. Ich hätte gerne in der Europa-Stunde darüber geredet. Was ist heute passiert? Ich glaube, wir müssen das einmal eruieren. Wir hatten einen Antrag zur Freilassung eines österreichischen Staatsbürgers aus der Türkei, der ein Ausreiseverbot bekommen hat und jetzt gerade als politische Geisel und Opfer des Erdogan-Regimes in der Türkei festsitzt. Ich bin irrsinnig dankbar, dass auch VBgm Wiederkehr dazu ein Statement abgegeben hat und sich auch mit der betroffenen Person solidarisiert hat. Ich bin auch dankbar, dass sich sogar einige wenige EU-Abgeordnete und Nationalräte auf dieser Ebene solidarisiert haben und auch die Demokratie verteidigt haben.

 

Auf Wiener Ebene kann ich das Gleiche aber nicht sagen. Da bin ich einfach enttäuscht, weil es nicht sein kann, dass gerade der Bürgermeister einer Menschenrechtsstadt, der noch dazu ein Sozialdemokrat ist, nicht einmal in der Lage ist, aus Solidarität zu der betroffenen Person oder zu den Angehörigen der betroffenen Person in der Türkei ein Statement abzugeben. Dass man nicht einmal eine Presseausschreibung gemacht hat und noch dazu hier einfach gegen den Antrag gestimmt hat - mit der Begründung, man will sich nicht in die Angelegenheiten eines anderen Staates einmischen -, ist ja komplett absurd.

 

Das ist komplett absurd bei einem Land, wo nicht einmal Rechtsstaatlichkeit existiert, wo nicht einmal Gewaltenteilung existiert, bei einem Land, von dem wir einfach wissen, dass es die Urteile unserer Höchstgerichte - dazu gehört auch Russland - ignoriert. Mit Höchstgerichten meine ich den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Ihr habt jetzt wirklich Bedenken gehabt, weil ihr euch gedacht habt: Nein, dem Antrag können wir nicht zustimmen. Wir können mit der betroffenen Person auch keine Solidarität zeigen, weil wir Angst haben, dass dann am nächsten Tag wahrscheinlich der türkische Botschafter vor unserer Tür landen wird. (GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Richtig! Das ist die Wahrheit!) Aha, bestimmt der türkische Botschafter, welche Menschenrechtspolitik wir hier herinnen haben?

 

Wenn wir so denken, dann dürfen wir ja bitte gar keinen Antrag bringen. Dann dürfen wir ja bei allen menschenrechtsfeindlichen oder frauenrechtsfeindlichen Regimen nichts machen. Dann dürfen wir auch keinen Antrag zum Iran machen. Dann dürfen wir auch keinen Antrag zur Ukraine machen. (GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Das ist die SPÖ-Wählerschaft!) Ja, Herr Kollege Wölbitsch. Sie haben vollkommen recht. Ich verstehe es nicht. Lieber verliere ich ein paar Erdogan-Stimmen als mein Gesicht. (Beifall bei GRÜNEN und ÖVP. - GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Bravo!) „That’s the point.“ Sich dann am Sonntag hinzustellen und dann über Menschenrechte und Menschenwürde zu reden: Wer soll euch da noch glauben? Ihr liegt mir wirklich am Herzen. Also, ich denke, das seid gar nicht ihr. Das ist nicht die Sozialdemokratie. Die kniet nicht vor Autokraten. Die ist nicht der verlängerte Arm von demokratiefeindlichen Gruppen. Ich bin wirklich sehr traurig und zutiefst erschüttert, welches Abstimmungsverhalten ihr heute gezeigt habt. - Danke sehr. (Beifall bei GRÜNEN und ÖVP.- GR Petr Baxant, BA: … moralisch!)

 

Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr GR Berger gemeldet. Bitte, Herr Gemeinderat.

 

17.42.43

GR Stefan Berger (FPÖ)|: Frau Kollegin Aslan hat hier heraußen behauptet, Kriminalität ist unabhängig von Nation oder Staatsbürgerschaft. Ja, Kriminalität gibt es tatsächlich überall. Ich darf die Frau Kollegin aber schon auf die Homepage des Justizministeriums verweisen. Ich glaube, wir haben aktuell eine grüne Justizministerin.

 

Unter „www.justiz.gv.at“ ist der Insassinnen- und Insassenstand - wichtig also, dass auch das gegendert ist - in den österreichischen Justizvollzugsanstalten nach Staatsbürgerschaft aufgelistet. Ich darf Ihnen hieraus zitieren: Von den Insassen haben 47,2 Prozent die österreichische Staatsbürgerschaft, die Mehrheit also keine österreichische Staatsbürgerschaft. Gleichzeitig darf ich Sie auf die Statistik Austria verweisen, wonach nämlich der Anteil ausländischer Staatsangehöriger mit 1.1.2024 19,7 Prozent beträgt.

 

Daraus würde ich also schon ablesen beziehungsweise ist das objektiv anhand von Zahlen nachweisbar, dass nicht österreichische Staatsbürgerschaften in den österreichischen Justizvollzugsanstalten sehr wohl klar und deutlich überrepräsentiert sind. Das sind jetzt keine freiheitlichen Zahlen, sondern die Ihrer grünen Justizministerin.

 

Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr GR Zierfuß. Ich erteile es ihm. Bitte, Herr Gemeinderat.

 

17.44.28

GR Harald Zierfuß (ÖVP)|: Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrter Herr Stadtrat! Werte Kolleginnen und Kollegen!

 

Ich glaube, wir alle in diesem Saal sind uns einig, dass Sprache der Schlüssel zur Integration ist. Sprache ist der Schlüssel zu einer Kommunikation, die funktioniert, sodass man sich versteht und eine Chance am Arbeitsmarkt hat. Uns ist natürlich auch entscheidend, ob man dem Unterricht folgen kann. Herr Stadtrat, Sie wissen, wir stellen zahlreiche Anfragen zu diesem Thema. Jede Anfragebeantwortung erschüttert mich aufs Neue, weil die Zahlen nämlich wirklich erschütternd sind. Die neueste hat gezeigt, dass jeder dritte Erstklässler in Wien außerordentlicher Schüler ist.

 

Damit man mir nicht nachsagen kann, dass ich einen „bias“ habe, habe ich heute bei der Arbeiterkammer nachgelesen, was die Definition für einen außerordentlichen

 

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