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Gemeinderat, 50. Sitzung vom 22.02.2024, Wörtliches Protokoll  -  Seite 32 von 103

 

der Jahrestag des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine, zwei Jahre, in denen die Ukraine zum Schauplatz eines brutalen, ungerechtfertigten Krieges wurde. Dieser Krieg hat unermessliches Leid über das ukrainische Volk gebracht, es sind tausende Menschen gestorben, Millionen haben ihre Heimat verlassen, mussten ihre Heimat verlassen, und Unzählige, die ihre Perspektive verloren haben, mitunter auch viele, viele Kinder. Die Welt schaut seit zwei Jahren mit Erschütterung zu, wie eine Nation um ihre Existenz kämpft, weil ein Diktator, der sämtliche seiner Kritikerinnen und Kritiker - wir haben es jetzt wieder am Beispiel von Alexei Navalny gesehen - nicht nur mundtot machen und einsperren, sondern auch ermorden lässt, weil ein solcher Diktator neoimperialistische Wahnvorstellungen auslebt und damit unzählige Menschenleben auf dem Gewissen hat. Ich bin zutiefst davon überzeugt, es ist das Allermindeste, und der Stadtrat hat es heute schon angesprochen, dass wir Menschen Schutz gewähren, es ist das Mindeste, dass wir hier heute zum Beispiel einen Antrag zur Solidarität mit der Ukraine einbringen, es ist das Mindeste, dass wir alles - auf welcher Ebene wir auch immer sind - dafür tun, dass die Menschen in der Ukraine ihr Land, ihre Perspektive und ihre Zukunft auch als Nation zurückbekommen, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei NEOS und SPÖ.)

 

Was schulden wir allen anderen, wenn ich das so formulieren darf? Was schulden wir allen anderen, vor allen Dingen jungen Menschen in diesem Europa? Dass sie abgesichert sind, dass nicht eben jener Diktator, ob es jetzt Putin ist oder irgendein anderer, nicht morgen, übermorgen, nächste Woche ihr Land überfällt, ihre Perspektive, ihre Zukunft stiehlt. Das heißt aber auch natürlich, der Wahrheit ins Auge zu sehen und sich nicht in Träumereien zu verlieren, dass das schon niemals passieren würde, das hört man ja ganz oft, vor allen Dingen auch von Rechten, dass das irgendwelche Phantasien sind, die sowieso nie in die Realität umgesetzt würden. Aber Hand aufs Herz, wer hätte sich vor zwei Jahren getraut, zu sagen, Russland wird die Ukraine überfallen? Ich glaube nicht, dass das irgendwer hätte glauben können oder wollen.

 

Wollen wir als Europa wehrlos gegenüber Putin‘s Aggressionen sein, wollen wir uns wirklich darauf verlassen, dass die USA als Weltpolizei, wenn ich das auch so formulieren darf, uns schon beschützen wird? Ich glaube, wenn man sich anschaut, wer sich da aller gerade auch bereit macht und wieder als US-Präsidentschaftskandidat gehandelt wird, dann schreckt mich allein dieser Gedanke. Ich bin zutiefst davon überzeugt, wir NEOS sind davon zutiefst überzeugt, das dürfen wir nicht, nur in einem gemeinsamen, in einem vereinten Europa, das mit einer gemeinsamen und vereinten Stimme spricht, können wir uns verteidigen. Nur so werden wir mit einer gemeinsamen außenpolitischen Linie auch all diese geopolitischen Herausforderungen bewältigen können, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei den NEOS und von Amtsf. StR KommR Peter Hanke.)

 

Aber dafür braucht es einiges, und damit komme ich zum letzten Punkt. Es ist eigentlich nur eine logische Konsequenz, die aus den ersten beiden Punkten resultiert, nämlich ein handlungsfähiges Europa zu schaffen, weil sonst die ersten beiden Punkte ja auch nicht funktionieren werden. Dazu gehört es auch zum Beispiel, eine EU-Kommission zu schaffen, die wirklich als echte europäische Regierung auftritt, und einen echten Außenminister. Es gehört eine echte Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik dazu, mit einer echten gemeinsamen Europäischen Armee. Dazu gehört auch die Aufwertung des Europäischen Parlaments, aber auch die Abschaffung des Einstimmigkeitsprinzips, weil wir sonst ja nur zusehen werden, wir Großmächte wie Russland, China und viele mehr nicht nur an uns vorbeiziehen, sondern vielleicht noch sehr viel mehr.

 

Und zu guter Letzt möchte ich eines sagen und das möchte ich auch zum Anfang dieser Debatte stellen: Wer gegen Europa ist, der ist damit auch automatisch gegen Österreich, wer die EU schwächen will, der will in Wahrheit nichts anderes, als die Österreicherinnen und Österreicher schwächen. Und wer Freund von Zukunftszerstörern wie Putin, Orbán - und wie sie nicht alle heißen - ist, der will eigentlich in Wahrheit nur eines, nämlich Österreich arm, wehrlos und abhängig machen. Und wir sind der Ansicht, es braucht nicht nur einfach die Verteidigung dieses gemeinsamen Europas, es braucht vielmehr die Weiterentwicklung und die Erneuerung, weil wir Europa nicht nur als Beobachter weltpolitischer Veränderungen verstehen, sondern vielmehr als gemeinsamen Akteur für Frieden, Freiheit und Sicherheit in dieser Welt. Unser Anspruch lautet daher nichts weniger als der Weg in die Vereinigten Staaten von Europa, weil wir wissen genau, das ist jenes Europa, wo wir stolz sein können, es an unsere Kinder, Enkelkinder und zukünftigen Generationen übergeben zu können, weil wir wissen, das wird jenes Europa sein, das verteidigungs-, handlungs- und vor allen Dingen zukunftsfähig ist. In diesem Sinne freue ich mich auf die weitere Debatte, ich freue mich, dass ihr da seid und auch dieser Debatte lauscht, und dementsprechend Solidarität mit der Ukraine. - Und vielen Dank für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei NEOS, SPÖ und GRÜNEN.)

 

Vorsitzende GRin Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc: Als nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete zum EU-Parlament Dr. Vana zu Wort gemeldet. Ich erteile Ihnen das Wort.

 

12.27.26

EP-Abg. Dr. Monika Vana (GRÜNE)|: Frau Vorsitzende! Liebe Kollegen und Kolleginnen!

 

Ich muss nicht betonen, wie sehr es mich freut, hier heute wieder im Wiener Gemeinderat sprechen zu dürfen, dem ich ja selbst 13 Jahre lang angehört habe. Ein kurzer Rückblick an dieser Stelle sei mir gestattet: In den rot-grünen Koalitionsverhandlungen 2010 mit dem damaligen Bürgermeister Michael Häupl war es uns ein gemeinsames großes Anliegen, den Europa-Abgeordneten das Rederecht im Gemeinderat und Landtag möglich zu machen, und Wien hat dies auch vor dem Nationalrat und als erstes Bundesland vollumfänglich umgesetzt. Ich denke, dieser regelmäßige Austausch - der Herr Stadtrat hat es eh auch schon angesprochen - ist in Wien und anderen Landtagen ja mittlerweile eine gut genutzte Praxis geworden. Europa-Politik wird damit zu einem fixen Bestandteil moderner Stadtaußenpolitik und rückt umgekehrt Städtepolitik

 

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