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Gemeinderat, 49. Sitzung vom 24.01.2024, Wörtliches Protokoll  -  Seite 50 von 69

 

des Wettbewerbes festzustellen. Beispielsweise sank die Zahl von 2,13 Angeboten im Jahr 2015 auf 1,53 Angebote im Jahr 2020. Ein Grund ist der teilweise eingeschränkte Bietermarkt. Der hohe Innovationsgrad der Produkte hat natürlich den Nachteil der schweren auch vergaberechtlich gebotenen Vergleichbarkeit der Angebote der Bieter. Außerdem verstärken produktspezifische Ausschreibungen diese Tendenz.

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe es schon gesagt: Wir haben im Bereich der Medizintechnik 55 Vergabefälle risikoorientiert ausgewählt. Das Gesamtvolumen dieser überprüften Vergabefälle belief sich auf 153,04 Millionen EUR. 38 Vergabefälle wiesen eine beziehungsweise mehrere Abweichungen zu den Vorgaben des Bundesvergabegesetzes auf. Die größten Problembereiche waren die Auftragswertermittlung, die Wahl des Vergabeverfahrens, die Angebotsöffnung und -prüfung sowie die Dokumentation. In einigen Vergabefällen fehlte beispielsweise die Auftragswertermittlung, oder diese erfolgte erst nach Einlagen der Angebote. Zudem wurden unzulässigerweise oft Direktvergaben gewählt, und es fehlte in einigen Fällen die Prüfung der Preisangemessenheit der Angebote. Darüber hinaus waren Vergabevermerke nicht im Vergabeakt dokumentiert.

 

Im Bereich der Beratungsleistungen wählte der Rechnungshof insgesamt 11 Vergabefälle mit einem Gesamtvolumen von 105,53 Millionen EUR aus. Dabei haben wir bei 10 Vergabefällen Abweichungen zu den Vorgaben des Vergabegesetzes festgestellt, auch diesfalls betrafen die Abweichungen überwiegend Mängel bei der Dokumentation des Auftragswertes. Der Wiener Gesundheitsverbund schränkte nach Ansicht des Rechnungshofes den Wettbewerb durch fehlende Angaben in den Ausschreibungen, eine sehr allgemeine Leistungsbeschreibung und Direktvergaben ein. Bei keinem der Vergabefälle über 190.000 EUR im Bereich der Beratungsleistungen überprüfte der Wiener Gesundheitsverbund, ob die Leistung durch eigene Bedienstete hätte erbracht werden können oder ob eine Fremdvergabe wirtschaftlicher gewesen wäre.

 

Weiters wurde bei Rahmenvereinbarungen die gesetzlich festgelegte Laufzeit überschritten. Da gab es einen Auftrag über 44,5 Millionen EUR, der in der Dokumentation nur eine Vergabesumme von 175 EUR je Stunde auswies. Damit fehlte ein aussagekräftiger Referenzwert zur Abschätzung des Gesamtauftragsvolumens.

 

Hoher Gemeinderat! Im Jahr 2017 begann der Gesundheitsverbund, ein Compliance-Management-System für den gesamten Wiener Gesundheitsverbund aufzubauen. Er setzte dabei Maßnahmen wie die Verpflichtung der Abgabe von Interessenkonflikterklärungen, betraute Führungskräfte mit der Compliance-Verantwortung, richtete 2020 eine Whistleblower-Plattform ein, erließ einen eigenen Verhaltenskodex und ernannte interimistisch einen Chief Compliance Officer. Nachbesserungsbedarf sah der Rechnungshof in der zu schaffenden Weisungsfreiheit der Chief Compliance Officers, im Ausbau einer dezentralen Compliance-Struktur, das heißt, in den einzelnen Kliniken, und in einer Verankerung der Zuständigkeit für Compliance in den Stellenbeschreibungen für Führungskräfte.

 

Zusammenfassend lässt sich daher sagen, was ich auch eingangs schon gesagt habe: Die Auftragsvergaben in diesen Bereichen weisen ein hohes finanzielles Volumen auf, und dies in einem teilweise eingeschränkten Bietermarkt. Zur Unterbindung negativer Effekte für den öffentlichen Auftraggeber auf Grund dieser Konstellation sind daher eine genaue Dokumentation der Vergabeverfahren, klar beschriebene Leistungsumfänge, die Wahl von Vergabeverfahren und die Vermeidung von produktspezifischen Ausschreibungen für einen größtmöglichen Wettbewerb, für Transparenz und für die Gleichbehandlung aller Bieter essenziell.

 

Den größten Verbesserungsbedarf sieht der Rechnungshof in der Abwicklung der einzelnen Vergabeverfahren, und zwar speziell bei der Dokumentation der Verfahren. Auch im Sinne von Korruptionsprävention müssen Entscheidungen stets lückenlos dokumentiert werden. Ebenso sah beziehungsweise sieht der Rechnungshof Verbesserungsbedarf beim Vergabecontrolling. Die fehlende Übersicht über abgewickelte Vergabeverfahren oder eine geringe Aussagekraft der vorliegenden Berichte und Aufstellungen waren dabei die Schwachstellen.

 

Wir haben aber auch Verbesserungen in den organisatorischen Rahmenbedingungen festgestellt. Dies betraf vor allem die Bündelung der Vergabekompetenz in der Serviceeinheit Einkauf seit 2015 und im Aufbau des Compliance-Management-Systems. Mit den in der Stellungnahme der Stadt Wien angekündigten Maßnahmen zur Präzisierung von Regelungen zur Abwicklung von Auftragsvergaben und der Schließung von Regelungslücken könnte somit pro futuro eine Basis für die Abwicklung von Vergaben geschaffen werden, die mehr Transparenz sicherstellt und den Wettbewerb stärkt.

 

Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit. (Allgemeiner Beifall.)

 

Vorsitzende GRin Dr. Jennifer Kickert: Zum Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen. Der Berichterstatter verzichtet auf das Schlusswort.

 

14.12.26Wir kommen daher zur Abstimmung über die Postnummer 16. Wer dieser Post zustimmen kann, ersuche ich um ein Zeichen mit der Hand. - Ich stelle die Einstimmigkeit fest.

 

Es sind zu dieser Postnummer zwei Anträge eingelangt.

 

Der erste Antrag, der FPÖ, betrifft die Empfehlungen des Rechnungshofes für die Pflege in Österreich und Förderung der 24-Stunden-Betreuung. Wer diesem Antrag zustimmen kann, ersuche ich um ein Zeichen mit der Hand. - Ich sehe die Zustimmung der FPÖ, die den Antrag gestellt hat. Dieser Antrag ist abgelehnt.

 

Der zweite Antrag, der FPÖ, betrifft die Sanierung des Strandbads Gänsehäufel. Auch diesfalls wird die sofortige Abstimmung verlangt. Wer diesem Antrag zustimmen kann, ersuche ich um ein Zeichen mit der Hand. - Ich sehe die Zustimmung der ÖVP und der FPÖ. Damit bleibt auch dieser Antrag in der Minderheit und ist abgelehnt.

 

Nachdem die Behandlung des Rechnungshofberichtes nunmehr abgeschlossen ist, möchte ich mich noch einmal für die Anwesenheit der Rechnungshofpräsidentin und ihres Teams bedanken. (Allgemeiner Beifall.)

 

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