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Gemeinderat, 38. Sitzung vom 24.05.2023, Wörtliches Protokoll  -  Seite 127 von 146

 

Es liegt hier ein Absetzungsantrag vor. Wer für den Absetzungsantrag ist, den darf ich um ein Zeichen mit der Hand ersuchen. - Er hat die Zustimmung von der FPÖ und von GR Kieslich gegen die Stimmen von SPÖ, NEOS, ÖVP und GRÜNE und ist somit abgelehnt.

 

Wir kommen nun zur Abstimmung über das Poststück. Wer dafür die Zustimmung gibt, den bitte ich um ein Zeichen mit der Hand. - Das ist die Zustimmung bei SPÖ, NEOS und ÖVP gegen GRÜNE, FPÖ und GR Kieslich und ist somit mehrstimmig angenommen.

 

22.35.17Es gelangt nunmehr Postnummer 6 der Tagesordnung zur Verhandlung. Sie betrifft ein Förderangebot an den Verein Freunde der Wiener Polizei. Ich bitte den Herrn Berichterstatter GR Dr. Stürzenbecher, die Verhandlung einzuleiten.

 

22.35.37

Berichterstatter GR Dr. Kurt Stürzenbecher: Ich ersuche um Zustimmung zum vorliegenden Geschäftsstück.

 

Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Danke schön. Ich eröffne die Debatte. Zu Wort gemeldet ist Herr GR Dipl.-Ing. Margulies. Ich erteile es ihm. Bitte, Herr Gemeinderat.

 

22.35.56

GR Dipl.-Ing. Martin Margulies (GRÜNE)|: Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrter Herr Berichterstatter! Werte Damen und Herren!

 

Viel lieber hätte ich so ein Geschäftsstück in der Früh und nicht um diese Uhrzeit behandelt. Nichtsdestoweniger eine Vorbemerkung zu diesem Geschäftsstück: Wenn dieses heute beschlossen wird, kann man tatsächlich alles und jedes, was man will, in diesem Gemeinderat beschließen - egal, ob zuständig oder nicht -, denn das, was heute hier vorliegt - 300.000 EUR an den Verein der Freunde der Wiener Polizei - ist mehr als absurd.

 

Ich will versuchen, das zu erklären und trotzdem ein paar Worte vorausschicken, dass ich es für sinnvoll und wichtig erachte, eine ausgesprochen gutausgebildete Polizei zu haben, weil insbesondere das staatliche Gewaltmonopol auch die Auszeichnung für einen Rechtsstaat ist. Es ist nicht nur - man sieht das manchmal in Diktaturen -, wie entsetzlich manchmal das staatliche Gewaltmonopol ausgenützt wird, aber es benötigt ein staatliches Gewaltmonopol, damit Demokratie funktioniert.

 

Selbstverständlich bedeutet das: Gutausgebildete Polizisten und gutausgebildete Polizistinnen in den unterschiedlichsten Tätigkeiten, die sie wahrnehmen. Deshalb gibt es sie, und deshalb sucht die Bundespolizei - so wie es ihre Aufgabe ist - auch in der verfassungsmäßigen Zuständigkeit selbstverständlich auch immer wieder nach jungen Polizisten und Polizistinnen und hat dazu ein eigenes Recruitment-Center in der Ausstellungsstraße eröffnet, welches regelmäßig halbtags besetzt ist und für Menschen, die Interesse am Polizeidienst haben, eine Vielzahl von Möglichkeiten bietet, hineinzuschnuppern und sich anzusehen, welche Karrieremöglichkeiten es gibt, welche Uniformen es gibt und vieles, vieles andere, was die Aufgaben der Polizei betrifft. (GR Mag. Josef Taucher: Aber die Regierungsparteien ...)

 

Was sollen wir hier heute beschließen? - 300.000 EUR für einen Verein, der sich Verein der Freunde der Wiener Polizei nennt, den es schon lange gibt und der auch inklusive Kontrollausschuss und Kontrollamtsbericht sozusagen ordentlich ins öffentliche Gerede kam. Das ist jetzt wieder eine Zeit lang her. Dieser Verein soll jetzt die ureigenste Aufgabe der Polizei wahrnehmen, zumindest, wenn man liest, was wir als Stadt Wien hier subventionieren sollen. Denn der Verein der Freunde der Polizei will mit den 300.000 EUR für 2 Jahre ein Recruiting für die Polizei machen. Ein privater Verein soll neben der Polizei Recruiting für die Polizei machen. Exakt das steht in diesem Antrag drinnen.

 

Mit 150.000 EUR im Jahr - wenn ich die 300.000 EUR jetzt halbiere - soll eine Person angestellt werden und ein Büro in der Wiener Innenstadt und ein Elektroauto bekommen. (GR Mag. Josef Taucher: Ja, toll, oder? - Heiterkeit bei der SPÖ.) Dann soll diese Person das machen, was die Polizei Österreich-weit selber macht. Sorry, Gewaltmonopol heißt auch, dass sich die Polizei ihr Personal selber sucht. Da braucht es keinen dubiosen Verein, und da braucht es auch keine Unterstützung der Stadt Wien.

 

Warum übernimmt die Stadt Wien plötzlich Aufgaben und subventioniert Aufgaben, die sie echt überhaupt nichts angehen? Oder kommt als Nächstes ein privater Verein, der LehrerInnen sucht, für den wir die Unterstützung suchen? Noch viel mehr fehlen uns momentan Pflegekräfte. Unterstützen wir dann einen privaten Verein der Freunde der Wiener Pflegekräfte im Krankenanstaltenverbund oder des WIGEV? Unterstützen wir diesen Verein dann mit 1 Million EUR, weil wir viel mehr Pflegekräfte brauchen als PolizistInnen? Oder brauchen wir einen Verein der Freunde der Kindergartenpädagogen und -pädagoginnen, der mithilft, die notwendige Zahl von KindergartenpädagogInnen zu suchen? (GRin Mag. Dolores Bakos, BA: Gute Idee!)

 

Es ist Aufgabe des Bundes in der verfassungsmäßigen Kompetenz, Zuständigkeit: Gewaltmonopol Polizei. Sie nehmen es ja auch wahr. Glauben Sie im Ernst, dass ein kleines Büro - denn wenn es ein großes Büro ist, sind die 150.000 EUR im Jahr schneller weg, als man glaubt, dann bleibt ja überhaupt kein Geld mehr für die Giveaways und Gimmicks über - im 1. Bezirk die Menschen mehr überzeugt, als wenn sie in die Ausstellungsstraße gehen und dort in ihrer möglichen Berufsentscheidung fachkundig beraten und unterstützt werden?

 

Wie kann man als Stadt Wien auf die Idee kommen, das zu unterstützen? Das frage ich mich wirklich. Wer ist die Person, die das machen soll und die davon profitiert, dass die Stadt Wien eine Aufgabe übernimmt, die sie so etwas von überhaupt nichts angeht und die der Bund wirklich gut erfüllt? Bitte ersparen Sie uns, diese 300.000 EUR an einen dubiosen Verein zu übermitteln, der damit etwas macht, was ihm eigentlich nicht zusteht!

 

Ich kann mich erinnern, wir haben hin und wieder die Diskussion über Zuständigkeiten und darüber, was gefördert und was nicht gefördert werden kann. Das eine oder andere Mal ist schon gekommen: Das fällt nicht in den Kompetenzbereich der Stadt. Das fällt so etwas von jenseitig nicht in den Kompetenzbereich der Stadt, dass es wirklich fahrlässig ist, diese Förderung zu beschließen. -

 

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