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Gemeinderat, 38. Sitzung vom 24.05.2023, Wörtliches Protokoll  -  Seite 46 von 146

 

Ja, wir unterstützen natürlich das Förderprogramm Initiative Erwachsenenbildung, weil Erwachsenenbildung ein grundlegender und auch wichtiger Aspekt einer offenen Gesellschaft ist. Durch Bildung werden nicht nur Kenntnisse und Fähigkeiten weiterentwickelt, Bildung schafft auch die Grundlage für einen offenen Dialog und ermöglicht den Austausch von Erfahrungen und Ideen zwischen Menschen mit unterschiedlichem Background. Deswegen ist auch eine diskriminierungsfreie Bildungseinrichtung sehr wichtig für unsere Gesellschaft, aus diesem Grund haben wir auch heute diesen Antrag eingebracht.

 

Vor allem im schulischen Bereich wissen wir, dass die Schule einfach nicht neutral und auch nicht wertfrei ist. Die meisten Schülerinnen und Schüler machen die ersten diskriminierenden und rassistischen Erfahrungen in den Schulen. Das hat mich deswegen zu diesem Antrag gebracht, weil sich in den letzten Monaten immer wieder Eltern bei mir gemeldet haben, die von Diskriminierungen und auch Stigmatisierungsfällen an den Schulen, an den Bildungseinrichtungen berichtet haben. Ich bin der Sache ein bisschen nachgegangen, habe das auch recherchiert und habe dazu auch aktuelle Zahlen gefunden. Die Initiative für ein diskriminierungsfreies Bildungswesen hat einen Bericht erstellt, in dem sie 121 Fälle von Diskriminierungen an den Schulen festgehalten hat. Die Dunkelziffer wird wahrscheinlich höher liegen, da nicht jeder an dieser Befragung teilgenommen hat. Dabei wurde festgestellt, dass 82 Fälle dieser Diskriminierungen hauptsächlich Rassismus betreffen, 18 Prozent dieser Fälle waren antimuslimischer Rassismus, aber auch sexuelle Orientierung, Sexismus und auch Antisemitismus waren da zu verzeichnen. Knapp ein Drittel der Fälle ereignet sich an Mittelschulen, an AHS-Schulen und auch an allen anderen Bildungseinrichtungen. Der Großteil der Diskriminierungen war hauptsächlich im Lehrpersonalwesen verzeichnet - also das denkt man sich gar nicht so - und 13 Prozent von Mitschülerinnen und Mitschülern.

 

Es liegt wohl auf der Hand und auch nach den Berichten der Eltern habe ich gemerkt, es sind nicht nur rassistische Fälle, sondern es wurden auch Schülerinnen und Schüler mit spezifischen Erkrankungen an den Bildungseinrichtungen diskriminiert, weil sie Diabetes oder andere Erkrankungen hatten, aber auch SchülerInnen, deren Eltern aus muslimischen Ländern kommen. Vor allem in der Ramadanzeit haben sich Eltern gemeldet, die aus muslimischen Ländern kommen, die mir berichtet haben, dass ihre Kinder an den Schulen von anderen Mitschülerinnen und Mitschülern diskriminiert wurden, weil sie nicht fasten oder sich freizügig anziehen, weil sie die islamische Tradition sozusagen nicht leben, und dass aus diesen Gründen ihre Kinder nicht unbedingt in das Klassenzimmer gehen wollen.

 

Ich weiß natürlich nicht, wie man dieses Problem anpackt, da brauchen wir wahrscheinlich die Expertinnen und Experten aus dem pädagogischen Bereich, aber ich kann mich erinnern, zu meiner Zeit hat es auch noch keine diskriminierungsfreie Schule gegeben. Und wenn wir nach 30 Jahren immer noch über die gleichen Fälle, über die gleichen rassistischen Erfahrungen, über die gleichen diskriminierenden Erfahrungen reden, dann muss man hier ansetzen. Es braucht hier dringend ein Maßnahmenpaket, wo wir im Bildungsbereich starten können, nicht nur im Lehrpersonalbereich soll diese Maßnahme eingreifen, sondern man muss hier auch auf Elternarbeit setzen und Eltern mit einbeziehen, damit wir sozusagen in unsere Zukunft investieren und auch eine offene Gesellschaft durch Bildung und durch Chancengerechtigkeit ermöglichen können. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Ich hoffe, ihr stimmt dem Antrag zu. Wir wären natürlich gerne bereit, auch hier unsere Expertise einzubringen. Es wird sich für uns alle und auch für die ganze Gesellschaft auszahlen, wenn wir ein diskriminierungsfreies Bildungswesen ermöglichen. - Danke sehr. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Vorsitzende GRin Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc: Als nächster Redner ist Herr GR Zierfuß zu Wort gemeldet. Sie sind am Wort.

 

13.28.53

GR Harald Zierfuß (ÖVP)|: Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrter Herr Stadtrat! Werte Kolleginnen und Kollegen!

 

Wir stimmen dem Poststück natürlich auch zu, da Erwachsenenbildung etwas sehr Wesentliches ist und dass man da Dinge aufholt, die vorher nicht erlernt worden sind. Ich glaube aber, viel wesentlicher ist es, noch in der frühen Phase des Lernens diese Probleme zu beheben, weil es dort leichter geht und weil man den Menschen dann sehr viel bessere Chancen mitgibt.

 

Deswegen möchte ich heute vor allem über Deutschförderung in Kindergärten sprechen. Wir haben in Wien nämlich tatsächlich erschreckende Zahlen. Wir haben mit vielen Anfragen deutliche Zahlen aufgedeckt, dass von den 10.000 außerordentlichen Schülern, die es in Wien gibt, in etwa jeder Vierte in der 1. Klasse Volksschule so schlecht Deutsch kann, dass er dem Regelunterricht nicht folgen kann und eine Deutschförderungsklasse oder einen Deutschförderkurs besuchen muss. Von denen sind aber 80 Prozent mindestens 2 Jahre im Kindergarten gewesen. Das allein müsste einer Stadtregierung, die Verantwortung für die Kindergärten dieser Stadt trägt, schon zu denken geben, dass hier tausende Kinder jedes Jahr aus dem Kindergarten kommen und trotz Jahren im Kindergarten nicht ausreichend Deutsch erlernt haben.

 

Wenn man sich nämlich genauer anschaut, was so die Werte sind, die Erfolgszahlen oder eher Misserfolgszahlen in der Deutschförderung im Kindergarten, dann sind die mehr als erschreckend. Bei den 4-Jährigen verbessert sich innerhalb eines Jahres nur jedes 10. Kind, wenn nachgewiesener Sprachförderbedarf da ist, also 10 Prozent, bei den 5-Jährigen sind es dann 2,5 von 10, also 25 Prozent. Ich glaube, das ist eine miserable Leistung, die hier leider an vielen Standorten stattfindet, wo man sich fragen muss, wie man das verbessern kann. Sehr deutlich ist auch, was es heißt für ein Kind, wenn es vor dem Schuleintritt nicht ausreichend Deutsch kann. Wir wissen das alle aus verschiedensten bildungspolitischen Erhebungen, wenn man sich zum Beispiel TIMSS anschaut,

 

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