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Gemeinderat, 13. Sitzung vom 22.09.2021, Wörtliches Protokoll  -  Seite 74 von 118

 

Ich bringe heute drei Anträge ein, der erste Antrag ist in Bezug auf mobile sozialpädagogische Betreuung für geflüchtete Frauen. Beim zweiten Antrag geht es grundsätzlich um die Initiative „Sicherer Hafen“. Städte können heutzutage selbst aktiv werden, sie brauchen da nicht irgendwie auf die Bundesregierung warten, das hat uns die Initiative „Seebrücke“ gezeigt. Es haben bereits 267 Städte die Initiative unterzeichnet, sie bekennen sich dazu, ein sicherer Hafen für geflüchtete Menschen zu sein. Ich brauche euch jetzt die Initiative nicht zu beschreiben, denn das ist jetzt der vierte Antrag, den wir hier dazu einbringen.

 

Was wollen wir? - Wir wollen einfach, dass Herr Bgm Dr. Michi Ludwig hier eine Initiative im Sinne dieser Initiative „Seebrücke“ startet, und zwar ist er im Städtebund verankert, und hier gibt es auch die Möglichkeit, diese Initiative wirklich weit hinauszutragen.

 

Ein weiterer Antrag bezieht sich auf die Evaluierung der Leerstände in Wien, um hier einfach zu schauen, welche Möglichkeiten von qualitativen Quartieren für Schutzsuchende es überhaupt gibt. Ihr erinnert euch sicher an den Brand in Moria, und genau zur gleichen Zeit hat es in Wien unzählige Leerstände, Pensionen, Hotels, et cetera gegeben. Wir denken: Warum hier nicht gleich Hilfe leisten, wenn es möglich ist, wenn wir die Ressourcen und auch die Rahmenbedingungen haben? Afghanistan wird ja nicht die letzte Krise sein, humanitäre Krisen wird es leider immer mehr geben, bis es überhaupt weltweite effektive friedenspolitische Maßnahmen, bis es hier wirklich eine konkrete, effektive Verantwortung der Weltgemeinschaft gibt.

 

Deswegen muss man jetzt schon für später vorsorgen. Das bedeutet, die Stadt Wien soll sich auch darum kümmern, wirklich eine Evaluierung zu machen: Wo gibt es qualitative Quartiere? Und da rede ich jetzt nicht von großen Hallen, wo man einfach die Menschen hineinsteckt, sondern von Wohngemeinschaften ist hier die Rede, damit die Menschen auch lebenswert dann drinnen wohnen können. Sie sollen sich dann auch gleichzeitig um den Erhalt und den Ausbau dieser Quartiere kümmern.

 

Ja, diese Sachen sind wirklich nicht sehr groß, die wir jetzt genannt haben. Diese Anträge sind auch nicht sehr kostspielig, es ist machbar. Es ist machbar, wenn der politische Wille da ist. Ich hab‘ mich jetzt von dieser Seite an euch gewandt mit der Hoffnung, dass zumindest ihr uns in diesen Anträgen dann unterstützen könntet, weil im Kern wollen wir nicht nur die Menschen aus dieser Hölle rausholen, sondern im Kern wollen wir auch, dass diejenigen, die hier in Österreich leben, auch ein menschenwürdiges Leben führen und hier so, wie alle Menschen in Österreich leben, von diesen Dienstleistungen auch Gebrauch machen.

 

So, danke für euer Zuhören. Wien soll Menschenrechtsstadt weiterhin bleiben. Bleiben wir solidarisch und lassen wir unsere Mitmenschen nicht im Stich. Danke sehr.

 

Vorsitzende GRin Dr. Jennifer Kickert: Ich ersuche um Desinfektion, danke vielmals. Als Nächster zu Wort gemeldet ist GR Florianschütz. Ich erteile es ihm.

 

17.02.21

GR Peter Florianschütz, MA, MLS (SPÖ)|: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Herren im Livestream! Liebe Freundinnen und Freunde! Liebe Menschen, die nicht so sehr mit mir befreundet sind, und liebe Menschen, mit denen ich eigentlich nicht befreundet sein möchte!

 

Das, was sich da abspielt, also vorweg, ja, ich sag‘ das jetzt nur fürs Publikum und für manche im Saal: Wir sind schon Teil der Zivilisation und der westlichen Welt. Würde man nicht glauben, wenn man das so am Anfang gehört hat. Aber eigentlich ist das schon so und zumindest die Mehrheit des Hauses bekennt sich dazu und das ist gut und recht so. Das lassen wir uns auch nicht kaputt machen durch einen Wettbewerb, und der Wettbewerb lautet von zwei Parteien: Wer ist das größte Oarschloch? (Aufregung im Plenum.) Ich hab‘ gewusst, irgendwann kommt es.

 

Vorsitzende GRin Dr. Jennifer Kickert (unterbrechend): Sehr geehrter Herr Gemeinderat! Darf ich um eine zivilisiertere Wortwahl bitten, weil sonst muss ich Ihnen ernsthaft einen Ordnungsruf erteilen. Das geht so nicht.

 

GR Peter Florianschütz, MA, MLS (fortsetzend): Um es zu entschärfen ... Um es zu entschärfen, ich hab‘ mich am klassischen Theaterstück „Götz von Berlichingen“ angehalten.

 

Meine Damen und Herren, wenn ich an Afghanistan denke, dann denke ich mir das nicht abstrakt. Ich denk‘ mir auch nicht, dass das eine Herausforderung für uns ist. Ich glaub‘, dass das eine Herausforderung ist für die Menschen dort. Die sind betroffen und herausgefordert, und so gesehen sollten wir, glaube ich, auch die Diskussion führen. Ich denke an fünf Mädchen in Afghanistan. Narges, Samira, Sara, das heißt „der Mond“, Quynh, das ist eine blühende Blume, und Soraja, das bedeutet auf Deutsch „Licht der Sterne“ sind fünf kleine Mädchen, die wahrscheinlich vor einiger Zeit begonnen haben, das Alphabet zu lernen in Afghanistan. Auf Paschtun bedeutet das, die Buchstaben, die sie dann nämlich gelernt haben - die machen das wahrscheinlich so wie bei uns bei diesen Buchstabentagen in den Volksschulen. Das fängt mit Alif an, Be, Pe und Te sind die ersten vier Buchstaben des paschtunischen Alphabets, das haben die fünf Mädchen gelernt. Oder sie haben es in Pakistan gelernt, weil sie auf der Flucht sind auf Urdu, Alif, Sein, Sport und Te, die ersten vier Buchstaben des Alphabets in Urdu. Oder vielleicht haben sie es in Persisch gelernt oder manche auch in Arabisch, weil sie auch gar nicht mehr dort sind. Aber die meisten leben halt in Afghanistan und lernen das in der vorwiegenden Landessprache, in Paschtunisch. Und wenn ich mir das überlege, denke ich auch an drei Burschen: Alan, das heißt Stein oder edel, den Rashid, das heißt Rechtsgeleitete, und der Fabat, ein ganz normaler afghanischer Bub. Und über diese senkt sich ein Schleier, für die Mädchen ein Schleier aus schwarzem Stoff, in dem sie gefangen sind. Und dann ist es aus mit dem Alphabet auf Paschtunisch. Dann heißt es, mit elf Jahren heiraten, ob man will oder nicht. Das ist die Situation, die wir dort vorfinden. Und was mich bekümmert, meine Damen und Herren, ist,

 

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