Gemeinderat, 5. Sitzung vom 25.02.2011, Wörtliches Protokoll - Seite 38 von 115
Gleichbehandlungsseite stattfindet, denn was könnte ein solcher Einkommensanwalt machen? – Er könnte aufmerksam machen auf die Themen, die von uns hier in der Politik zu bearbeiten sind, und aufzeigen, welche Missstände draußen in der Privatwirtschaft oder auch im eigenen Bereich vorhanden sind, und auch eine Mediationsrolle erfüllen.
Wir haben auch bei Pensionistinnen eine Pension, die um ein Drittel niedriger ist als bei Pensionisten. Wir haben in Wien eine Frauenarbeitslosigkeit von 8 Prozent, und zwar mit Stand von Jänner 2011, und damit sind nur noch das Burgenland und Kärnten schlechter als Wien. Bei der Arbeitslosigkeit ist es für Wien überhaupt besonders dramatisch. Es sei vielleicht noch hinzugefügt: In sämtlichen Großstädten im europäischen Bereich, aber auch im internationalen Bereich ist die Arbeitslosigkeit geringer als im ländlichen Raum - bei uns in Wien ist es leider umgekehrt. Hinsichtlich der Erwerbsquote von Frauen liegt Wien mit 64,6 Prozent an vorletzter Stelle - Schlusslicht ist nur noch Kärnten. Und die Armutsgefährdung ist in Wien nach wie vor am höchsten: 17 Prozent sind aktuell armutsgefährdet, Frauen über 65 sind besonders armutsgefährdet, und Ein-Eltern-Haushalte sogar mit einer Quote von 30 Prozent. Das ist wirklich ein Punkt, wo man sagen muss, hier muss man dringend aktiv Maßnahmen setzen. Ihre Behauptung, dass Sie eine aktive Arbeitsmarktpolitik für Frauen forcieren, ist für mich nicht nachvollziehbar. Ich kann das einfach nicht erkennen, denn dann würden sich ja letztendlich über einen gewissen Zeitraum auch die Zahlen und Ziffern verändern.
Also: Wien zur frauenfreundlichsten Stadt Europas zu machen, ist seit Langem ein Wunsch und auch ein Ziel von Ihnen - ich sehe uns aber leider keinen Schritt weiter.
Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist in Wien auch nur schwer zu verwirklichen. Die geeigneten Rahmenbedingungen fehlen noch immer. Während Bundesschulen zu 98 bis 100 Prozent Nachmittagsbetreuung haben, sind es an den Wiener Pflichtschulen nur magere 30 Prozent. Das bringt natürlich wieder die Frauen in das Dilemma, die Vereinbarkeit zwischen Beruf und Familie zu schaffen und zusätzlich auch noch den Wiedereinstieg zu schaffen, denn auf Grund dieser Kriterien schafft nur jede zweite Frau in Wien den Wiedereinstieg - was dann in der Pension wiederum in die Altersarmut führt.
Wir fordern daher, dass die angesprochenen Punkte im Sinne der Frauenförderung dringend umgesetzt werden. Es liegt an der Wiener Stadtregierung, die geeigneten Rahmenbedingungen für Frauen zu schaffen. Ich möchte da einen dringenden Appell aussprechen und mich diesbezüglich auch Frau Matiasek anschließen: Was nützt es, wenn man Vereine hat, wenn man Toolboxen macht, Studien macht, Heftchen schreibt et cetera, wenn sich die tatsächliche Situation, wie sie messbar ist, in ihrer Wirkung ganz einfach nicht verändert, sondern in vielen Bereichen sogar verschlechtert? Ich möchte noch einmal einen Appell an Sie richten, sich nicht mit Gramatneusiedl zu vergleichen, sondern mit internationalen Städten Europas, wo wir absolut nicht in einer guten Lage sind und sehr schlechte Plätze einnehmen - vom vorletzten Platz bei gehobenen Positionen bis hin zur Betreuung, Nachmittagsbetreuung, Kinderbetreuung. Wir sind da einfach international nicht in einer guten Position. Sie können sich gerne in der Statistik Austria täglich ansehen, wo Sie hier gerade liegen.
Und: Verwenden wir die Mittel nicht nur im Frauenbereich, sondern auch in anderen Bereichen - daher auch Gender Budgeting; ich kann nur leider nichts davon sehen -, damit auch in anderen Bereichen frauenfördernd agiert wird. Denn was nützt es, wenn wir mit diesem winzig kleinen Budget, das wir hier in der Frauen... (Zwischenruf bei der SPÖ.) - Ja, genau, es ist eine Querschnittmaterie. Und daher möchte ich eigentlich auch nicht immer die Frau Stadträtin alleine dafür in die Verantwortung nehmen, sondern es ist eigentlich die Sache des Bürgermeisters zu erkennen, wo wir in dieser Frage stehen und dass man dem gesamten Frauenaspekt eine wesentlich breitere Aufmerksamkeit schenken muss. Denn was sollen wir mit unseren 8 Millionen EUR, wovon 5 Millionen EUR für die Frauenhäuser sind? Wir wissen, wir können nicht einmal ein weiteres eröffnen. Das ist einfach viel zu wenig.
Ich plädiere dafür, dass das nicht nur die Thematik unseres Ressorts ist, sondern die Thematik der gesamten Regierung. - Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP. – Ruf bei der SPÖ: Die Erweiterung der Ganztagsschulen ...)
Vorsitzende GRin Dr Sigrid Pilz: Zum Wort gemeldet ist Frau GRin Dr Vana. Ich erteile es ihr.
GRin Dr Monika Vana (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
100 Jahre Frauentag und nichts erreicht, hat Frau Kollegin Feldmann gesagt. Es ist ja wunderschön, heute anlässlich des Frauentages so tolle, ich möchte fast sagen, Sonntagsreden von den Kolleginnen von ÖVP und FPÖ zu hören, von denen ich manche Teile inhaltlich sogar nachvollziehen kann und darin auch zum Teil sehr interessante Positionen finde, wenn es etwa um Armutsbekämpfung geht oder um das Infragestellen der Sinnhaftigkeit der Teilzeitarbeit im Sinne von Existenzsicherung. Da waren schon interessante Ansätze dabei, aber ich muss Ihnen ehrlich sagen: Sehr viel habe ich in Ihrer Politik - weder in Wien und noch weniger im Bund, als Sie an der Regierung waren - zu dieser Frage nicht gesehen! Und Sie sind sicher jene Parteien, die am weitesten davon entfernt sind, auch nur irgendeine der Forderungen unserer Vorvorkämpferinnen von vor 100 Jahren - und das war nicht Ihre rechte Reichshälfte, sondern das war die linke Reichshälfte - auch nur ansatzweise jemals vertreten zu haben oder zu ihrer Umsetzung beigetragen zu haben.
Ja, wir sind bei etlichen Forderungen auch 100 Jahre nach den Forderungen der Frauenbewegung weit von ihrer Umsetzung entfernt: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit - noch sehr lange nicht erreicht! Einkommensunterschiede von 25 Prozent werden Österreich im Gender Gap Report attestiert. Das heißt, Frauen verdienen in Österreich pro Stunde um ein Viertel weniger als ihre männlichen Kollegen.
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