Gemeinderat, 5. Sitzung vom 25.02.2011, Wörtliches Protokoll - Seite 7 von 115
teiligungen. Gerade wenn man sich zum Beispiel mit der Einkommensschere auseinandersetzt, sieht man, dass es viele Faktoren gibt, die eine bestimmte Prozentzahl an Diskriminierung – ich sage das jetzt einmal unter Anführungszeichen: erklären. Aber selbst wenn man all diese Argumente zusammenführt und das dann in Prozenten von der Einkommensschere abzieht, bleibt ein nicht zu geringer Prozentanteil von etwa 7 bis 10 Prozent übrig, die ausschließlich aus dem Argument Geschlecht bestehen.
Ich denke, allein das zeigt, wie notwendig es ist, gesellschaftspolitisch zu agieren, aber auf der anderen Seite auch verbindliche Instrumente einzuführen, um Frauenförderung in den Betrieben entsprechend zu platzieren, um auch dort Frauen eine entsprechende Chance zu geben.
Ich darf bei dieser Gelegenheit auch die Damen und Herren auf der Galerie ganz herzlich begrüßen!
Ich erwähne ein Beispiel im Hinblick auf die Zukunft. Es gab eine Studie, bei der junge Frauen und Männer mit ganz gleichen Bildungsvoraussetzungen in den Arbeitsprozess geschickt und über zehn Jahre beobachtet wurden. Dabei ist man draufgekommen, obwohl die Frauen auch keine Kinder hatten und daher mit dem Phänomen der Vereinbarkeitsfalle nicht konfrontiert waren, dass der Gehaltsunterschied zwischen den Frauen und den Männern bei gleichem Ausbildungsgang, gleichem Alter und gleichen Voraussetzungen 7 000 EUR betrug!
Das ist ein Faktor, der es sehr wohl notwendig macht, Verbindlichkeiten herzustellen. Im Hinblick darauf haben wir in dieser Stadt auch ein generelles Ziel, nämlich dass Frauen sicher, selbstbestimmt und unabhängig leben können. Wir haben daher im Zusammenhang mit dieser Verbindlichkeit gesagt: Einkommenstransparenz ist ganz wichtig, denn sie macht nachvollziehbar, wo Männer mehr verdienen als Frauen.
Der zweite Punkt betrifft Quoten. Quoten sind uns sehr wichtig. Wir sehen das in der eigenen Stadt Wien. Wir haben über das Gleichbehandlungsgesetz eine fixe Quote beschlossen, und wir konnten den Anteil von Frauen in Führungspositionen innerhalb von wenigen Jahren, nämlich ab 1997, von 5 Prozent auf 35 Prozent erhöhen. Daran sieht man: Freiwilligkeit ist nett und schön, damit erreicht man einmal da und einmal dort etwas, dann gibt es aber wieder Rückschritte. Daher ist das Commitment auf gesetzlicher Ebene ganz wichtig und bringt uns de facto auch weiter.
Damit komme ich zum nächsten Schritt. Es hat über Jahre hinweg sehr viele Frauenorganisationen gegeben, die gesagt haben, dass eine Koppelung der öffentlichen Auftragsvergabe an die betriebliche Frauenförderung von Nöten ist. Das ist aber immer wieder eigentlich an juristischen Argumenten gescheitert. An diesem Punkt wird es ein bisschen schwierig. Wenn konkrete gleichstellungspolitische Vorstellungen und gleichstellungspolitisches Handeln auf Grund gesetzlicher Maßnahmen nicht umsetzbar sind, dann will man sich damit oft nicht abfinden, ist aber auf der anderen Seite mit dem Bundesvergabegesetz konfrontiert, an das man sich natürlich halten muss.
Deswegen haben wir mit Vergabeexpertinnen und –experten und den Juristinnen und Juristen unseres Hauses aus verschiedenen Bereichen, der MA 63 genauso wie der MA 57, wirklich sehr lange an einem Plan gearbeitet, wie wir das im gesetzlichen Rahmen festhalten können. Und wir haben tatsächlich drei Möglichkeiten gefunden, wie eine solche Verankerung rechtlich halten kann, indem man nämlich erstens die Frauenförderung als so genannte soziale Ausführungsbestimmung bei den Dienstleistungsaufträgen implementiert, indem man zweitens unter Berücksichtigung von Gender-Aspekten bei der Formulierung von ganz konkreten qualitativen Zuschlagsformulierungen die betriebliche Frauenförderung mit hineinbringt und indem man drittens gender-sensible Bedarfserhebungen bei der Beschaffungsplanung und bei der Leistungsbeschreibung vornehmen kann. Mit diesen drei Handlungsfeldern haben wir wirklich die Möglichkeit, dass das hält.
Wir werden diese Koppelung natürlich auch evaluieren und werden in einem Stufenplan vorgehen. Dabei muss man beachten, dass sich die Betriebslandschaft in Wien nicht aus Großbetrieben zusammensetzt, sondern im überwiegenden Ausmaß aus Klein- und Mittelbetrieben. Und diese Klein- und Mittelbetriebe brauchen natürlich auf der einen Seite die entsprechende Unterstützung, aber auf der anderen Seite auch die entsprechende Zeit, um sich umzustellen. Das Schöne ist, dass wir sehen, dass diese Betriebe überhaupt kein Problem haben, sondern diese Sache eigentlich sehr proaktiv angehen und sich daran beteiligen.
Stufenweise ausbauen heißt, dass wir jetzt einmal zwei Abteilungen dafür haben, nämlich den Bereich der MA 27 und den Bereich der MA 54, und wir verfolgen ein großes Ziel. Die gesamte Koppelung der öffentlichen Auftragsvergabe war schon in der vergangenen Legislaturperiode ein rot-grünes Projekt, und als rot-grüne Regierung haben wir jetzt eine weitere Ausrollung auf weitere Abteilungen vor. Selbstverständlich stellen wir den Betrieben auch einen entsprechenden Support zur Verfügung. Es gibt das Handbuch „Frau + Mann gleich fördern = gewinnen!“, das mittlerweile sehr viele Betriebe in Anspruch genommen haben. 4 500 haben es per Post erhalten und 23 600 Betriebe haben es von der Homepage heruntergeladen. Man sieht also auch das Interesse der Betriebe. In dieser Broschüre befindet sich auch eine Toolbox, die den Betrieben eine entsprechende Anleitung gibt, wie man diese Sache angehen kann.
Insgesamt kann man sagen, dass sich innerbetriebliche Frauenförderung auszahlt, dass auch die Betriebe bemerken, dass sie Profit davon haben: Sie sind innovativer und genießen ein besseres Image, und das Schöne dabei ist, dass sie null Probleme damit haben. Dass es da Probleme geben wird, war nämlich oft eine Befürchtung der Gegnerinnen und Gegnern einer solchen Maßnahme.
Daher gehen wir genau mit solchen verbindlichen Schritten guten Mutes in eine Zukunft, die eine gleichgestellte Zukunft auch auf betrieblicher Ebene ist, und das gerade in einem Jahr, in dem sich der Internationale
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