«  1  »

 

Gemeinderat, 61. Sitzung vom 28.06.2010, Wörtliches Protokoll  -  Seite 26 von 126

 

ders Tolles daran gefunden, als die Stadt Wien das Kelly's-Werk aus dem Waldviertel nach Wien gesiedelt hat. Das war für das Waldviertel eine Tragödie. Was daran so super sein soll, wenn man innerhalb Österreichs um die Arbeitsplätze kämpft, wo sie in einem Gebiet wegfallen und in einem anderen dazukommen, hätte ich gerne, dass Sie mir einmal erklären.

 

Was aber in Wien tatsächlich in den letzten Jahren passiert ist, erkennt man an zwei Zahlen. Das sind die Dienstgeberabgabe und die Kommunalsteuer. Die Kommunalsteuer ist von 2008 auf 2009 zurückgegangen. Knapp 4 Millionen EUR, ein bisschen weniger als 1 Prozent, inflationsbereinigt. Das spiegelt einfach nur wider, dass in Wirklichkeit die Löhne und Einkommen sinken. Die Dienstgeberabgabe – das ist die eigentliche Dramatik – steigt sogar. Was bedeutet denn das? Steigende Dienstgeberabgabe bei sinkender Kommunalsteuer bedeutet, immer mehr, aber immer schlechter bezahlte Beschäftigungsverhältnisse. Was wir in Wien brauchen, sind mehr und gut bezahlte Beschäftigungsverhältnisse, Beschäftigungsverhältnisse, von denen man tatsächlich leben kann. Wer heutzutage Vollzeit arbeitet, ganz egal, ob direkt bei der Gemeinde Wien beschäftigt oder im privaten Bereich, wenn dieser Mensch 40 Stunden beziehungsweise 38,5 Stunden arbeitet, dann ist es in Wirklichkeit unzulässig, diesem Menschen weniger als 1 500 EUR brutto zu bezahlen. Wir alle wissen, wie schwer es ist, wie die Lebenshaltungskosten gestiegen sind.

 

Genau deshalb bringe ich heute einen Antrag als Aufforderung an die Bundesregierung zur Schaffung eines gesetzlichen Mindestlohns ein. (GR Dkfm Dr Fritz Aichinger: Dazu gibt es Gewerkschaften!) Es ist schon richtig, dass es Gewerkschaften gibt, aber es ist auch Aufgabe der Politik, Farbe zu bekennen. Wir bekennen Farbe. Wir sagen, Menschen, die Vollzeit arbeiten, sollen nicht weniger als 1 500 EUR brutto im Monat verdienen. Das ist nicht zu viel verlangt! (Beifall bei den GRÜNEN.) In diesem Sinne bringe ich den Beschluss- und Resolutionsantrag ein, dass wir die Bundesregierung diesbezüglich auffordern.

 

Aber wir wollen natürlich auch die Probe aufs Exempel innerhalb der Gemeinde Wien machen. Die Gemeinde Wien ist derjenige Bereich, wo die Stadt Wien es selbst in der Hand hat, für einen Mindestlohn zu sorgen, wo die Stadt Wien es selbst in der Hand hat, allen Menschen tatsächlich ein menschenwürdiges Arbeiten zu ermöglichen. Wenn uns das Geld fehlen sollte, können wir bei den hohen Gehältern kürzen. Die FPÖ hat heute einen Antrag der GRÜNEN, glaube ich, zum fünften Mal eingebracht. Das war eine Idee der GRÜNEN, eine Bezügebegrenzung bei den oberen Einkommen zu machen. Begrenzen wir dort, aber zahlen wir all jenen, die bei der Stadt Wien arbeiten und einen Vollzeitarbeitsplatz haben, zumindest 1 500 EUR brutto. In diesem Sinne auch der Beschlussantrag betreffend einen Mindestlohn im Wirkungsbereich der Stadt Wien.

 

Kommen wir zur Instandhaltung: Wir haben schon über die Instandhaltung der Schulen geredet, aber wir können auch über die Instandhaltung von Wasserleitungen, von Wasserrohren reden. Ich habe mir die Mühe gemacht, wie reagiert die Stadt Wien im Jahr 2009 auf die Krise, auf den Ausbau der Infrastruktur, obwohl immer mehr Wasserrohrbrüche passieren? Das hat mich stutzig gemacht. Im Jahr 2009 wurden die geringsten finanziellen Mittel für die Instandhaltung von Wasserleitungen seit dem Jahre 2003 ausgegeben. Nur noch 20,2 Millionen EUR. Vielleicht hängt das tatsächlich damit zusammen, dass es in Wien immer mehr Wasserrohrbrüche gibt. Im Jahr 2008 waren es 5 Millionen EUR mehr. Im Jahr 2006 waren es 4 Millionen EUR mehr. 2005 waren es 4 Millionen EUR mehr. Wie man gesehen hat, wir waren noch nicht fertig mit der Sanierung. Es gibt auch den diesbezüglichen Kontrollamtsbericht, der sagt, man muss in diese Richtung noch viel machen. Auf jeden Fall würde es sich lohnen, in diesen Bereichen mehr zu investieren.

 

Jetzt noch vielleicht auch ein Wort zu den Bezirken: Es wurde schon zuvor angesprochen, die Lage der Bezirke ist alles andere als rosig. Sie zeigt sich nur deshalb nicht ganz so dramatisch, als wir es vermutet haben, weil im Gegensatz zu den vollmundigen Ankündigungen in den letzten beiden Jahren nicht 120 Millionen EUR zusätzlich für die Schulsanierung ausgegeben wurden, sondern nur 34 Millionen EUR. Das ist letztendlich der Punkt. Wäre die Wiener Sozialdemokratie, wäre die Stadtregierung in ihrem angekündigten Plan zur Schulsanierung, dann hätten wir keinen Bezirk ohne Schulden. Wir hätten keinen Bezirk ohne Vorgriff.

 

Wir hätten vielleicht noch einen kleinen Anteil von Bezirken mit Rücklagen. Aber so wie momentan das System der Finanzierung der Bezirke ausgerichtet ist, ist damit zu rechnen, dass in Wirklichkeit in den kommenden beiden Jahren auch als Folge der Wirtschaftskrise die Bezirksfinanzen weiter sinken und die Ausgaben weiter steigen werden. Es ist relativ einfach, das wird sich nicht ausgehen.

 

Vielleicht jetzt noch als letzten Punkt, weil ich das in der Rede von Finanzstadträtin Brauner tatsächlich vermisst habe: der tatsächliche Ausblick auf 2011, 2012, 2013.

 

Ich habe mir kurz vor der Sitzung die Steuereinnahmen in Österreich mit Abrechnung Mai angeschaut. Sie bleiben de facto am selben Stand wie im Vorjahr. Die Ertragsanteile an Länder und Gemeinden, nachdem im Vorjahr de facto ein Überschuss ausgezahlt wurde, haben sich sogar reduziert, in Summe um fast 1 Milliarde EUR. Das heißt, es ist nicht damit zu rechnen, dass, obwohl sich die Wirtschaft möglicherweise für das Jahr 2010 etwas besser entwickelt, als ursprünglich angenommen, die Ertragsanteile steigen. Es ist auch nicht damit zu rechnen, dass in den Jahren 2011, 2012 die Ertragsanteile bei Beibehaltung des jetzigen Steuersystems wieder die Größenordnung vom Jahr 2007, 2008 noch erreichen werden.

 

Frau StRin Brauner, wie geht es in Wien nach der Wahl weiter? Wir haben für heuer ein prognostiziertes Defizit in der Größenordnung von rund 700 Millionen EUR. Ich halte das auch für legitim, weil man soll gerade in der Krise nicht kaputtsparen. Aber es wäre natürlich

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular