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Gemeinderat, 41. Sitzung vom 02.12.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 20 von 26

 

Armutskonferenz geht hervor, dass 37 000 Menschen mit Behinderung ihre Wohnung nicht angemessen warm halten können, 69 000 davon leben in überbelegten Wohnungen, 38 000 sind mit wichtigen Zahlungen im Rückstand, und, meine Damen und Herren, ein großer Teil dieser behinderten Menschen lebt in Wien.

 

Bleiben wir gleich beim Thema Wohnen in Wien. Es gibt hier viel zu wenig barrierefreie Gemeindewohnungen, und auf die wenigen muss man jahrelang warten.

 

Wer vom Erwerbsleben ausgeschlossen ist, der kann sich natürlich auch die Miete für die eigenen vier Wände nicht leisten. Und wer sein Einkommen aus Arbeitslosengeld, Notstandshilfe, Mindestpension oder geringfügiger Beschäftigung bezieht, muss sich quasi Monat für Monat die Miete neu zusammenstoppeln. Bei Frauen kommt noch der Umstand dazu, dass für die Geltendmachung verschiedener Leistungen das Partnereinkommen auf den Anspruch angerechnet wird. Somit, meine Damen und Herren, geraten Frauen in eine komplette soziale Abhängigkeit.

 

Die SPÖ behauptet, Wien ist die Sozialhauptstadt Europas. Leider hat sich das beim Mietenselbstbehalt nicht erwiesen. Denn 25 EUR mehr oder weniger ist für Mandatare in diesem Haus, für Sie alle und uns alle wahrscheinlich kein Problem, aber für Menschen, die von Armut betroffen sind, sehr wohl.

 

Mein Kollege Bernhard Dworak und ich bringen daher zum wiederholten Male folgende Beschlussanträge betreffend die Rücknahme der erhöhten Mietenselbstbehalte und betreffend die Indexanpassung der Wiener Mietbeihilfe ein.

 

Im Vergleich mit anderen Bevölkerungsgruppen, die ein hohes Armutsrisiko aufweisen, tritt bei Personen mit Behinderung eine hohe manifeste Armut und eine soziale Ausgrenzung auf. Wer mit einer Behinderung wenig finanzielle Möglichkeiten hat, hat auch weniger gesellschaftliche Teilhabemöglichkeit und ist stärker von sozialer Ausgrenzung bedroht und umgekehrt.

 

Die Biographie vieler Menschen mit Behinderung ist geprägt von kurzfristigen Beschäftigungsverhältnissen und langen Phasen der Erwerbslosigkeit. Meine Damen und Herren, Existenzsicherung und aktive Arbeitsmarktpolitik gehören zusammen, und hier sind Sie gefordert.

 

Erstens muss sich die Stadt Wien ihrer Vorbildwirkung bewusst sein und Menschen mit Behinderung beschäftigen. Es kann nicht länger angehen, dass diese im Rahmen von Sonderaktionen beschäftigt werden oder dass die Stadt Ausgleichstaxen aus Steuergeldern bezahlt.

 

Zweitens wird es notwendig sein, dass behinderte Menschen, die im Rahmen einer Beschäftigungstherapie einen Beitrag leisten, Pensionsversicherungszeiten erwerben. Wie alle anderen auch.

 

Daher bringen meine Kollegin Ingrid Korosec und ich einen Antrag betreffend Erwerb von Versicherungszeiten für behinderte Menschen in Beschäftigungstherapie ein.

 

Drittens, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Persönliche Assistenz ist eindeutig die effizienteste Form der Hilfe für behinderte Menschen. Behinderte Menschen werden somit zu ArbeitgeberInnen. Sie können einer Erwerbstätigkeit nachkommen, und Familienangehörige werden entlastet und können ebenfalls erwerbstätig sein. Dieses innovative Modell garantiert mittlerweile in sehr vielen europäischen Ländern als einziges, dass die Hilfe maßgeschneidert bei den Betroffenen ankommt. Hier wünschen wir uns eine Ausweitung auf alle anderen Gruppen von Menschen mit Behinderung, aber auch einen Rechtsanspruch.

 

Die Persönliche Assistenz ist der richtige Schritt in die richtige Richtung, und der nächste Schritt wäre das persönliche Budget. Nach dem Motto „Gemeinsam gestalten, statt Sozialhilfe verwalten" ist das persönliche Budget eine Möglichkeit, Behindertenpolitik völlig neu zu denken. Das Prinzip ist die Abkehr von der Versorgung hin zu einer selbstbestimmten Lebensgestaltung. Das persönliche Budget ist ein Geldbetrag, der einem behinderten Menschen monatlich nach seinem eigenen Bedarf zur Verfügung gestellt wird, und dieses Geld dient behinderten Menschen dazu, ein selbstbestimmtes Leben und eine gleichberechtigte Teilhabe an der Gesellschaft zu realisieren.

 

Meine Kollegin Ingrid Korosec und ich bringen betreffend Realisierung des persönlichen Budgets für Menschen mit Behinderung einen Beschlussantrag ein. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Wir haben schon gehört und ich habe es auch schon thematisiert, wenn wir von behinderten Menschen sprechen, die armutsgefährdet sind, dann sind besonders viele Frauen darunter. Meine Kollegin Barbara Feldmann wird hier noch einige Beispiele bringen und Aspekte ausführen.

 

Behinderte Frauen befinden sich, was die Integration in den Arbeitsmarkt betrifft, überhaupt in einer sehr prekären Situation. Uns liegt eine Studie zur Lebenssituation arbeitsmarktferner Frauen mit Behinderung in Wien vor, die aus dem Jahr 2006 die triste Situation widerspiegelt. So ist etwa, wenn man den Mikrozensus der Statistik Austria im Jahr 2002 heranzieht, nicht nur die körperliche Beeinträchtigung für eine schlechte Integration in den Arbeitsmarkt entscheidend, sondern auch alleine das Geschlecht Frau.

 

In Statistiken über den Bezug von Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe zeigt sich, dass Frausein sogar eine negativere Auswirkung auf den Leistungsbezug hat als eine vorhandene körperliche Beeinträchtigung. Denn Männer mit Behinderung erhalten höhere Beiträge als Frauen ohne Behinderung.

 

Die schlechte Versorgung von Frauen setzt sich auch bei der medizinischen Versorgung behinderter Frauen in dieser Stadt fort. So wissen wir, dass de facto für Betroffene eine freie ÄrztInnenwahl überhaupt nicht möglich ist. Und der Gang in eine Privatordination – das wissen wir alle – ist für behinderte Frauen auch nicht finanzierbar.

 

Ein sehr wesentlicher Punkt in diesem Zusammenhang ist der unumgängliche Ausbau der Bioberatung für behinderte Frauen und Mädchen. Meine Kollegin Ingrid Korosec und ich bringen gemeinsam einen Antrag

 

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