Gemeinderat,
41. Sitzung vom 02.12.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 18 von 26
hat,
worum es geht.
Es
geht um die Kinder in dieser Stadt, und, Kollege Schock, uns ist es
ziemlich egal, welche Kinder in Armut leben. Jedes Kind, das in dieser Stadt von
Armut gefährdet ist oder in Armut lebt, egal, woher es kommt, ist zu viel. Und
dagegen müssen wird uns wehren. (Beifall bei den GRÜNEN.) Zu sagen, die Migration ist schuld,
die MigrantInnen sind schuld, dass Kinder in Armut leben, das ist zynisch und
menschenverachtend und von unserer Seite zurückzuweisen. (Beifall bei den
GRÜNEN.)
Die ÖVP ist – leider, muss ich sagen, denn es gibt
eine Vielzahl von Anträgen, die sie einbringen werden, denen wir auch zustimmen
werden, bis auf einen – offensichtlich hier verzweifelt bemüht gewesen, das
Thema Armut wegzudiskutieren, den Nikolaus aufzubieten und ein Thema hier mit
hereinzubringen, das völlig deplatziert ist. Denn erstens, Kollege Aigner, der
Vorabend des Nikolaus ist der 5. Dezember und nicht der 2. Dezember,
den wir heute haben. Offensichtlich fällt Ihnen nichts weiter dazu ein, als die
Debatte um den Nikolaus, die völlig entbehrliche Debatte über den Nikolaus,
über das angebliche Nikolaus-Verbot in den Kindergärten. (GR Dr Wolfgang
Aigner: Nicht angeblich!)
Ich möchte zurückkommen zu dem Thema, zu dem wir
heute eine Sitzung beantragt haben, nämlich die Armut in Wien, die Kinderarmut
in dieser Stadt. Wenn wir uns ansehen, dass es nach wie vor keine Zahlen zur Kinderarmut,
zur Armutssituation von Familien in dieser Stadt gibt, so muss ich sagen, dass
ich nicht verstehen kann, warum es nicht schon längst einen
Kinderarmutsbericht, einen Armutsbericht gibt, warum sich die SPÖ seit Jahren
weigert, diese Zahlen auf den Tisch zu legen. Kollege Ellensohn hat schon
angeführt, dass es jetzt wieder nicht so ist, dass die Chance wieder nicht
genutzt wird, hier wirklich Zahlen hinzulegen und sich anzuschauen, was man
tatsächlich machen kann, um die Armut in dieser Stadt zu bekämpfen.
Armut hängt ganz, ganz stark mit der Wohnsituation
zusammen. Die Wohnungssituation und die Armutsgefährdung sind eng verknüpft,
denn das Wohnen – das gilt auch für Kinder, denn jeder von uns weiß, wie
wichtig das Wohnen für die Kinder ist und auch für alle Menschen – beeinflusst
das Leben, es beeinflusst das Gefühl der Geborgenheit und der Sicherheit. Wenn
es in diesem Bereich eklatante Mängel gibt, so müssen wir uns fragen, was hier
schief gelaufen ist.
Wenn wir uns die Zahlen anschauen, so muss man
feststellen, dass offensichtlich im Sinne der Wohnungspolitik hier doch einiges
schief läuft, denn ein Viertel der armutsgefährdeten Kinder und Jugendlichen
unter 19 Jahren sind von Wohnmängeln betroffen. Das sind schimmlige
Wohnungen, das sind feuchte Wohnungen, das sind Wohnungen, wo es kalt ist,
zugig ist, die nicht zu beheizen sind. Jedes dritte armutsgefährdete Kind lebt
in einer Wohnung, die Ausstattungsmängel hat. Es gibt kein Bad, es gibt das Klo
am Gang und so weiter und so fort.
Armutsgefährdete Haushalte, in denen Kinder leben,
sind viel häufiger als andere Haushalte von Wohnungsumgebungsmängeln betroffen.
Das heißt, es gibt Lärm, es gibt Kriminalität in der Umgebung. Armutsgefährdete
Kinder leben viel häufiger als andere Kinder in kleinen Wohnung, manchmal auch
nicht mit eigenen Betten oder gar eigenen Zimmern.
Armutsgefährdete Familien geben eklatant mehr Geld
aus für ihre Wohnungskosten als andere Familien. Mehr als zwei Drittel der
Ein-Eltern-Familien, nämlich die AlleinerzieherInnen mit armutsgefährdeten
Kindern, geben 25 Prozent des Einkommens für ihre Wohnkosten aus.
Hier haben wir wirklich Bedarf, etwas zu unternehmen.
Wenn Sie sich dann herausstellen und sagen, Sie machen ohnehin alles, und wir
sollen hier keine Einzelbeispiele bringen, denn die kann man nicht überprüfen –
es wurde uns ja quasi unterstellt, wir hätten uns diese Beispiele aus den
Fingern gesogen –, so kann ich nur sagen: Gehen Sie doch bitte einmal in die
Schulen, gehen Sie in die Kindergärten, sprechen Sie mit den
KindergartenpädagogInnen und mit den LehrerInnen, mit welchen Situationen die
konfrontiert sind!
Es stimmt – das hat die Kollegin Matiasek schon
ausgeführt –, dass PädagogInnen, egal, ob im Kindergarten oder auch in der
Schule, täglich vor der Herausforderung stehen, tagein, tagaus damit
konfrontiert zu sein, dass die Kinder gerade jetzt im Winter zum Beispiel keine
Winterschuhe anhaben. Wenn darauf hingewiesen wird, dass man doch bitte den
Kindern die Winterschuhe anziehen solle, weil es jetzt wieder kalt ist oder,
wie es letzte Woche war, Schnee liegt, so kriegt man dann zur Antwort: Wir
können uns keine Schuhe leisten. Wenn das überhaupt die Antwort ist, denn sehr
oft – und das ist auch schon gesagt worden – wird das einfach nicht gesagt,
weil es nach wie vor ein Tabu ist, eine Schande ist, Armut zuzugeben. Wobei
diese Menschen nichts dafür können, dass sie in dieser Situation leben.
Und was macht die Stadt Wien? Es werden die Gaspreise
erhöht, es werden die Müll- und Wassergebühren erhöht, die Kanalgebühren
erhöht. All das haben wir schon hinreichend diskutiert.
Ich möchte deswegen gemeinsam mit der Kollegin
Vassilakou und Susanne Jerusalem einen Antrag einbringen, dass der Gemeinderat
die Wiener Stadtregierung auffordert, ein Maßnahmenpaket gegen die
Armutsgefährdung mit folgenden Eckpunkten zu schnüren:
1. Keine Erhöhung der Mieten im Gemeindebau im Jahr
2009.
2. Keine Erhöhung der Gebühren für Kanal, Müllabfuhr
und Wasser im Jahr 2009 und die Abschaffung der automatischen Valorisierung.
3. Kostenlose Ganztagskinderbetreuung ab dem
3. Lebensjahr.
4. Sofortige Rücknahme der Strom- und
Gaspreiserhöhung bei Wien Energie.
Ich beantrage die sofortige Abstimmung dieses
Antrages.
Sie hätten es in der Hand, hier
wirklich gegenzusteuern. Sie hätten es in der Hand, Menschen und Kindern in
dieser Stadt wieder das Gefühl zu geben, dass sie sich
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