Gemeinderat,
39. Sitzung vom 25.11.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 84 von 106
In wesentlichen Bereichen gibt es sogar weniger Geld als im Jahr 2007, das wir nun als Maßstab hernehmen, weil, wie gesagt, damals genauso viel in die Wiener Kultur investiert wurde. Forschung und Wissenschaft: weniger vorgesehen, als 2007 ausgegeben. Altstadterhaltung: weniger Geld zur Verfügung als 2007, zumindest nach dem Voranschlag. Die Förderung bildender Künste zeigt das gleiche Bild. Diese 13 Millionen EUR mehr - ich erspare mir jetzt, Ihnen vorzurechnen, dass das durch die Inflation wahrscheinlich netto sogar weniger ist - sind nicht mehr als eine Luftnummer, wie ich gesagt habe, und außerdem ein Viertel dessen, was die Frau Vizebürgermeisterin für die Gestaltung des Prater-Vorplatzes braucht. Wir haben das zuerst gehört und gesehen, wie wenig erfreut sie ist, wenn man die berechtigte Kritik des Kontrollamts hier wiederholt.
Es zeigen sich aber schwere Strukturprobleme des
Budgets, auch das wurde schon angesprochen, es gehen nämlich ungefähr
40 Prozent des Kulturbudgets in die großen Tanker Festwochen, Symphoniker,
Vereinigte Bühnen Wien, Volkstheater. Das wurde auch schon von meinem Kollegen
gesagt. Hier liegt, auch das wurde gesagt, doch einiges an Problemen. Wenn ich
nur die Frage des Konzepts der Symphoniker aufgreife, so kann man vielleicht
darauf warten, bis ein neuer Präsident der Symphoniker die Versprechen einlösen
wird, hier Konzepte vorzulegen. Man hört die immer dichter werdenden Stimmen,
dass der ehemalige Finanzstadtrat Sepp Rieder dieses Amt übernehmen wird. Wenn
dem so sein soll, dann gibt es vielleicht mehr oder weniger Geld für die
Symphoniker. Wir werden das sehen.
Vom überschaubaren Erfolg im Ronacher, wo die
derzeitige Produktion zirka 20 000 EUR Verlust pro Woche produziert,
wurde auch schon gesprochen. Es ist unverständlich, dass eine Sparte, die
überall auf der Welt Geld bringt, in Wien nicht funktioniert und trotz hoher
Subventionen weitere Verluste produziert.
Nächster Punkt, und das ist ein besonders
wesentlicher Punkt, wie ich meine, ist die soziale Lage der Künstlerinnen und
Künstler, nicht nur in Österreich, sondern in Wien. Die Studie hat
Kulturministerin Claudia Schmied, eine der Mehrheitsfraktion wahrscheinlich
nicht unbekannte Dame, gemacht. Darin zeigt sich, wie trist die Situation für
Künstlerinnen und Künstler in Wien ist. Es kann also irgendetwas mit der
Förderung nicht so ganz funktionieren. Es leben nämlich 44 Prozent der
befragten Künstler in Wien und sie beziehen aus künstlerischer Tätigkeit ein
Honorar von 500 EUR pro Monat, wenn es Frauen sind, und zirka 800 EUR
netto pro Monat, wenn es sich um Männer handelt. Das sind Zahlen, die von einer
ganz anderen Seite her ihre dauernden selbstlobenden kulturpolitischen Äußerungen
problematisieren. Junge Frauen - jung wird hier definiert bis 35 Jahre -
verdienen aus künstlerischer Tätigkeit 3 300 EUR netto pro Jahr und
bei jungen Männern - gleichfalls bis 35 - sind es 3 700 EUR pro Jahr.
Ich meine, Herr Stadtrat, hier hätten Sie Handlungsbedarf, hier ist etwas zu
tun, zumal die Studie nicht von irgendwelchen Klassenfeinden, sondern von einer
Parteifreundin gemacht wurde!
Manche in Wien - auch das wurde angesprochen - haben
es besser. Das stellt das Kontrollamt im Fall des Vereines Domus fest - auch
der wurde schon angesprochen -, wo hohe Gagen gezahlt und Insichgeschäfte
gemacht werden. Das Wesentliche ist, dass das alles System hat. Es gibt
Förderungen außerhalb der Empfehlungen für die Theaterjury. Es gibt
Subventionen, die laut Beschlüssen des Gemeinderats ausgezahlt werden. Dann
gibt es Förderungen aus den Rahmenbeträgen, wo die Opposition und auch die
eigene Fraktion nicht erfahren, dass noch einmal gefördert wird. Und dann wird
von Sponsoren, die ihnen nicht ganz fern stehen, nämlich von Kommunalbetrieben,
auch noch einmal gefördert. Selbst das Kontrollamt sagt, dass hier
intransparent vorgegangen wird, dass hier, man könnte es auch anders sagen,
diejenigen, die darüber entscheiden sollen, nämlich die Gemeinderätinnen und
Gemeinderäte, nicht klar und deutlich informiert werden. Das ist keine
Transparenz und das ist abzulehnen!
Es gibt auch keine Kontrolle der Subventionen. Auch
das wurde gesagt und dem ist nichts hinzuzufügen. Würde nämlich kontrolliert
werden, würde genau nachgesehen werden, was mit den Subventionsmitteln
tatsächlich geschieht. Dann wären diese Dinge, die das Kontrollamt immer wieder
aufdeckt, nicht möglich! (Beifall bei der ÖVP.)
Nehmen wir ein anderes Beispiel, die „Netzzeit“. Hier
finanziert die Gemeinde Wien mit 1,6 Millionen EUR einen Verein in
den Jahren 2005 bis 2009, einen Verein, der gesetzwidrige Statuten aus 1984
hat, die bis 2006 nach dem geänderten Vereinsgesetz hätten angepasst werden
müssen, was nicht geschehen ist, wo keine Wahl von RechnungsprüferInnen
nachweisbar ist, wo Obmann und Kassier - im Übrigen eng familiär verbunden, wie
das Kontrollamt sagt; man kann auch sagen, ein Ehepaar - Insichgeschäfte
machen, wo 180 000 EUR Pauschalhonorare ohne schriftliche Verträge gezahlt
werden, wo Krankenkassenbeiträge nicht bezahlt werden und wo es
Doppelverrechnungen im Fall von Koproduktionen gibt, wo der ausländische
Koproduzent Honorare zahlt, wo der inländische subventionierte Verein Honorare
zahlt, das alles an Personen, die außerdem beim Verein noch angestellt sind.
Wenn Sie das alles in Schutz nehmen, meine Damen und Herren von der
Mehrheitsfraktion, dann ist Ihnen nicht zu helfen! (Beifall bei der ÖVP.)
Warum gibt es keine Kontrolle der verwendeten Mittel?
Warum legen Sie nicht endlich Wert darauf, dass hier begleitend kontrolliert
wird und das Geld, das zur Verfügung gestellt wird - glücklicherweise ist es
viel Geld für die Wiener Kultur - tatsächlich denjenigen zukommt, die es
brauchen und die Kunstschaffende sind. Ich habe Ihnen über die triste soziale
Lage der Künstlerinnen und Künstler und Kunst- und Kulturschaffenden in Wien
die entsprechende Studie bereits vorgelegt.
Es fehlt bei diesem Budget wie
immer jegliche Klarheit und jegliche Budgetwahrheit. Wir werden auch beim
Budget 2009 damit konfrontiert sein, dass Zahlen beschlossen werden, die sich
im Laufe des Jahres als völlig unrichtig herausstellen und es wird wieder die
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