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Gemeinderat, 39. Sitzung vom 25.11.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 40 von 106

 

und Beratung zu machen. Der Auftrag lautet: Quantität, Statistiken füllen! Und so kommt es dann eben vor, dass man uns in den Gremien sagt: Es hat in dem Sozialamt 1 000 Erstgespräche gegeben, bei 800 davon konnten wir helfen. - Wenn Sie heraußen mit den Menschen reden, dann sagen sie: Ja, wir sind weiterverwiesen worden an andere Sozialeinrichtungen. - Das ist dann die „Hilfe". So, glaube ich, darf und kann man Sozialpolitik nicht machen.

 

Ich bringe heute zwei Anträge ein, und ich hoffe, Sie werden diesen Anträgen zustimmen, denn sie werden dazu dienen, politische Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, dass sich weniger Menschen in Wien im Stich gelassen fühlen.

 

Mein erster Antrag betrifft die Entwicklung eines Kriterienkatalogs für einheitliche Qualitätsstandards an Jugendämtern unter besonderer Berücksichtigung substituierter und suchtkranker Mütter. Ich habe schon bei der letzten Sitzung, als der Herr Patientenanwalt anwesend war, ein Fallbeispiel gebracht, das sehr deutlich gezeigt hat, dass das Fehlen einheitlicher Qualitätsstandards an Jugendämtern es sehr schwierig macht, befriedigende und vor allem Wien-weit einheitliche Lösungen für alle Betroffenen zu erreichen.

 

Die Fälle häufen sich, ich möchte aber heute noch einmal auf dieses Fallbeispiel näher eingehen: Die substituierte Mutter - ich nenne sie Frau M - wurde schwanger. Die Betreuung durch ein Jugendamt war sehr gut. Im siebenten Monat der Schwangerschaft bekommt sie eine Gemeindewohnung in einem anderen Bezirk; der Akt wird an den neuen Bezirk übergeben. Nur: In diesem Bezirk ist ihr die Sozialarbeiterin nicht so wohlgesinnt. (GRin Mag (FH) Tanja Wehsely: Ist das der Fall vom letzten Mal?) - Ja, das ist dieser Fall, den ich Ihnen gerne noch einmal in Erinnerung bringe. Das Kind wurde nach der Geburt in das Preyer´sche Spital überstellt, und dort wurde der Frau das Sorgerecht entzogen.

 

Als das Kind zu Pflegeeltern kam, hat die Mutter Rekurs beim Bezirksgericht eingereicht. Und seither kämpft diese Frau seit 10 Monaten um ihr Kind. Die Richterin bestätigt der Mutter eine Stabilität und meint, wenn die Frau einen Platz in einem Mutter-Kind-Heim bekäme, würde sie das Kind bekommen. Ich habe mich beim Fonds Soziales Wien erkundigt, welche Möglichkeit es für einen Platz in einem Mutter-Kind-Heim gibt, und man hat mir - und ich betone es: ich bin überzeugt, zu Recht – gesagt: Wenn eine Mutter eine Gemeindewohnung hat, gibt es andere Möglichkeiten, dieser Mutter zu helfen; es gibt keinen Grund, sie in ein Mutter-Kind-Heim zu überstellen. – Nur: Auch diese Möglichkeiten wurden nicht wahrgenommen.

 

Es gibt für die Jugendämter ein Handbuch für Leitlinien und Grundsätze, und darin lesen wir unter anderem: „Die Zusammenarbeit mit anderen Organisationen und ExpertInnen ist ein wesentlicher Bestandteil unserer Arbeit. Gegenseitige Akzeptanz und konstruktive Kritik sind uns wichtig."

 

Im Falle von Frau M wäre eine Möglichkeit gewesen, das Kind in das Wilhelminenspital zur Beobachtung zu geben. Auch über eine Unterstützung durch die von der Caritas betriebenen FaHis wurde nichts angeboten. Es sind viele Versäumnisse passiert, und deshalb geht es mir ganz fest darum, an diesen Kriterien - vielleicht mit Ihnen gemeinsam - zu arbeiten.

 

Ich las nun am Samstag im „Standard" Folgendes: „Herausforderung Pflegefamilie" - ein Inserat, das von der MA 11 bezahlt wird und in dem es heißt: „Unterstützung der Pflegefamilien: Pflegeeltern werden seitens der MAG ELF, dem Amt für Jugend und Familie, mit einem großen Angebot unterstützt, wie Beratung, Betreuung und Begleitung und kostenlose Weiterbildung in Kursen und Seminaren. Durch laufende Supervision, Kontrolle und gemeinsame Verantwortung wird sichergestellt, dass es in der Pflegefamilie für alle Beteiligten gut läuft."

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich freue mich, wenn etwas für Pflegeeltern getan wird, aber, bitte, warum tut man dasselbe nicht für Mütter? Mir kommt das so vor, als wäre man bei den Jugendämtern der Überzeugung, Pflegefamilien sind immer besser als die eigenen Mütter. (GRin Mag (FH) Tanja Wehsely: Bitte! Das ist doch ...!) Das kann es wohl nicht sein. Also: Bieten Sie den Müttern diese Unterstützungen an, die Sie den Pflegefamilien anbieten!

 

Frau Gemeinderätin, Sie scheint dieser Fall nicht zu berühren. Ich sage Ihnen ehrlich, mich berührt das sehr. Gestern hat mich diese Mutter angerufen. Sie hat gesagt, alle sechs Wochen darf sie ihr Kind eine Stunde lang sehen, und dafür muss sie nach St Pölten fahren. Sie hat geweint und hat gesagt, ich weiß nicht, wie lange ich noch die Kraft habe. - Also rufen Sie bitte nicht dazwischen, sondern hören Sie mir zu und seien Sie bereit, auch daran mitzuarbeiten, dass wir Kriterien bekommen, Qualitätskriterien für Jugendämter, damit solche Fälle in Wien nicht mehr vorkommen! (Beifall von Gemeinderätinnen und Gemeinderäten der GRÜNEN und der FPÖ sowie bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ. – GR Mag Wolfgang Jung, in Richtung SPÖ: Kommen Sie heraus und erklären Sie es!) Ja, genau. Ich stelle folgenden Beschlussantrag:

 

„Frau Amtsf StRin Wehsely und Frau VBgmin Laska werden aufgefordert, gemeinsam mit der Wiener Drogenkoordination ein Konzept für einheitliche Qualitätsstandards für Jugendämter zu erarbeiten. Diese Qualitätsstandards sollen insbesondere auf die Lage substituierter und suchtkranker Mütter Rücksicht nehmen. Das erarbeitete Konzept für einheitliche Qualitätsstandards für Jugendämter ist dem Wiener Gemeinderat bis Mitte des Jahres 2009 vorzulegen und anschließend raschestmöglich umzusetzen.

 

In formeller Hinsicht beantrage ich die sofortige Abstimmung dieses Antrags."

 

Mein zweiter Antrag betrifft ein Konjunkturpaket für sozialökonomische Projekte. Wir haben gestern in der Budgetrede gehört, es wird ein Konjunkturpaket für die Wirtschaft geben. - Sehr gut! Aber es gibt in unserer Gesellschaft Menschen, die einen Arbeitsplatz brauchen, in dem sie nicht permanent einem Leistungsdruck ausgesetzt sind, einen Arbeitsplatz, in dem man ihnen hilft,

 

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