Gemeinderat,
39. Sitzung vom 25.11.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 33 von 106
man dem nicht Rechnung trägt.
Nächstes Beispiel: Adipositasprävention für Kinder
und Jugendliche. Hier gibt es kein einheitliches Konzept, obwohl Studien
belegen, dass gerade in Wien besonders viele Kinder und Jugendliche zu dick
sind: 23 Prozent! Da gibt es große psychische Folgen, aber natürlich auch
hohe Folgekosten; ich denke nur an Diabetes. Man weiß es, aber man tut da
nichts.
Oder: Entlassungsmanagement. Der KAV startete erst zu
einem Zeitpunkt, als dies in den Ordensspitälern längst etabliert war. (GRin
Dr Claudia Laschan: Die Ordensspitäler sind als Beispiel ungeeignet!)
Weil heute Frau Kollegin Pilz das Beispiel von
Spanien gebracht hat, was ich durchaus nachvollziehen kann - es haben sicher
auch Lainz und die Untersuchungskommission dazu beigetragen, dass sich hier
Gott sei Dank vieles zum Positiven verändert hat -, muss ich Ihnen da aber
schon sagen, gerade in den Spitälern - ich denke zum Beispiel ans KFJ in der
Urologie - gibt es nach wie vor Sechs-Bett-Zimmer, zwei WCs für
30 Patienten, und ein Sanierungskonzept fehlt.
Oder: Eine Mitarbeiterin war vor einigen Wochen im
Krankenhaus Hietzing, Pavillon 9, Neurologische Abteilung. Sie war
untergebracht in einem Sieben-Bett-Zimmer - allerdings belegt mit
8 Personen. Ein Sieben-Bett-Zimmer, belegt mit 8 Personen! Ein WC für
30 Personen, ein Badezimmer, das zugleich Rumpelkammer war. Sie hat
gemeint, der Geruch war unerträglich, das Personal auf Grund der Umstände
demotiviert.
Frau Stadträtin! Das ist ein Tatsachenbericht. Aber
wir hören auf der anderen Seite immer Jubelmeldungen, und wir hören: Es kommt
ja das Krankenhaus Nord, wie toll wird das alles sein! Frau Stadträtin,
Patientinnen und Patienten, die heute einen Spitalsaufenthalt benötigen, haben
nichts davon, dass hoffentlich - hoffentlich! - im Jahr 2013, 2014 ein funktionierendes
Krankenhaus im Floridsdorf eröffnet werden wird.
Damit komme ich gleich zum Krankenhaus Nord, das ist
ja auch eine unendliche Geschichte. Die Frau Vizebürgermeisterin und damalige
Gesundheitsstadträtin Brauner hat im Feber 2005 in Rust ihr Spitalskonzept
präsentiert: 800 Betten, 300 Millionen EUR, erste Etappe der
Eröffnung 2010. Inzwischen sind drei oder dreieinhalb Jahre ins Land gezogen,
der Zuschlag wurde erteilt, die geplante Bettenanzahl hat sich von 800 auf 850
erhöht. Allerdings haben sich die Kosten von 300 Millionen auf 605
Millionen EUR erhöht, also mehr als verdoppelt! Das muss man sich schon
einmal auf der Zunge zergehen lassen, und da frage ich auch wieder: Wie wird
hier geplant? Wer ist hier am Werk?
Ich kann Ihnen sagen, Frau Stadträtin, um
305 Millionen könnte man 1 200 Personen der Pflegestufe 5 für
5 Jahre den Aufenthalt in einer Demenz-WG bezahlen. 305 Millionen! Ich
kann Ihnen heute schon garantieren, dass, wenn das Krankenhaus eröffnet wird -
ob tatsächlich 2013/2014, werden wir sehen, ich hoffe, es bleibt dabei -, zu
diesen 605 Millionen wahrscheinlich noch einmal 200 bis 300 Millionen
dazukommen werden. Das ist sicher nicht die Planung, die man sich vorstellt,
die effizient ist, die wirtschaftlich ist.
Wenn ich beim Krankenhaus Nord bin, dann fällt mir
natürlich sofort ein: Wie ist die Verkehrsanbindung? Ist sie zufriedenstellend
gelöst? Wir glauben: nein! Daher bringe ich einen Antrag ein. Wir glauben, dass
eine Verlängerung der U6 zum Krankenhaus Nord wichtig und patientenfreundlich
wäre. Daher bringen meine Kollegen Mag Gerstl, Dr Aichinger und ich
einen Beschlussantrag ein:
„Der Bürgermeister und die amtsführende Stadträtin
für Finanzen, Wirtschaftspolitik und Wiener Stadtwerke werden aufgefordert, umgehend
die Verlängerung der U6 zum neu entstehenden Krankenhaus Nord einzuleiten,
damit diese zeitgleich mit dem neuen Krankenhaus zur Verfügung steht.
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Herrn
Bürgermeister und so weiter verlangt.“ (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzender GR Günther Reiter (unterbrechend):
Frau Kollegin, ich darf nur kurz unterbrechen. Ich gehe recht in der Annahme,
dass nach Absprache der Klubobmänner bei diesem Antrag auch die SPÖ mitgeht,
ja?
Nur zur Information des Gemeinderates: Das ist ein
gemeinsamer Antrag der ÖVP und der SPÖ. - Bitte.
GRin Ingrid Korosec (fortsetzend):
Umso besser. - Zusammenfassend zum KAV: Frau Stadträtin, ich frage Sie, gibt es
Zielvereinbarungen für das Management des KAV? Wenn ja, wurden Konsequenzen bei
Nichterreichung dieser Zielvorgabe festgesetzt? Gibt es eine Zielvereinbarung
mit dem KAV, die Marktanteile, gemessen in LKF-Punkten, wieder zu erhöhen?
Wurden Konsequenzen bei Nichteinhalten dieser Ziele vereinbart? Und wie sehen
die Konsequenzen im Detail aus?
Frau Stadträtin! Das sind einige Schlaglichter, die
aufzeigen, dass es mehr als Handlungsbedarf gibt, um wirklich von
Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit sprechen zu können. Eines darf man ja auch
nicht vergessen: Schließlich geht es bei allem um Steuergelder der Wienerinnen
und Wiener, und damit sollte man wirklich sorgsam umgehen.
Jetzt komme ich noch einmal auf Sparsamkeit und
Wirtschaftlichkeit zu sprechen. 2004 gab es eine IHS-Studie über
Ordensspitäler, in der festgestellt wurde, dass man 190 Millionen
einsparen könnte, wenn man so effizient wie die Ordensspitäler arbeiten würde.
2008 ... (GRin Dr Claudia Laschan: Ja, die arbeiten effizient im
Sinn von ...! Das geht aus der Studie hervor! Reden Sie einmal mit den
Spitälern!) Schauen Sie, ich möchte etwas Positives sagen! Frau Kollegin,
jetzt möchte ich einmal etwas Positives sagen, und Sie schreien heraus. Hören
Sie mir doch einmal zu! (Beifall bei der ÖVP.)
2008 hat es wieder eine Studie gegeben, in der auch
festgestellt wurde, dass die Ordensspitäler um 10 bis 12 Prozent besser
abschneiden. Frau Stadträtin, ich bin wirklich sehr positiv davon überrascht,
dass diese Studie auch von Ihnen ernst genommen wurde. Denn die finanzielle
Vereinbarung, an der wir immer kritisiert haben, dass sie zu niedrig ist, wurde
für die Jahre 2009 und 2010 von Ihnen erhöht.
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