Gemeinderat,
39. Sitzung vom 24.11.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 11 von 130
uns hier ein Budget mit einem positiven Saldo vor. Wissen Sie, was das bedeutet? Experten nennen das eine restriktive Wirkung, wenn Sie einen positiven Saldo vorlegen, und dieser Maastricht-Überschuss, den Sie hier budgetiert haben, der – das sagen uns ja die Experten – entzieht genau der Wirtschaft Geld, der entzieht dem Wirtschaftkreislauf Mittel.
Frau Stadträtin, Sie haben sich zwar bei den Kammern,
auch bei der Landwirtschaftskammer, bedankt für die Mitarbeit an diesem Paket,
aber auf die Experten haben Sie nicht gehört. Denn die Experten sagen ja, dass
wir jetzt etwa die private Nachfrage stärken müssen durch Tarifsenkungen, durch
Steuersenkungen. Davon ist nichts merkbar. Dafür kommt der Herr Deutsch, Ihr
neuer Parteisekretär, und plakatiert in ganz Wien eine Kampagne gegen die
Angst. Sie wollen den Menschen die Angst nehmen, aber Sie legen gleichzeitig
ein Budget vor, das die Impulse eigentlich vermissen lässt.
Frau Stadträtin, ich meine, Sie haben Ihr eigenes
Budget vor Ihrer Rede nicht wirklich gelesen. Lassen Sie mich das nur an Hand
von zwei Beispielen hier festmachen. Der erste Punkt ist die
Wirtschaftsförderung. Da haben Sie sich gerühmt, dass Sie die
Wirtschaftsförderung stark ausweiten. Wenn man sich anschaut, was das ist, so
haben Sie ein Grundstück gekauft, Frau Stadträtin. Sie haben den Schafflerhof
im 22. Bezirk um 20 Millionen EUR gekauft, haben das bei der
Wirtschaftsförderung budgetiert und kommen dann hierher und wollen uns
weismachen, dass das Geld für die Klein- und Mittelbetriebe ist. Aber das Geld
für die Klein- und Mittelbetriebe wird, wenn man sich das anschaut, überhaupt
nicht ausgeweitet in Ihrem Budget, Frau Stadträtin.
Und noch ein zweites Beispiel. Sie haben gemeint, Sie
werden Schulden machen im nächsten Jahr, um die Wirtschaft anzukurbeln. Ja,
auch das ist ein Irrtum, Frau Stadträtin. Sie haben keine Schuldenaufnahmen
budgetiert. Ja, die Schulden werden vielleicht steigen, weil Sie
Spekulationsverluste gemacht haben, weil Sie sich verspekuliert haben beim
Cross Border Leasing, bei der Fremdwährungsverschuldung in Schweizer Franken,
durch Währungsspekulationen. Darum werden vielleicht unsere Schulden steigen,
aber nicht, weil Sie hier auch nur einen einzigen Cent am Kreditmarkt aufnehmen
und wirklich in die Wirtschaft pumpen. Sie haben hier keinen einzigen Cent
veranschlagt, Frau Stadträtin, den sie tatsächlich am Kreditmarkt aufnehmen und
in die Wirtschaft pumpen, und ich meine daher, Sie haben, Frau Stadträtin, Ihr
eigenes Budget vor Ihrer Rede wirklich nicht gelesen.
Wenn Sie schon auf uns nicht hören, Frau Stadträtin,
dann hören Sie doch auf die Experten, auf die Wirtschaftsforscher und legen Sie
uns endlich ein echtes Konjunkturpaket vor. (Beifall bei der FPÖ.)
Unsere Vorschläge liegen längst auf dem Tisch. Wir
wollen Gas geben beim Schulsanierungsprogramm. Wir wollen die Bezirksbudgets
aufstocken – das ist überfällig –, und zwar um 30 Prozent im nächsten
Jahr. Wir wollen den U-Bahn-Bau beschleunigen, den Beginn bei der U1 vorziehen
auf 2009. Wir wollen in den Spitälern eine Investitionsoffensive und eine
Sanierungsoffensive im Wohnungsbereich. Wir wollen auch ein
Sonderwohnbauprogramm, weil die Stadt ja seit acht Jahren mittlerweile, seit
dem Jahr 2000, keine kommunalen Wohnungen mehr errichtet, und wir wollen auch,
dass wieder 5 000 neue Gemeindewohnungen pro Jahr errichtet werden. Wir
wollen ein Haftungspaket des Wiener Wirtschaftsförderungsfonds für die Klein-
und Mittelbetriebe, wofür Sie eben kein zusätzliches Geld veranschlagt haben.
Wir wollen einen Mittelstandfonds schaffen, der Eigenkapital zur Verfügung
stellt. Wir wollen daher wirklich für all das die Wirtschaftsförderung im
nächsten Jahr verdoppeln.
Wir wollen aber auch, Frau Stadträtin, die nach dem
Valorisierungsgesetz erfolgenden Gebührenerhöhungen per 1. Jänner
aussetzen. Wir wollen den Heizkostenzuschuss, für den Sie sich so gerühmt
haben, auf 600 EUR im Jahr pro Heizsaison erhöhen. Das wäre eine wirkliche
Hilfe. Und wir wollen vor allem, dass Sie diese exorbitanten Erhöhungen wieder
zurücknehmen. Wir wollen, dass Sie die Preise für Strom um 10 Prozent und
für Gas um 25 Prozent ab 1. Jänner senken.
Aber, Frau Stadträtin, was machen Sie? Sie belasten
in Wirklichkeit die Haushalte. Sie entziehen damit private Nachfrage. Sie
machen das Gegenteil. Schauen wir uns das an, rechnen wir das zusammen, was in
den letzten Jahren hier an Belastungen beschlossen worden ist. Das sind für
eine Wiener Familie 800 EUR pro Jahr alleine beim Wohnen, und wenn man
alles zusammenrechnet, dann kommt man auf eine monatliche Belastung von
89 EUR.
Frau Stadträtin! 89 EUR im Monat zusätzlich
durch die Belastungen allein der letzten drei Jahre! Und dann trauen Sie sich
noch in ganz Wien zu plakatieren: „Wir lassen Sie nicht allein." Ja, Frau
Stadträtin, meine Damen und Herren, Sie wissen, dass das nicht stimmt, und die
Menschen spüren, dass hier das Gegenteil der Fall ist. Sie haben gerade die
sozial Schwächsten im Stich gelassen. Sie haben gerade die Ärmsten in dieser
Stadt alleingelassen, und ich sage Ihnen daher heute schon: Die Wähler werden
dafür Sie bei der Wiener Wahl im Stich lassen, die Wähler werden Sie
alleinlassen, Frau Stadträtin! (Beifall bei der FPÖ.)
Meine Damen und Herren von der SPÖ! Frau Stadträtin!
Sie haben die Jugendpolitik angesprochen. Wir haben da auch eine ganz besondere
Verantwortung seit diesem letzten Wahlergebnis, weil die Jugend ja diesmal
überwiegend freiheitlich gewählt hat.
Die Jungen haben freiheitlich gewählt, weil sie ganz
besondere Hoffnungen in uns setzen und wir werden daher die Jugendpolitik zum
Thema machen. Wir werden in dieser Debatte auch viele, viele Anträge
einbringen, denn diese Finanzkrise wird ja alle Menschen treffen vom Kleinkind
bis zum Greis, vor allem aber die jungen Menschen natürlich, jene, die keine
ausreichende Bildung haben, die keine Lehrstelle mehr finden werden. Und es
wird das auch dazu führen, dass die Gewaltexzesse, die in dieser Stadt ja jetzt
bereits explodieren, noch schlimmer werden.
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