Gemeinderat,
38. Sitzung vom 30.10.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 27 von 106
So betrachtet waren hier in diesem Haus viele
Diskussionen, die wir geführt haben, auch geprägt von den Fragen, wie wichtig
sind uns politische Werte wie Autonomie, Militarisierung und die Förderung
eines eigenständigen und selbstbestimmten Lebens. Die ÖVP steht in der Bildung
für Vielfalt, soziale Gerechtigkeit und Leistung, steht für Kompetenz, für
Verantwortung für sich und Mitverantwortung für die Gesellschaft.
Reformvorhaben, die auf diesen Werten beruhen, lassen sich auch künftig
gemeinsam umsetzen, unabhängig von anzustrebenden neuen Mehrheitsverhältnissen.
Reformen, die die Einzigartigkeit und die Würde des Einzelnen achten und
respektieren, werden immer unsere Zustimmung finden. Reformen aber, die die
Rechte und Wahlmöglichkeiten des Individuums missachten und diejenigen des
Kollektivs zum obersten Gesellschaftsprinzip erheben, werden wir auch künftig
besonders kritisch gegenüberstehen. (Beifall bei der ÖVP.)
Eine neue Schule verdient dann den Namen neu, wenn
auch die kritischen Sichtweisen der Schulpartner in die Entwicklung einfließen
dürfen. Die bestehenden Modelle und bisherigen Schulversuche im Rahmen der
Kooperativen Mittelschule wurden bis heute nicht systematisch wissenschaftlich
aus der Perspektive aller ausgewertet und evaluiert. Das bedaure ich, (Beifall
bei der ÖVP.) denn Koalitionsvereinbarungen beruhen auf dem Vertrauen, dass
das, was vereinbart wurde, auch am Tag nach der Unterzeichnung des
Koalitionsübereinkommens noch gilt. Neue Namensbezeichnungen für alte Hüte
lassen sich mit noch so vielen Werbemillionen nicht als neues Zukunftsmodell
vermarkten. Waschmittelwerbung ist für das höchste gesellschaftliche Gut, die
Bildung unserer Kinder und Jugendlichen, nicht zu gebrauchen. Eine Millionen
für die Werbung und Verpackung der neuen Mittelschule auszugeben, statt für die
konkreten Verbesserungen im Schulalltag ist aus unserer Sicht verantwortungslos
und eher ein Fall für das Kontrollamt als für ein Wien mit Zukunft.
Wir sind uns alle, über alle Parteigrenzen hinweg,
einig, dass Wien eine wunderschöne Stadt ist. Dieses Potenzial Wiens haben wir
dem verantwortungsvollen und weitsichtigen Handeln vieler vergangener
Generationen zu verdanken. Ein Wien mit Zukunft muss sich kritisch fragen, ob
jede Generation genug für nachhaltige Zukunftssicherung hinterlässt.
Tagespolitik kann langfristige Planung und Verantwortung für die nächsten
Generationen nicht ersetzen. Wir haben die Langfristigkeit in der
Bildungsplanung eingefordert, wir werden auch weiterhin nachhaltig mehr
Langfristigkeit in der urbanen Planung einfordern. (Beifall bei der ÖVP.)
Die Wienerinnen und Wiener haben sich eine verantwortungsvolle und lebendige
Demokratie verdient, und wir alle bemühen uns, diese gemeinsame Werteordnung
tagtäglich weiter zu entwickeln und lebendig zum Wohle der Wienerinnen und
Wiener zu gestalten.
Manchmal sind die Wienerinnen und Wiener mit uns mehr
zufrieden, manchmal weniger. Aber was uns hier eint, ist die Verantwortung für
unsere immer noch sehr junge Demokratie. Das Jahr 1938 lehrt uns auch
70 Jahre später noch, dass Neid, Hass, gesellschaftliche Feindbilder und
brutale Gewalt nie zur Lösung von gesellschaftlichen Problemen beitragen
können.
Meine Damen und Herren, ich möchte daher heute von
der Möglichkeit Gebrauch machen, um Herrn Bgm Häupl für sein
demokratisches Engagement und seine Liebe für diese Stadt zu danken.
Liebe kennt keine Grenzen, Liebe zu dieser Stadt ist
kein Monopol des Bürgermeisters oder der amtsführenden Stadtregierung, aber
Liebe zu dieser Stadt ist Voraussetzung, um unser Bestes zu geben.
Ich bin und bleibe politisch überzeugt, dass diese
Stadt einen Wechsel in der Stadtregierung braucht. Ich bin und bleibe politisch
überzeugt, dass Bundesminister Dr Johannes Hahn und sein Team im Wiener
Gemeinderat und in der Stadt- und Landesregierung auch künftig das bessere
Team, ja, das beste Team, für diese Stadt stellt und stellen wird. (Beifall
bei der ÖVP.) Es ist unsere Aufgabe als Wiener ÖVP, die Wählerinnen und
Wähler von diesem notwendigen Wandel zu überzeugen, an dieser besseren Politik
tagtäglich zu arbeiten.
Ja, sehr geehrte Damen und Herren, wir brauchen eine
neue Bildungs- und Gesundheitspolitik in dieser Stadt. Ja, wir brauchen mehr
Anerkennung und Förderung von Leistung und Qualität im städtischen
Bildungsangebot. Wir brauchen moderne Schulen im 21. Jahrhundert, die
Kindern Platz für individuelle Förderung ermöglichen, die Sport, Spiel und
Kreativität nicht auf wenige Campus-Standorte reduzieren, sondern allen Wiener
Kindern ermöglichen. Wir brauchen keine neuen Türschilder an den Türen, sondern
ein neues Innenleben, das darauf abzielt, jedes Kind richtig zu fördern, und
nicht alle Kinder mit dem Gleichen zu fördern.
Wir brauchen eine Schule des Ortes des miteinander
Lernens und des miteinander Lebens. Deutsch ist unsere gemeinsame Sprache, ihr
Erlernen keine Zumutung, sondern ein anstrebenswertes und lohnenswertes
Bildungsziel.
Die Wiener ÖVP steht für ein Gesundheitssystem, in
dem lange Operationswartezeiten der Vergangenheit angehören und Pflege in
vertrauter familiärer Umgebung ein Älterwerden in Würde ermöglicht. Die Wiener
ÖVP steht für die Idee der Stadtwache, für eine Sicherheitspolitik, die den
Kindern und Jugendlichen ermöglichen soll, sich wieder in dieser Stadt sicher
zu fühlen. Und wir stehen für eine Behindertenpolitik, die aus Behinderung
nicht Bittstellertum werden lässt.
Wir stehen für einen qualifizierten Zuzug, aber auch
für eine Sozial- und Wohnungspolitik, die Präventivmaßnahmen setzt, sodass
nicht über 70 Prozent der Kinder in der 1. Volksschulklasse einen
besonderen Sprachförderbedarf haben.
Wir stehen für eine Kulturpolitik eines Marboe und
nicht für jene, die jetzt verfolgt wird, denn Kultur braucht so wenig Politik
wie möglich und so viel fördernden Rahmen wie notwendig.
Wir bedauern zutiefst das Ableben
von Altbürgermeister Zilk. Ich darf Ihnen, aber besonders seinen
Hinterbliebenen, an dieser Stelle mein persönliches Beileid
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