«  1  »

 

Gemeinderat, 36. Sitzung vom 25.06.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 84 von 108

 

Parkometerabgabe erfolgte 2007 erstmals eine Erhöhung nach sage und schreibe 21 Jahren! Man kann daher nicht sagen, dass da etwas überfallsartig, sofort und auf jeden Fall kommt.

 

Meine Damen und Herren! Der Herr Bürgermeister hat das schon sehr umfangreich argumentiert. Was den Strom- und Gaspreis betrifft, wissen Sie, dass man sich von internationalen Bereichen nicht abkoppeln kann. Bedingt durch steigende Einstandspreise hat Wien Energie seine höheren Kosten 2006 und 2007 nur äußerst abgefedert weitergegeben.

 

Die Stadt Wien ist allerdings kein Dorf in Gallien, das sich von der restlichen Welt abkoppeln kann nach dem Motto: Mir fällt vielleicht eh der Himmel auf den Kopf, ich sehe jetzt im Prinzip nichts mehr. Die Wiener ÖVP lebt offensichtlich in einer vorsintflutlichen Traumwelt, in der es keine Strombehörden und keinen internationalen Ölmarkt gibt. Beim Strom- und Gaspreis handelt es sich nämlich - das darf ich Ihnen jetzt ins Stammbuch schreiben - um Tarife und nicht um Gebühren! Die haben daher schon gar nichts mit dem Gebührenhaushalt der Stadt Wien zu tun. Das sollten Sie als Wirtschaftpartei eigentlich wissen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

 

Meine Damen und Herren! Die Gemeinde Wien verdient sich damit kein Körberlgeld. Ich weiß schon, das hört ihr nicht gern; aber man muss es öfters wiederholen, vielleicht merken Sie es sich dann trotzdem: Von den 32 Wiener Gebühren - das haben Sie schon gehört - sind nur fünf kostendeckend; der Rest, also rund 84 Prozent, wird in Summe - das steht auch im Bericht drin - mit 503 Millionen EUR gestützt.

 

Und noch etwas volkswirtschaftlich, wenn Sie das heute so ins Treffen führen - die Zahlen von der Wirtschaftskammer haben Sie ja auch -: Die Gebühren tragen zu 0,033 Prozent zur Inflationsrate bei. Ein Stopp oder eine Senkung der Gebühren hat kaum Auswirkungen auf die Inflation, zerstört aber die Budgets von 2 200 Gemeinden in Österreich! Da würden sich Ihre Bürgermeister herzlichst bei Ihnen bedanken. Dabei muss man natürlich sagen - und das ist anscheinend vor allem Ihr Ziel -, Sie wollen Wien treffen. Dem müssen wir eine ganz klare Absage erteilen!

 

Meine Damen und Herren! Wenn hier auch gesagt wurde - ich glaube, das hat Kollege Stiftner gesagt -, wir würden hier irgendwelche Reichen bevorzugen - das hat Kollegin Vassilakou schon diesbezüglich angeführt -, kann ich mich da an eine politische Diskussion erinnern, die geführt wurde. Ich muss dazusagen, hier kann man unterschiedlicher Meinung sein. Aber wenn es um eine Diskussion geht, in der es um Stiftungserträge geht, für eine Steuer, die bereits bezahlt wurde, dann stellt sich für mich die Frage, ob Sie in der politischen Diskussion genauso nachgiebig wären, wenn ich jetzt sagen würde: Ich bilde mir auch ein, dass meine Lohn- und Einkommensteuer fünf Jahre lang zu hoch gewesen ist, und möchte jetzt eine Nachzahlung haben, weil es sich im Bundeshaushalt einigermaßen ausgeht, hier auch eine Rückerstattung vorzunehmen. (GR Dr Matthias Tschirf: Hat der ÖGB noch eine Stiftung?)

 

Aber was mich bei der ganzen Geschichte noch viel mehr gestört hat, Herr Klubobmann, ist die Junktimierung, die Sie getroffen haben. Das war in der Berichterstattung des ORF und in allen Zeitungen zu lesen. (GR Dr Matthias Tschirf: Wie ist das mit den Stiftungen beim ÖGB?) Wenn man eine Pendlerpauschale und das amtliche Kilometergeld entgegenhält und der Besteuerung von Stiftungen gegenüberstellt, dann werden Sie in der Öffentlichkeit formell ein Problem und einen Erklärungsbedarf haben, meine Damen und Herren von der Österreichischen Volkspartei! (GR Dr Matthias Tschirf: Wie ist das mit den Stiftungen beim ÖGB?)

 

Vielleicht noch etwas zu einem Bereich, auf den Sie wahrscheinlich viel mehr Einfluss als wir haben: Es gibt eine brandaktuelle Untersuchung der Arbeiterkammer vom 12.6.2008, danach kaufen Deutsche Essen billiger ein, als das in Österreich möglich ist. Da können Sie schwarz auf weiß nachlesen, dass die Preise für preiswerte Lebensmittel um 19 Prozent in die Höhe geschnalzt sind; im Vergleich sind die teureren Produkte hingegen nur um 14 Prozent im Preis gestiegen, vergleichbare teurere Produkte.

 

Das bedeutet, was hier eindeutig gemacht wird, ist Folgendes - und das kann man sich heraussuchen, bei Teigwaren gab es eine Kostensteigerung von 80 Prozent bei einzelnen Produkten -: Laut Bericht der Statistik Austria ist die Ausgabengruppe Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke für mehr als ein Viertel der Jahresinflationsrate 2007 verantwortlich! Es ist dies der Haupt-Preistreiber. Hierbei sind Molkereiprodukte, Eier sowie Brot und Getreideerzeugnisse Haupt-Inflationsverursacher. Für ein Fünftel der Inflation ist die Ausgabengruppe Wohnen, Wasser, Energie mitverantwortlich, wo es aber durchaus auch bundesgesetzliche Bestimmungen gibt.

 

Meine Damen und Herren! Ich glaube auch - und ich habe das Gefühl, da werden Sie mir recht geben, vielleicht die ÖVP nicht -, der Herr Arbeiterkammerpräsident hat ebenfalls vor Kurzem erklärt, dass die Konsumenten in Österreich geschröpft werden. Das bestätigt der aktuelle Arbeiterkammer-Preisvergleich bei den Diskontern und Supermärkten. (GR Dr Matthias Tschirf: ... bei der BAWAG!) Es ist nicht einzusehen - Herr Klubobmann, es kommt schon noch -, warum wir mehr zahlen als unsere Nachbarn.

 

„Ich verlange, dass Minister Bartenstein sich darum kümmert. Er ist eigentlich die oberste Behörde, die Bundeswettbewerbsbehörde, und muss daher die Preisbildung von der Produktion bis zum Handel genau untersuchen. Der Österreich-Aufschlag muss weg. Konkret muss sich die Bundeswettbewerbsbehörde die Kalkulationsunterlagen der Handelsketten vorlegen lassen, um Preisunterschiede objektiv zu untersuchen. Außerdem muss sie ihre Aktivitäten öffentlich machen" - das erwarten uns auch wir – „und nicht hinter verschlossenen Türen arbeiten. Die Bundeswettbewerbsbehörde muss sofort tätig werden, wenn die Preise in Österreich überdurchschnittlich über dem EU-Standard liegen."

 

Meine Damen und Herren! Eine klare Aufforderung

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular