«  1  »

 

Gemeinderat, 32. Sitzung vom 27.03.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 33 von 75

 

Jetzt bin ich beim Strukturellen, und darauf möchte ich im Besonderen eingehen.

 

Vorweg vielleicht nur einleitend eine Darstellung: Wir haben momentan mit Jahresabschluss 2007 Bezirke mit Vorgriffen von 42,6 Millionen EUR und in Summe Rücklagen von 19,8 Millionen EUR. Das würde auf den ersten Blick noch nicht dramatisch wirken, müsste man nicht umgekehrt zur Kenntnis nehmen, dass alleine im Budgetvoranschlag für 2008 den Bezirken knapp 155 Millionen EUR zur Verfügung stehen und knapp 205 Millionen EUR budgetiert sind. Diese 205 Millionen EUR sind größtenteils durch das Schulsanierungspaket entstanden. Es werden zwar dann gegen Ende des Jahres knappe 25 Millionen EUR refundiert, aber man erkennt an der Budgetierung mit dem Schulsanierungspaket ein strukturelles Defizit, und zwar für die kommenden zehn Jahre von zumindest 25 Millionen EUR.

 

Es ist auch das, was ich in vergangenen Gemeinderatssitzungen hier im Saal des Öfteren gesagt habe, wo ich versucht habe, auch mit Zahlen zu belegen, dass zum Beispiel die Gesamtausgaben der Bezirke für die Instandhaltung von Schulen, obwohl ob ihrer gesamten Aufgaben die Vorgriffe gestiegen sind, in den vergangenen fünf Jahren von 28 Millionen EUR auf 18 Millionen EUR gesunken sind. Das heißt, die Bezirke haben immer mehr Aufgaben gehabt, auch für immer mehr Menschen, das Geld ist im Großen und Ganzen gleich geblieben, real gesunken, und jetzt plötzlich sollen zusätzlich zu den bisherigen Aufgaben von den Bezirken knappe 34 Millionen EUR jährlich in das Schulsanierungspaket investiert werden. Das kann sich nicht ausgehen!

 

Wenn wir diesbezügliche Anträge im Gemeinderat gestellt haben, in denen wir gesagt haben – und wir haben es vorgerechnet –, das kann sich nicht ausgehen, dann kam die Antwort: Warten wir auf die Evaluierung, und dann verändern wir die Bezirksmittelverordnung.

 

Allen war klar, dass die Bezirke mehr Ausgaben zu leisten haben – allen, niemand hat das bestritten –, und jedem Menschen, der tatsächlich auch nachgedacht hat, ist bewusst, dass die Sanierungspakete in den Kindertagesheimen erst beginnen werden, die Sanierungspakete in den Amtshäusern auf uns zukommen. Da ist aber immer gesagt worden: Ach, diese Mehraufgaben! Schauen wir sie uns an, machen wir jetzt nichts, warten wir auf die Studie, erst dann reden wir über Veränderungen.

 

Und jetzt werden die Friedhöfe ausgegliedert? Und obwohl einerseits für alle klar ist, dass es mehr Aufgaben gibt, sagt man, die Friedhöfe sind ausgegliedert, nehmen wir den Bezirken das Geld sofort weg.

 

Ich bin mir bewusst – und ich sage das hier, nur damit es nicht heißt, es ist unlauter –, dass die Ausgliederung der Friedhöfe den Bezirken budgetär sogar ein kleines bisschen bringt. Die Bezirke haben immer mehr Geld für die Friedhöfe ausgegeben, als ihnen auf Grund der Bezirksmittelverordnung für die Friedhöfe zugestanden wurde. Das heißt, die Bezirke werden in Summe knappe 600 000 EUR mehr zur Verfügung haben. Nichtsdestoweniger: Was sind diese 600 000 EUR gegen fehlende 15 Millionen, und zwar strukturell fehlende 15 Millionen EUR? Wollen Sie tatsächlich, dass am Ende des Jahres 2008 – und ich gehe davon aus, es liegt auch in Ihrem Interesse, dass die Sanierungen in den Schulen tatsächlich stattfinden und nicht wieder auf die lange Bank geschoben werden – die Vorgriffe der Bezirke bei 70 Millionen EUR stehen? Wollen Sie, dass in drei Jahren die Vorgriffe der Bezirke bei 130 Millionen EUR stehen und in vier Jahren bei einem Jahresbudget für die gesamten Bezirke? Das kann nicht in Ihrem Interesse sein, und deshalb ist es inakzeptabel, jetzt eine Kürzung der Bezirksmittel zu beschließen.

 

Der andere Punkt ist – und ich denke, auch das ist notwendig, wenn wir über Dezentralisierung sprechen –, dass wir uns wirklich den Weg überlegen: In welche Richtung kann Dezentralisierung weitergehen? Der eine Punkt ist, dass selbstverständlich die zur Verfügung stehenden Bezirksmittel auch der wachsenden Bevölkerungszahl angepasst werden müssen. Das darf man auch nicht vergessen, wir haben um 10 Prozent mehr Menschen, die in den Bezirken wohnen – so wie in ganz Wien; so ist es einfach –, nur die Mittel der Bezirke sind nicht gestiegen.

 

Das ist ja das große Problem bei der Bezirksmittelverordnung, denn selbst wenn im 22., im 21. und im 10. Bezirk mehr Menschen zuziehen, die Bevölkerung aber in den anderen Bezirken nicht abnimmt, dann erhalten die paar Bezirke vielleicht ein bisschen mehr, aber die anderen, die dieselben Aufgaben zu erfüllen haben, bekommen weniger Geld, weil das gedeckelt ist. Das ist eine sinnlose Vorgangsweise, die meines Erachtens hoffentlich im Rahmen der Evaluierung und dann in einer Neugestaltung der Bezirksmittelverordnung abgeschafft wird.

 

Aber kommen wir zurück zu den Kompetenzen. Ich erlaube mir, diesbezüglich tatsächlich ein paar Vorschläge zu machen für unterschiedliche Varianten. Ich schicke vorweg: Ich wünsche mir, dass die Bezirke überall dort Kompetenzen haben, wo sie direkt mit der Bevölkerung in Kontakt sind, wo sie erster Ansprechpartner der Bevölkerung sind, wo man im eigenen Grätzel Sachen bewegen kann. Diesbezüglich muss, damit wirklich sinnvoll gearbeitet werden kann – und das kann nur mehr in wenigen Bezirken geschehen –, eine freie finanzielle Spitze vorhanden sein. Es können nicht die verpflichtenden Aufgaben das ganze Budget auffressen, denn sonst ist es nichts mit der kulturellen Förderung im Bezirk, sonst ist es eigentlich nichts mit einer sinnvollen Parkbetreuung, sonst ist es nichts mit einer Belebung des Grätzellebens. Diese freie Spitze muss da sein.

 

Und es wäre durchaus auch angebracht, darüber nachzudenken, ob im Rahmen der Dezentralisierung den Bezirken nicht auch finanzielle Mittel für Frauenförderungsprojekte in den Bezirken gegeben werden. Es ist darüber nachzudenken, ob den Bezirken nicht auch Zuständigkeiten im Bereich Sportplätzevergabe und so weiter übertragen werden sollten, denn dort überall kann man direkt mit der Bevölkerung in Kontakt treten, und

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular