Gemeinderat,
31. Sitzung vom 29.02.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 65 von 95
Mein Kapital und mein Einkommen wird ständig mehrfach besteuert. Es gibt die Mehrwertsteuer, es gibt die Lohnsteuer und zig andere Steuern. Aber gerade da sind Sie der Meinung, man darf Zinsen als Einkommen nicht zumindest genauso besteuern wie das Einkommen, für das Leute hart arbeiten müssen. Das ist Ihr zentrales Problem. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Sie reden davon, dass es ungerecht ist, dass Menschen
in Armut leben. Sie reden davon, dass man Gebühren stoppen soll, und so weiter.
Aber Sie weigern sich, konsequent für eine Umverteilung einzutreten, und das
ist das Problem der ÖVP. Denn Ihnen ist es wichtig, dass das hohe Managergehalt
unangetastet bleibt. Ihnen ist es wichtig, dass die hohen Einkommen aus Zinsen,
aus Stiftungen, aus Vermögen, aus Wohnhäusern, aus Zinshäusern und was auch
immer de facto unangetastet bleibt, dass es gesenkt werden soll.
Nur sage ich Ihnen: Man kann den ärmeren Menschen in
Österreich nicht helfen, wenn die Reicheren nicht mehr bezahlen. Das ist eine
ganz watscheneinfache Weisheit. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Wer sich dem verschließt, soll zur Armutsbekämpfung
tatsächlich besser nichts mehr sagen. So wird es unglaubwürdig, einen Antrag
auf Gebührenstopp zu stellen, weil dieser Antrag auf Gebührenstopp - ich sage
Ihnen, wir werden ihm sogar zustimmen, weil wir die Valorisierung für falsch
halten, und wir stimmen auch dem Gusi-Hunderter und allem Möglichen zu
(Zwischenruf von GR Dr Wolfgang Aigner.) - doch keinem einzigen Menschen einen
Euro mehr bringt. Ihr Antrag bringt keinem Menschen, der jetzt 800 EUR zur
Verfügung hat, einen einzigen Euro mehr, er bringt nichts. (GR Dr Wolfgang
Aigner: Weniger Betriebskosten!)
Unser Ziel ist es, den Menschen ein menschenwürdiges
Dasein sicherzustellen. Selbstverständlich beginnt das nicht nur auf
Bundesebene, das ist uns schon klar. Wenn ich mir momentan die Bundesregierung
anschaue, und vor allem, wenn ich mir die Bundesregierungen der letzten
15 Jahre anschaue - da ist das ja passiert, dass die Realeinkommen stagniert
haben -, waren immer nur drei bis vier Parteien in der Bundesregierung, wenn
ich FPÖ und BZÖ einmal als eineinhalb bezeichne. Aber die Ist-Situation ist
jetzt so, dass es den Menschen schlechter geht.
Weil vom Kollegen Ekkamp, glaube ich, der Begriff Mindestlohn
gefallen ist: Kollege Ekkamp, na selbstverständlich! Ich freue mich darüber,
dass die Wiener SPÖ momentan sogar 1 000 EUR Mindestlohn plakatiert.
Aber rechnen Sie durch, was das bezogen auf einen Stundenlohn bedeutet,
überlegen Sie dann und gehen Sie in sich: Zahlt die Stadt Wien in allen
Bereichen, wo sie entweder direkt zuständig oder wo sie Eigentümerin eines
Unternehmens wie zum Beispiel der Wiener Stadtwerke ist, tatsächlich diesen
Mindestlohn? Oder gibt es nicht sogar … (GR Franz Ekkamp: Na sicher!)
„Na sicher"? Wie hoch ist denn das, was die
Taglöhner und Schneeschaufler bei den Wiener Linien bekommen? (Zwischenrufe bei
der SPÖ.) Na sicher, das liegt aber unter den 1 000 EUR Mindestlohn!
Ich würde Sie daher ersuchen: Wenn Sie die Forderung nach 1 000 EUR
Mindestlohn erheben, dann setzen Sie es zumindest in Ihrem eigenen Bereich um,
nämlich tatsächlich durchgehend, vom direkten eigenen Bereich bis hin zum
letzten Unternehmen, an dem Sie eine Beteiligung besitzen.
Abschließend noch ein Wort zur Inflation: Dass die
Inflation nur zum Teil hausgemacht ist, das, nehme ich an, nimmt da herinnen
jeder zur Kenntnis. Es gibt einerseits tatsächlich auf dem Weltmarkt steigende
Energiepreise und so weiter. Das heißt, befassen wir uns mit dem Teil, wo die
Inflation hausgemacht ist.
Ein Beispiel dafür sind die Wohnkosten. Eine Frage
richte ich an all jene, und manche Fraktionen hier in diesem Haus haben mehr
Menschen in ihren Reihen, die sich mit Immobilienhandel und Wohnungsvermietung
beschäftigen, andere weniger: Glauben Sie tatsächlich im Ernst, dass die
exorbitante Steigerung der Wohnkosten abhängig von den Gebührenerhöhungen war?
(Zwischenrufe bei der ÖVP.) Zum Teil, zu einem minimalen Teil - nämlich dort,
wo es sich tatsächlich um langfristige Mietverträge mit einer
Indexierungsklausel handelt -, ja, da spielt es eine Rolle, im Rahmen der
Betriebskosten Müll- und Abwassergebühren und im Rahmen der Umlegung der
Indexierung, dass es dann tatsächlich schnellere Sprünge gibt, wenngleich die
Gebühren an sich nur einen geringen Teil ausmachen.
Aber warum explodieren denn die Wohnkosten
tatsächlich? Die steigen doch gerade in Wien; aber in Gesamt-Österreich ist es
nicht viel anders, daher kann man nicht sagen, es ist ein spezifisches Wiener
Problem. Warum steigen denn die Wohnkosten um ein Vielfaches der Inflation in
der gegenwärtigen Situation? Ist die Nachfrage so hoch, und es wird jetzt nicht
gebaut? Oder können unter anderem die Wohnungsvermieter und Hausbesitzer den
Rachen nicht voll genug bekommen? (Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Na ja, was ist der Grund dafür? (GR Mag Wolfgang
Gerstl: Wer ist denn der größte Wohnungsbesitzer in Wien?) Was ist der Grund
dafür, dass dieselbe Wohnung - die Miete, ich sage jetzt bewusst Miete, ohne
Betriebskosten -, die noch vor drei Jahren um 400 EUR angeboten wurde,
jetzt um 600 EUR angeboten wird? Nicht einmal eine neu gebaute Wohnung,
sondern dieselbe Wohnung: vor drei Jahren Miete 400 EUR, jetzt Miete
600 EUR, Steigerung: 50 Prozent! Oder wenn man es herunterrechnet, sind
es 33 Prozent. 50 Prozent Steigerung - dafür sind nicht die Gebühren
verantwortlich, sondern dafür ist verantwortlich (Zwischenrufe bei der ÖVP),
dass einerseits bedauerlicherweise in Wien der Wohnbau zurückgeschraubt wird -
und Sie argumentieren mit der Nachfrage nach Angebot und Markt, das nehme ich
zur Kenntnis.
Man könnte insbesondere in
zentralen Lebensbereichen, wie in anderen Bereichen, einen Preisstopp fordern
und selbstverständlich dafür eintreten, dass es Mietzinsobergrenzen gibt. Da ja
SPÖ und ÖVP gemeinsam in der Bundesregierung sitzen - und wir wissen, dass
dafür eine bundesgesetzliche Regelung notwendig
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