Gemeinderat,
14. Sitzung vom 21.11.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 60 von 91
Menschen mit massiven sprachlichen Defiziten mitzuzerren, anstatt bereits in frühen Kinderjahren den Spracherwerb zu fördern und auch zu fordern, dann bleibt vielen keine andere Wahl, als einen solchen - möglicherweise ihren wahren Begabungen nicht entsprechenden - Bildungsweg in eine Sonderschule zu beschreiten.
Ich möchte an dieser
Stelle aus dem „Kurier" vom 31. Oktober 2006 Folgendes zitieren:
„Etwa ein Drittel der Jugendlichen, die bestenfalls die Hauptschule
abgeschlossen haben, stammt aus der Türkei oder dem ehemaligen Jugoslawien. Experten
fordern eine bessere Betreuung schon in den Schulen und präventive Maßnahmen,
die den Bildungsabbruch verhindern." - Zitat-Ende.
Tatsache ist, dass hier
eine nicht unbedeutende Gruppe von Menschen heranwächst, die ihre Zukunft in
Wien sieht und zunehmend auch an dieser Gesellschaft teilhaben möchte. Aber
gelingt es nicht, diesen Jugendlichen Perspektiven und Chancen zu eröffnen,
dann ist die Entstehung von Spannungen und ernst zu nehmenden Konflikten die
zwar bedenkliche, aber eigentlich logische Konsequenz.
Meine sehr geehrten Damen
und Herren! Da gibt es auch den großen Komplex der Sprachkurse. Wir diskutieren
mit der Frau Stadträtin sehr viel auch nach den Ausschüssen darüber, ich bringe
da immer gerne meine Kritik an und möchte das auch an dieser Stelle tun. Da
wurden zum Beispiel die „Mama lernt Deutsch"-Sprachkurse eingeführt - das
wurde heute schon einige Male erwähnt -, die ich sehr begrüße und die auch
grundsätzlich zu begrüßen sind, denn dieser Ansatz geht genau in die richtige
Richtung. Aber man muss auch ein bisschen weiterdenken, man muss daran
weiterarbeiten. Man muss versuchen, die verschiedenen Kursmaßnahmen mit den
schulischen Aktivitäten zu verschränken. Und das fehlt mir eigentlich.
Deswegen frage ich Sie,
Frau Stadträtin: Warum versuchen Sie nicht, Ihre integrationspolitischen
Maßnahmen mit jenen des Stadtschulrates und des Wiener Bildungsressorts stärker
zu vernetzen? Warum wird nicht erhoben, wie viele der derzeitigen und künftigen
Deutschkursbesucher schulpflichtige Kinder habe? Das wäre erforderlich, damit
diese Eltern direkt an den Schulen der Kinder Deutsch lernen und gleichzeitig
den Kontakt mit den Schulen pflegen können. Denn die Aufklärung der Eltern über
einen Zusammenhang von Sprachkenntnissen, abgeschlossener Schulbildung und
künftigen Berufschancen muss effizienter gestaltet werden. (Beifall bei der
ÖVP.)
Ich frage Sie, Frau
Stadträtin: Warum versuchen Sie nicht im Zusammenwirken mit Ihrer Kollegin
StRin Laska, jene bestehenden „Mama"-Kurse zu echten Familienkursen
auszubauen, in denen Väter, Mütter, Omas und Opas an den Schulen der Kinder und
Enkelkinder unterrichtet werden? Hier ist die Stadtregierung definitiv viel
schuldig geblieben, meine sehr geehrten Damen und Herren!
Interessant ist auch der
Punkt bezüglich der Vorlaufgruppen an den Schulen. Diese wurden gestrichen, und
deswegen wundert es mich, dass dann in diversen Tagesblättern inseriert und
dafür geworben wird. Ich weiß nicht, da soll sich einer auskennen - ich kenne
mich nicht mehr aus.
Des Weiteren bin ich der
Meinung, dass die Kindergartenschecks der Bundesregierung in diesem
Zusammenhang auch missbräuchlich verwendet werden. Schauen Sie sich das genau
an, sehr geehrte Stadträtin!
Meine sehr geehrten Damen
und Herren! Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang auf die von Ihrem Ressort
herausgegebene Integrations-Leistungsbilanz Bezug nehmen, in der Sie die
integrative Bedeutung von sprachlicher Frühförderung betonen: Dass Deutsch
Lernen die Voraussetzung für Integration ist. No na; da geben wir Ihnen grundsätzlich
Recht. Aber warum handeln Sie dann nicht auch danach? Warum sprechen Sie nicht
die vorherrschenden Defizite bei der städtischen Integrationspolitik an und
versuchen, im Zusammenwirken mit Ihren Ressortkolleginnen und -kollegen die
angesprochenen Probleme auch anzupacken?
Was die viel gerühmte
Freiwilligkeit bei den Deutschkursen betrifft, scheint Ihr Ressort, sehr
geehrte Frau Stadträtin, es auch nicht sehr wörtlich zu nehmen. Anders ist es
nicht zu verstehen, warum es in den Pflichtschulen Vorfälle gibt, dass Schüler,
die um die österreichische Staatsbürgerschaft angesucht haben, am Nachmittag
nicht am Regelunterricht teilnehmen können, weil sie von der MA 35
gezwungen werden - ich sage bewusst: gezwungen werden -, Deutschkurse zu besuchen.
Ich bin dem nachgegangen: Es ist eben so.
Oder noch ein Vorfall: Es kommt auch vor, dass
ehemalige Schüler und Schülerinnen einer Hauptschule auch Jahre später an die
Schule kommen und von der Schule Bestätigungen verlangen, dass sie Deutsch
positiv absolviert haben. Sonst müssen sie beim Ansuchen um die österreichische
Staatsbürgerschaft erneut einen Deutschkurs besuchen, obwohl sie die Schule in
Wien abgeschlossen haben. (GR Mag Wolfgang Jung: Wie kann man die Schule
abschließen, ohne ...?)
Die MA 35 verlangt ein Zeugnis der
9. Schulstufe. Wenn ein Jugendlicher, ein Mädchen oder ein Bub, eine
Klasse wiederholen musste, wird dieses Zeugnis nicht anerkannt werden, weil es
nicht von der 9. Schulstufe ist. Das sind Probleme, die man ansprechen
muss. Ich habe das beim Innenministerium recherchiert, und dort finden sie
diese Vorgangsweise überhaupt nicht korrekt; sie bezeichnen das als unkorrekt.
Das ist eine Vorgangsweise der MA 35!
Aber es sind nicht nur die allgemeinen Systemmängel,
auf die man aufmerksam gemacht werden muss, es sind auch die einzelnen wirklich
harten Fälle, meine sehr geehrten Damen und Herren, die stellvertretend für die
allgemeinen integrationspolitischen Verfehlungen stehen. An dieser Stelle
möchte ich wieder ein Beispiel geben.
Es geht um einen jungen Mann, der
querschnittgelähmt ist und einen Migrationshintergrund hat; seine Eltern sind
österreichische Staatsbürger. Er hat bei Wiener Wohnen um eine Gemeindewohnung
angesucht, und dieser junge Mann wird seit Monaten schikaniert. Dieser junge
Mann lebt in einer Wohnung im 10. Bezirk im zweiten Stock, und wenn er die
Wohnung verlassen will,
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