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Gemeinderat, 13. Sitzung vom 25.10.2006, Wörtliches Protokoll  -  Seite 65 von 80

 

scheinheilige. Die hat nämlich als Anlass das Hütchenspiel genommen. In der Begründung stand Folgendes: „Hantieren mit Hütchen durch den Spielveranstalter hat täuschungsähnliche Wirkungen und gibt dem Spielteilnehmer nahezu keine Chance, das richtige Hütchen zu erraten." - Welcher Spieler, der den Automaten drückt, herunterreißt oder sonst etwas, hat die Chance, zu erraten, ob er gewinnt oder nicht? Da ist absolut kein Unterschied, zumindest für mich als an sich Spielerlaie, so wie der Herr Bürgermeister. Ich habe die gleiche Chance wie der Herr Bürgermeister beim Hütchenspiel oder wenn ich ins Casino gehe. Wir werden dort beide wahrscheinlich nichts gewinnen. Sieger ist immer der Spielveranstalter, vor allem bei der Erhöhung der Einsätze.

 

Dieses, die Spielleidenschaft erweckende und fördernde Spiel ist in rechtlicher Hinsicht bedenklich und aus sozialen Gründen abzulehnen! Meine Damen und Herren, es ist Augenauswischerei, aus sozialen Gründen das Hütchenspiel abzulehnen und gleichzeitig vor Ort in Wien ordentlich Steuereinnahmen aus diesem Kleinen Glücksspiel zu bekommen! Das ist wirklich scheinheilig! Das Argument war damals sehr weit hergeholt!

 

Der Herr Bürgermeister hat heute die Idee einer Novellierung und die Idee der Änderungen in den 90er Jahren gesagt, man wollte die Szene zerschlagen. „Man wollte“, hat er richtig gesagt, es ist allerdings nicht so gelaufen. Ich glaube nämlich, in Wirklichkeit ist eine neue, viel gefährlichere Szene entstanden. Es hat damals nämlich in Wien noch die Szene der Wirten, der Weinhäuser, der kleinen Wirten, der Tschocherln, gegeben, diese Szene, wo jeder einen, vielleicht zwei Automaten drinnen gehabt hat, wo der Stammkunde hineingekommen ist, aber normalerweise dort nicht süchtig geworden ist, sondern der halt, wenn er keinen Zehner gehabt hat, dem Wirten gesagt hat, er soll aufschreiben lassen. Das war keine kriminelle Szene. Das war keine illegale Szene. Da haben die Leute noch Vergnügen gehabt. Diese Szene haben Sie insofern ausgerottet, weil durch diese Gesetzesänderungen in den 90er Jahren haben Sie vis-à-vis eine neue Szene errichtet. Die Firmen, die Automatenaufsteller, damals auch schon die Firma Novomatic, die sehr stark im Geschäft war, haben das nämlich getan. Wortwörtlich kannte ich jemanden, der mir damals schon gesagt hat: „Warum soll ich mit einem blöden Wirten Geld teilen, das er eh nicht pünktlich zahlt? Da mache ich mir gleich selbst mein Automatengeschäft, und zwar vis-à-vis, auf." Die haben genau die Umsätze von dem Wirten gekannt und vis-à-vis wird es genauso gut gewesen sein. Natürlich war es auch so. Gleichzeitig war der angenehme Nebeneffekt, dass die eigenen Maschinen gleich vom Wirten herausgeholt worden sind, sie diese ihm einfach nicht mehr aufgestellt und vis-à-vis hineingestellt haben.

 

Daher ist die Szene, die Sie heute angesprochen haben, Herr Bürgermeister, zwar zerschlagen, aber das war damals gar keine so schlechte Szene. Vielleicht kommen wir wieder einmal dorthin. Sie haben jedoch eine Szene geschaffen, die im Großen und Ganzen nicht mehr kontrollierbar ist, weil diese Automatencafés dann nicht direkt von der Firma Novomatic betrieben wurden. Das war der Zeitpunkt des Aufstiegs der Firma Admiral. Da habe ich nämlich eine Art Partner gehabt, der natürlich das Wettgeschäft bestens verstanden hat, und sozusagen einen Vertreiber. Also ich habe in diesem Fall die Hardware und die Software gehabt. Das war dann, wie gesagt, der Aufstieg. An jeder Ecke und an jedem Ende sind in den letzten acht bis zehn Jahren solche Kaffeehäuser entstanden.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist auch interessant, was der Herr Bürgermeister heute antworten will.

 

Zur Frage 12 zum Beispiel bin ich schon gespannt, was er sagen wird. Und zwar: „Wie viele dieser Lokale sind in den letzten eineinhalb Jahren" - 2005/2006 ungefähr – „in Wien von behördlicher Seite deswegen gesperrt worden, weil sie gesetzliche Auflagen nicht erfüllt haben?" Wenn ich nur daran denke, wie man einen kleinen Greißler, der zwei Stehtische und acht Verabreichungsplätze hat, in dieser Stadt oft schikaniert, weil er vielleicht einen neunten Sessel dazustellt oder der Tisch nicht richtig steht oder der Lichteinfall in seiner kleinen Küche, wo er die Würstel macht, im Winkel nicht richtig ist, dann verstehe ich das nicht ganz, aber der Herr Bürgermeister wird uns das dann sicher erklären, wie oft denn diese Kontrollen der Stadt Wien bei diesen Lokalen sind. Schauen die dort auf die Arbeitsbedingungen oder die gewerberechtlichen Auflagen, ob die ein Fenster haben oder ob nur eine Gipswand dazwischen ist, weil er ja nur zwei Automaten haben darf, Herr Bürgermeister?

 

Das haben wir heute schon besprochen. So ist aus lauter Casinokabinetts, wenn man die Zwischenwand ein bisschen weglässt, ein ganzer Straßenzug entstanden. Da gibt es Bezirke, Sie alle kennen das, wo ganze Spielcasinos entstanden sind. Aber in Wirklichkeit sind sie wie Kabinen. Ob man dort arbeiten kann, ob dort die gesetzlichen Auflagen erfüllt worden sind, begonnen vom WC und so weiter, das mag ich dahin gestellt lassen. Es wird interessant sein, wie viele man gesperrt hat.

 

Dann die Frage 11: „Wie viele gibt es überhaupt in Wien?" Die genaue Zahl erwarte ich nicht von Ihnen, Herr Bürgermeister, weil die weiß wahrscheinlich nicht einmal der Magistrat, weil jeden Tag einer zusperrt oder einer neu aufsperrt. Das ist halt einmal so. Manche verschwinden wieder dorthin, wo sie hergekommen sind. Die werden Sie mir nicht sagen können. Aber ungefähr, bin ich gespannt, was Sie sagen.

 

Unseren Recherchen nach ist eines sehr auffallend. Genau in sozial instabilen Bezirken oder Regionen, wie zum Beispiel 5., 10., 11., 12., 14., 15., 16. Bezirk, ist eine überwiegende Mehrheit von solchen Lokalen untergebracht, was mir an sich zu denken gibt, weil der Bewilligungsvorgang seitens des Magistrats eigentlich nicht nur nach geschäftlichen Gründen gemacht werden sollte, sondern man auch das Umfeld ein bisschen anschauen sollte. Ich weiß schon, an sich bin ich ein Verfechter einer liberalen Wirtschaftsordnung, aber es gibt und muss in gewissen Bereichen durchaus auch

 

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