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Gemeinderat, 12. Sitzung vom 05.10.2006, Wörtliches Protokoll  -  Seite 70 von 83

 

Ich möchte dazu sagen, dass wir sehr wohl sehen, dass es vom Entwurf her eine Orientierung in Richtung kleine lebenswerte Zimmer und große Balkons gibt. All das sehen und schätzen wir. Unsere Bitte ist, dass Sie die Dimensionen doch so sein lassen, wie sie den Menschen entsprechen und wie sie auch Liesing entsprechen! Jetzt gibt es dort 200 Betten. Das könnte man mit einem vernünftigen Konzept reduzieren beziehungsweise durch zwei Einrichtungen in Liesing tatsächlich gut organisieren. Uns stört nur der Umstand, dass man jetzt an den äußersten Stadtrand wieder eine große Einrichtung in einem Park baut, der weiß Gott schutzwürdig ist. Der Park hat wunderschöne alte Bäume, er ist für den Bezirk wirklich ein wichtiges Grünraumgebiet, und die Menschen, die dort wohnen, schätzen dieses sehr. Sie wünschen sich die Öffnung und entsprechende kommunale Möglichkeiten für eine gute Koexistenz zwischen Park und Pflegeheim.

 

Ich denke, dass das, was jetzt geplant ist, das Gegenteil davon ist. Jetzt ist die Rede davon, dass das Schloss für private Wohnungen der besseren Klasse herangezogen werden soll. – Dass es sich in einem Schloss mit Park um bessere Wohnungen handelt, ist klar, dort wird man keinen billigen Wohnbau betreiben! Ich fürchte, dass man da einen künstlichen Gegensatz zwischen den Menschen, die dort als Bewohner und Bewohnerinnen des Pflegeheims wohnen, und jenen Menschen, die sich sozusagen teuerste Wohnungen kaufen, heraufbeschwört. Ich kann mir vorstellen, dass dann der Tag kommen würde – und diesfalls möchte ich nicht in der Haut von SPÖ-Planungsexperten und SPÖ-Politikern und -Politikerinnen stecken! –, dass die Bewohner und Bewohnerinnen des Pflegeheims von den Mietern beziehungsweise sozusagen Eigentümern des Schlosses in irgendwelche Grenzen verwiesen werden. Das wäre ein unerträglicher Zustand! (Zwischenruf von GRin Marianne Klicka.) Marianne, ich nehme an, du siehst das so wie ich!

 

Man wird dann vermutlich einen Zaun ums Schloss ziehen und sagen: Ihr dürft da nicht hinein! (GRin Marianne Klicka: Sie reißen die Mauern nieder!) Sie reißen jetzt Mauern nieder. Aber man weiß: Wer sich in einem Schloss eine stinkfeine Eigentumswohnung kauft, der glaubt dann, Ansprüche stellen zu dürfen! Und ich warne davor, sozusagen Gegensätze zu Wohnbedürftigen herzustellen, die in diesem Fall zu Lasten der Bewohner und Bewohnerinnen des Pflegeheims gehen. – Das ist der eine Aspekt.

 

Der zweite Aspekt ist die Größe, und ich möchte noch einmal an die Alternativen erinnern, die auch für Liesing bestehen. Machen Sie nicht wieder ein Altenghetto am Stadtrand, wo dann viele Menschen aus der Stadt untergebracht werden! Das Heim ist für Liesing am Stadtrand definitiv zu groß. Für die Versorgung der Wohnbevölkerung ist das nicht notwendig. Und es wird dann wieder so sein, dass die Mizzi-Tant’ bis nach Liesing hinausfahren muss, um dort ihre Angehörigen zu besuchen. Wenn es für Liesing Bedarf gibt, dann sollte der Bedarf gut auf den Bezirk abgestimmt werden.

 

Und ich erinnere an den Vorschlag der GRÜNEN, von dem wir nicht absteigen, das Kuratorium Wiener Pensionistenwohnhäuser in die Pflicht zu nehmen und die Kuratoriumshäuser, die wohnortnah sind, dezentral und von der Größe genau richtig dimensioniert sind, vorrangig und sukzessive für die Pflege umzuwandeln. Dann wäre es auch nicht nötig, dass man in den schönen Schlosspark einen großen Neubau hineinklotzen muss, wo sich jetzt ein grüner Park befindet, sondern dann wäre es auch möglich, dass man das jetzige Gebäude, das ja später zum Abriss freigegeben wird, gleich abreißt und dort baut. Damit würde man eine weitere Parkzerstörung hintanhalten und man könnte bauen. (GR Mag Wolfgang Jung: Besiedeln!) Ja, das mit dem Siedeln, das ist mir echt ein Problem. Das ist ein Aspekt, den ich ernst nehme. Ich nehme ihn ernst, aber stellen Sie sich vor, Sie sind Bewohner und Bewohnerin in einem Pflegeheim und neben dran wird ein Riesengebäude samt Tiefgarage aufgezogen. Glauben Sie, das ist superlustig? Da ist es ja unfassbar laut. Also, ob das Lebensqualität ist, möchte ich einmal in Frage stellen.

 

Und das Zweite ist, wenn man darauf verzichtet, jetzt weitere Bewohner und Bewohnerinnen in Liesing durch alternative Unterbringungsmöglichkeiten, an denen gearbeitet werden muss, unterzubringen, dann hat man sozusagen, wenn es dann konkret ums Bauen geht, eben nicht mehr 200 Menschen umzusiedeln, sondern vielleicht wesentlich weniger. Und da könnte man versuchen, verträgliche Konzepte zu verwirklichen, denn auf einer Baustelle wohnen, ist ja auch keine Alternative.

 

In diesem Sinne möchte ich, dass Sie die Bürgerinitiative, die sich da jetzt gebildet hat, ernst nehmen. Das sind nicht Leute, die sich gegen die Interessen der alten Menschen wenden. Das ist mir wichtig zu sagen, denn ich war gestern bei einer Veranstaltung und bei einer Pressekonferenz in Liesing und habe gesehen, das sind Menschen, die wollen, dass zwei Dinge in Liesing gut gelöst werden: Eine gute Versorgung für die pflegebedürftigen Menschen im Bezirk, eine Öffnung des Parks zugunsten der Gesamtbevölkerung, ein Hintanhalten wirtschaftlicher Interessen, die vielleicht begründbar sind aus der chronischen Geldnot des Krankenanstaltenverbundes, aber die offensichtlich dazu führen, dass man versucht, die letzten guten, schönen Parkeinrichtungen bestbietend zu Geld zu machen. Das kann doch einer sozialdemokratischen Stadtverwaltung nicht wurscht sein, wenn man aus allen letzten Beständen privatisierte Projekte macht, die man dann halt einmal verkauft und damit für ewig verloren hat.

 

Denken Sie an eine kommunale Nutzung des Schlosses. Nicht nur für die Musikschule, sondern was immer aus dem Bezirk an wichtigen und guten Vorschlägen kommt. Bleiben Sie mit dem Pflegeheim in einer Dimension, wo der Paradigmenwechsel, der so dringend in Wien eingefordert werden muss, endlich Realität wird, bauen Sie nicht die kleinere Bettenburg, aber doch eine Bettenburg, sondern bauen Sie kleine, wohnortnahe Pflegeheime. Und da sind 350 Betten sicher weit überzogen, bleiben Sie bei unter 100 und bleiben Sie dabei,

 

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