Gemeinderat,
10. Sitzung vom 27.06.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 11 von 96
ein schwerer politischer Fehler (Beifall bei der
ÖVP.), denn sie ist gut
recherchiert, realitätsnah und zeigt dringenden Handlungsbedarf im Pflegebereich.
Wir haben vorige Woche eine Vorstandssitzung im
Kuratorium der Pensionistenwohnheime gehabt, bei der Sie, Frau Stadträtin,
erfreulicherweise die Meinung vertreten haben, natürlich solle eine Umwandlung von
Wohn- in Pflegeplätze erfolgen. Man hätte das ja bereits 2001 beschlossen, aber
es wird mit dem notwendigen Fingerspitzengefühl gemacht. Selbstverständlich
wird man nicht Heimbewohner nach Hause schicken, aber man kann Prioritäten
setzen.
Ich war über diese Antwort erfreut. Aber weil ich da
immer vorsichtig bin, denn angekündigt wird ja sehr viel, besonders von Ihnen,
Frau Stadträtin, habe ich mir die Entwicklung der letzten fünf Jahre natürlich
genau angesehen, nämlich nach dem Motto: Vertrauen ist ganz gut, aber Kontrolle
ist besser. Und siehe da, vom 31.12.2001 bis zum 31.12.2005, also innerhalb von
vier Jahren, wurden 92 Pflegeplätze geschaffen. Das heißt,
92 Pflegeplätze von ungefähr 10 000 Plätzen, das ist nicht
einmal 1 Prozent der Wohn- und Pflegeheimbewohner in Wien. Frau
Stadträtin, es ist beschämend, das als Erfolg und als Strategie zu bezeichnen.
Damit bewegen Sie nicht einmal eine Ameise von einer Seite zur anderen. (Beifall
bei der ÖVP.)
Ihre Ankündigungspolitik, Frau Stadträtin, fast im Wochentakt
zu hören, ist vor allem heiße Luft. Sie kündigen immer wieder an, ein bisschen
variiert sind es immer die gleichen Themen, aber nichts davon ist wirklich
umgesetzt. Das ist bedauerlich, bedauerlich für die alten und kranken Menschen
in dieser Stadt, die durch ihre Schlafwagenpolitik die notwendige und
menschliche Betreuung, die sie brauchen, nicht erhalten.
Ihre Politik, Frau Stadträtin, ist konzeptlos, ist
visionslos. Es fehlen Tageszentren, Wohngemeinschaften, es fehlen ein
Gesundheitsplan, ein Krankenhausplan, ein Geriatrieplan. Wir haben diese Woche
Zeugnisverteilung. Wenn Sie ein Zeugnis bekommen würden, Frau Stadträtin,
bekämen Sie in der Ankündigungspolitik ein Sehr Gut, in der Umsetzung ein Nicht
Genügend. (Beifall bei der ÖVP.)
Aber lassen Sie mich heute noch einen Komplex
anschneiden, der mir persönlich und der für das Verständnis von Politik sehr
wichtig ist. Konkret geht es um die parlamentarische Kontrolle – das ist auch
wieder symptomatisch, wie viel Leute von der Mehrheitsfraktion hier zuhören –,
denn mit der parlamentarischen Kontrolle, meine Damen und Herren, steht das
Demokratieverständnis auf dem Prüfstand.
Bei Gesundheit und Sozialem,
den, wie ich schon erwähnt habe, so genannten Herzstücken der SPÖ-Regierung,
haben wir im Rechnungsabschluss ungefähr 2 Milliarden EUR, und
80 Prozent sind ausgegliedert. Das bedeutet, wir haben eine Manövriermasse
von 20 Prozent. Seit 2001 sind die wesentlichen Instrumente der
medizinischen Versorgung und die soziale Absicherung 2004 dann mit dem Fonds
Soziales Wien ausgegliedert worden. Die Hauptargumente waren vordergründig
höhere Flexibilität, Steigerung der Wirtschaftlichkeit, bessere Nutzung der
finanziellen und personellen Ressourcen.
Faktum ist: Unklare, nicht
der realen Arbeitssituation entsprechende Gliederung, da die Neustrukturierung
nicht entsprechend geplant wurde und daher nicht bedarfsorientiert erfolgte.
Ich denke nur an die Pflege.
Wir haben die Pflege in der TU 1, wir haben die Pflege in der TU 4.
Bei der TU 3 gibt es praktisch einen Stillstand, denn zwischen der
technischen Direktion und der VAMED gibt es immer Schwierigkeiten, eine
Immobiliengesellschaft wurde gegründet und so weiter.
Es hat eine Reihe von
rechtlichen Bedenken gegeben, die nicht beachtet wurden. Der Fonds Soziales
Wien übernimmt hoheitliche Aufgaben – wir werden am Donnerstag beim Bericht der
Volksanwaltschaft darüber zu diskutieren haben –, die Bescheiderstellung ist
bereits virulent, die Umgehung des Bundesvergabegesetzes ist nach wie vor im
Raum.
Ich behaupte – und ich bin nicht allein mit dieser
Behauptung, ich verweise auf das Gutachten Schramm & Partner –, Hauptzweck
der Ausgliederungen ist Budgetflucht und Entzug der parlamentarischen
Kontrolle. (Beifall bei der ÖVP.)
Selbst wenn Ausgliederung erhöhte
Wirtschaftlichkeit bei gleichzeitiger Optimierung der Ergebnisse erreicht, was
noch zu beweisen wäre, hat sie in einer Form zu erfolgen, die gemeinderätliche
Kontrollrechte bewahrt. Aber wie ist es denn?
Die Zuteilung der Mittel in
teilweise Milliardenhöhe durch den Gemeinderat erfolgt, ohne dass zu diesem
Zeitpunkt der Abstimmung aussagekräftige Unterlagen zur Verfügung stehen, zum
Beispiel genaue Aufstellung der Ausgaben, genaue Kalkulation geplanter Projekte
bei Neu- und Umbauten, exakte Projektbeschreibung mit Kostenaufstellung und
Definition der Ziele, wie es in jedem Unternehmen selbstverständlich ist.
Der Jahresabschluss belegt
die widmungsgemäße Verwendung der Mittel, nicht jedoch ihren optimalen,
zielorientierten und wirtschaftlichen Einsatz.
Information erfolgt, wenn
überhaupt, nachträglich durch Jahresberichte, die durchaus für die Qualität der
vom Magistrat beschäftigten Graphiker und Druckereien sprechen, sich aber inhaltlich
sehr, sehr mager darstellen, um sie nicht als inhaltsleer zu bezeichnen, oder
durch Jahrespläne, die bestenfalls Absichtserklärungen darstellen, die keine
Parameter enthalten, an denen Erfolg oder Misserfolg gemessen werden kann.
Meine Damen und Herren! Ich
behaupte, die Wiener SPÖ hat ein völlig gestörtes Verhältnis zur Öffentlichkeit
und Transparenz. Daher muss ja auch eine SPÖ-GmbH nach der anderen gegründet
werden. 20 Prozent können wir im Ausschuss beschließen. Ich habe mir das
angesehen. Im Jahr 2005 haben wir – ich schaue ganz genau nach – 70
Tagesordnungspunkte gehabt, ein Jahr vorher waren es noch 115. Von diesen 70
Tagesordnungspunkten sind 41 Anträge und Berichte gewesen, die die Opposition
gestellt hat. Der Rest, nicht einmal 30, waren
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