Gemeinderat,
10. Sitzung vom 26.06.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 94 von 118
bestehenden Situation. Ich habe etwa schon die spezifische
historische Grundlage erwähnt.
2004 ist vorbei. Es war das Jahr vieler
internationaler Erhebungen, vieler Gespräche mit den Praterunternehmerinnen und
-unternehmern, vieler Vergleichsanalysen.
2005, das Jahr, worüber wir jetzt reden, war das
erste Jahr, in dem bereits konkrete Projekte – insgesamt knapp 250 – erarbeitet
worden sind. Viele davon wurden auch schon umgesetzt. Da ist erstens einmal das
Know-how vermittelt worden, und zweitens gibt es uns heute, nach der
Präsentation der Leitlinien, schon ein bissel einen Blick darauf, was der
Prater in Zukunft sein wird. Es wird mehr Attraktionen geben, es wird mehr
Wasser geben, es wird eine Liliputbahn geben, die nicht nur Liliputbahn ist,
sondern auch ein Verkehrsmittel, es wird ein Wegekonzept geben, es wird viel
freundlichere Eingangssituationen geben. Kurz, es wird einen Prater geben, der
einer der tollsten Plätze Wiens bleibt, muss man fast sagen, aber sicher in
Zukunft diesen Status nicht abgeben wird. Er wird unverwechselbar sein,
Wien-typisch, historisch wertvoll, und er kann sich vor allem im
internationalen Vergleich mehr als sehen lassen. Ich glaube, auf diese Arbeit
können wir sehr, sehr stolz sein. Sie hat sich gelohnt. (Beifall bei der
SPÖ.)
Zweites Thema – fast schon mit Zwischenstand –: „Noch
nie in der Geschichte der Zweiten Republik wurde der medienpolitische
Machtanspruch so ungeniert artikuliert wie unter der Wenderegierung. Der ORF
wird als Besitz betrachtet, Politiker fühlen sich als Hausherrn. Eine neue
Facette im System ist die Unverfrorenheit, mit der die politischen Parteien
ihre Kandidaten auch selber bewerben.“ – Ich lese deshalb vom Blatt, weil es
nicht ein Zitat von mir ist, sondern von einem, der sich eher nicht verdächtig
macht, ein linker Theoretiker zu sein. Es ist der ehemalige Zweite
Nationalratspräsident der ÖVP, Heinrich Neisser.
Gehört habe ich das Zitat zum ersten Mal in der
berühmten Rede Armin Wolfs zur Verleihung des Hochner-Preises. Sowohl das Zitat
als auch die Rede Armin Wolfs als auch die Tatsache, dass lustigerweise über
diese Rede gar nichts gebracht wurde in der Berichterstattung des ORF – all das
wirft ein Schlaglicht auf die Situation des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in
Österreich. Seit Antritt dieser Bundesregierung wurde alles getan, um den ORF
unter den Einfluss Schüssels zu bringen und das journalistische Niveau noch
weiter zu senken. Und ich muss schon sagen, es ist diese Unverfrorenheit, mit
der dabei brutal jede Form des freien und unabhängigen Journalismus demontiert
wird, die ich einfach ekelerregend finde.
Aber man muss nicht nur auf den
öffentlich-rechtlichen Rundfunk schauen. Österreich ist ein eigenständig
seltsames Land, was Medienpolitik betrifft. Wir haben eine ziemlich
wirtschaftliche Konzentration, was die Eigentümerstrukturen betrifft, und zwar
im Print-, aber auch im Privatradiobereich. Wir haben gerade mal 16 Titel
an täglich erscheinenden Printmedien. Das ist im internationalen Vergleich
nicht berühmt, und daraus – und jetzt komme ich zur Wiener Situation – kann man
und muss man meines Erachtens Lehren ziehen.
Erstens: Es ist umso wichtiger, dass die Stadt Wien
selbst Player ist. Das sind wir mit einer Unzahl von Medien, die die
Kommunikation mit Bürgerinnen und Bürgern ernst nehmen, das sind wir mit einer
Homepage, wo wir knapp 25 Millionen Zugriffe pro Monat haben – das ist
verdammt viel –, es ist das allerwichtigste Kommunikationsmedium der Stadt und
seit 2005 mit einer sehr richtungsweisenden Entscheidung auch verstärkt im
Ausland. Wien ist die einzige Stadt, die in elf Städten im Ausland eigene
Kommunikationsbüros hat, und es freut mich, hier auch, falls es entgangen ist,
berichten zu können, dass letzten Donnerstag die Compress PR dafür auch den
Euro Media Award bekommen hat. Ganz herzliche Gratulation für diese großartige
Arbeit. (Beifall bei der SPÖ.)
Zweiter Schluss, den ich ziehen möchte: Wir brauchen
eine Medienpolitik, die nicht oder nicht ausschließlich bedeutet,
Personalpolitik im ORF zu machen, und die nicht bedeutet, parteipolitische
Interessen entweder durch Recht oder durch Geld irgendwo in Medien
durchzudrücken, sondern wir brauchen Medienpolitik als täglich gelebte
Gesellschaftspolitik, die aktiven, kritischen Journalismus fördert, aber auch
Unternehmergeist, denn wir brauchen auch Medienunternehmen in unserer Stadt.
Und das ist genau das, was Wien versuchen wird:
Nämlich diesen Pluralismus zu erhalten, indem wir Wien weiterentwickeln. Wien
ist der größte Medienstandort Österreichs. Wir haben vieles vor. In der Regierungserklärung
hat Bgm Häupl 2005, in unserem Berichtsjahr, davon gesprochen, einen
Medienstandort, einen Mediencluster zu bilden. Das letzte Jahr war das Jahr der
vielen wissenschaftlichen Vorerhebungen dazu, wir kommen jetzt in die Phase der
Umsetzung. Auf die freue ich mich schon sehr.
Dritter Schluss: Zum Pluralismus gehört auch, dass
wir Komplementärmedien brauchen, mediale Räume, wo Menschen mitmachen können,
die ein bissel abseits vom Mainstream arbeiten wollen, vielleicht Themen haben,
die ein bissel abseits vom Mainstream, der in Österreich bekanntlich relativ
dünn ist, wie ich schon gesagt habe, zu Wort kommen können, Diskursmedien und
nicht einfach Beschallung.
Ende 2005 ist das Wiener Community-TV Octo on air
gegangen mit einer Unterstützung der Stadt von knapp einer Million Euro.
Mittlerweile sind sie soweit, dass sie schon zum ersten Mal ihre Sendungen
ausweiten. Es gibt seit Mai 15 neue Sendungen. Bis dato sind es 70
unterschiedliche von ebensolchen Communitys gewesen.
Ich mache es kurz: Einschalten lohnt sich,
Kanal 8 im Kabel-TV. Es gibt mittlerweile keine Ausreden mehr. Seit einem
Monat gibt es auch Webstreaming, also einfach www.octo.tv
für die Leute ohne Kabel. Übrigens: Auch Octo bekam am Donnerstag den Euro
Media Award. Ist doch was Schönes.
Partizipative Medien gibt es ja
nicht nur jetzt neu, sondern sie haben auch schon Tradition. Radio Orange sei
kurz erwähnt, weil 2005 ein sehr wichtiges Jahr für
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