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Gemeinderat, 10. Sitzung vom 26.06.2006, Wörtliches Protokoll  -  Seite 12 von 118

 

ohne etwas kritisch zu hinterfragen, ohne zu prüfen, die Hand oder stellt sich dann hier heraus zum Rednerpult und versucht, alles schön zu färben, versucht, Zahlen, Statistiken irgendwie umzuändern, versucht, die eigentlichen Zahlen zu negieren. Das ist genau das System.

 

Die Stadt Wien ist letztlich genauso in einer Situation, dass ich die Angst habe, dass es durch die Ausgliederungen, die Sie vorgenommen haben, durch die Kontrolle, die Sie uns entzogen haben, eben ähnlich sein wird wie beim ÖGB, wo die zentrale Kontrollkommission genauso versagt hat. Dort hat man noch eine Möglichkeit gehabt, wir haben ja die Möglichkeit gar nicht mehr, die die zentrale Kontrollkommission des ÖGB gehabt hat, auch wenn sie versagt hat und ihrer Kontrollaufgabe nicht gerecht geworden ist. Diese Möglichkeit haben wir ja gar nicht mehr.

 

So viel Schaden hätte man abwenden können. Denn es geht ja jetzt bei der ganzen Debatte BAWAG-ÖGB - und diesen Vergleich sollte man hier auch anstellen - nicht ausschließlich um das Geld der kleinen Mitglieder, der kleinen Gewerkschaftsmitglieder, es geht auch um das Geld aller Steuerzahler, die letztlich diesen Schaden zu decken haben. Genauso ist es auch bei dem Schaden, der hier durch falsche Budgetpolitik angerichtet wird, den dann auch die Steuerzahler, nämlich alle Wiener Steuerzahler, zu tragen haben. Und genau das ist es ja! Sie sind so unverantwortlich mit Gewerkschaftsmitgliedsbeiträgen umgegangen, die Sie verspekuliert haben. Damit haben Sie ja die Arbeiternehmerinteressen und die Gewerkschaftsinteressen verkauft und verraten.

 

Ich meine, im Grunde genommen müsste heute jeder von Ihnen eine Schamesröte im Gesicht haben, wie Sie agiert haben und wie Sie mit diesen Geldern umgegangen sind. Aber genau das ist es ja, genau deshalb kann letztlich heute ein selbstgefälliger Bundeskanzler Dr Wolfgang Schüssel auch ungeniert agieren, weil Sie nicht anders waren in Ihrer Vorgangsweise wie er. Auch Sie haben Raubtierkapitalismus gelebt, auch Sie haben eine "Brüssel-zuerst-Politik“ gelebt, leben diese "Brüssel-zuerst-Politik" permanent, und Sie haben letztlich dafür Sorge getragen, dass heute die großen Industrien auch die Arbeitnehmerinteressen schlucken können. Sie haben nicht dagegengehalten und Sie halten nicht dagegen, nein, Sie spielen teilweise mit in diesem System. Und das hat ja auch die ÖGB-BAWAG-Skandalgeschichte aufgezeigt.

 

Es ist aber nicht nur die Art, wie hier im Gemeinderat Kontrolle entzogen wird, wie ich das angesprochen habe, wie Zahlen versteckt werden, wie Entwicklungen beschönigt werden, sondern ganz allgemein, wie man eben auch mit Mandataren einer Kontrollpartei umgeht. Wenn man Kontrollbesuche in Krankenanstalten, in Pflegeeinrichtungen vornehmen will, dann gibt es die Pflichtbegleitungen durch Mitarbeiter der Stadträte, die vorgegeben werden, die verlangt werden, sonst wird das sozusagen untersagt. Dann sind diese Mitarbeiter der Stadträte oftmals krank, die sind wochenlang, monatelang krank, wenn man so einen Kontrollbesuch vornehmen will. Wir haben es ja erlebt. Wochenlang, monatelang krank. Also das ist unglaublich, was da für Krankheiten ausbrechen, wenn man kontrollieren will in dieser Stadt. Da sind dann also die Verantwortungsträger auf einmal nicht aufzufinden und todkrank, sodass man den Kontrollbesuch nicht vornehmen kann.

 

Und wenn man mit den Spitzen in den Unternehmen im Einflussbereich der Stadt Wien Kontakt aufnehmen will, dann bekommt man zu hören: Ich darf Ihnen nichts sagen. Wir haben unsere Weisungen. Oder: Ich dürfte eigentlich gar nicht mit Ihnen reden, also bitte sagen Sie das nicht weiter. Bitte wenden Sie sich an das Stadtratbüro der zuständigen Stadträte.

 

Die Protokolleinsicht wird immer wieder von den Kontrollparteien beanstandet. Schriftliche Anfragen werden inhaltlich überhaupt nicht beantwortet, völlig flapsig wird eine Nichtantwort gegeben. Oder was auch vorkommt: Dass man eigentlich viel, viel zu spät eine Antwort bekommt, die nicht brauchbar ist. Das ist all das, was wir erleben. Bei der StRin Sima darf man mit keinem Beamten aus ihrem Ressort und ihrem Bereich reden, sondern überhaupt nur mit dem Pressesprecher kommunizieren.

 

Das ist doch alles keine Art, wie man von Seiten der Verantwortlichen hier in diesem Haus handelt und agiert. Da hat man den Eindruck und da liegt es irgendwie auf der Hand, dass man irgendwas vertuschen oder verdecken will.

 

Ich bleibe dabei: Die Zustände, die sich hier im Hause zutragen, haben fatale Ähnlichkeit mit jenen im ÖGB, und diese haben bekanntlich zum größten Skandal der Zweiten Republik geführt. Und ich sage Ihnen das sehr deutlich: Ich will eben diese Zustände nicht auch hier erleben. Doch als junger Mandatar habe ich die Befürchtung, dass genau meine Generation das noch einmal erleben wird müssen. Denn die Kette Ihrer Skandale, die kennen wir ja. Das reicht vom “Konsum“ bis zum ARBÖ. Bei dem ist der Herr StR Rieder ja schon zurückgetreten, nachdem dort auch einer in die Kasse gegriffen hat. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Aber der Herr Hundstorfer hat bis heute überhaupt kein schlechtes Gewissen, habe ich den Eindruck. Kein schlechtes Gewissen, das ist alles eine Selbstverständlichkeit, er ist weiterhin Verantwortungsträger. Keine Verantwortung zu übernehmen und so weiter zu tun wie bisher, das ist genau die Methodik. Da sagt man halt: Wir haben das alles nicht gewusst und schon gar nicht gewollt, und wir haben doch vertraut auf die da oben. Oder noch schlimmer: Man kann leider nichts mehr machen, das ist halt passiert. Oder: Es war alles rechtens, zwar nicht moralisch, aber rechtlich ist eigentlich nichts bedenklich.

 

Das sind dann genau diese Argumente, die man hört, so die Kopf-in-den-Sand-Mentalität, und die Folgen sind im Grunde genommen gar nicht abschätzbar. Sie sind aber durch fehlendes Hinterfragen zustande gekommen, durch Versagen in der Kontrolle zustande gekommen, und deshalb ist mir schon klar, dass es Ihnen nicht recht ist, dass es Kontrollmechanismen gibt und dass Sie in diesem Haus sukzessive weiter vorhaben, dort, wo noch Kontrollmöglichkeiten da sind, uns diese auch

 

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