Gemeinderat,
9. Sitzung vom 24.05.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 93 von 108
Fragen 3 und 4: Suchtkranke, egal, wo sie sich aufhalten, werden von uns - jawohl, dazu bekennen wir uns - beraten, betreut und behandelt. Das ist unser Betrieb, das ist unser Prinzip, so arbeiten wir. Wir treiben kranke Menschen nicht durch die Stadt, sondern wir versuchen, ihnen zu helfen, wir versuchen vor allem, sie von der Straße zu holen, und dies ist auch erfolgreich. Natürlich gibt es auch in Wien eine Straßenszene, aber ich bitte Sie, hier einmal nur halbwegs seriös mit anderen Millionenstädten zu vergleichen. Wir versuchen, die Menschen von der Straße zu holen, wir versuchen, ihnen ärztliche und sozialarbeiterische Hilfe anzubieten, und wir kümmern uns auch um das Umfeld.
Denn uns sind alle Menschen wichtig. Wir lassen die
Drogenabhängigen nicht im Stich, wir lassen aber auch diejenigen nicht im Stich,
die sich fürchten und denen diese Situation unangenehm ist. Ich habe es am
Beispiel von “Help U“ schon erläutert. Hier gelten die Inhalte des Wiener
Drogenkonzeptes, wir reagieren auf neue Problemstellungen sehr angemessen und
meiner Ansicht nach auch sehr innovativ.
Zu den Fragen 5 und 6: Sehr geehrte Damen und Herren,
alle, die mich kennen, wissen, dass das mein Herzensanliegen ist: Wesentlicher
Schwerpunkt und eine der vier Säulen des Wiener Drogenkonzeptes ist die
Prävention. Wir haben hier sehr, sehr viele Maßnahmen gesetzt; auch das haben
wir wiederholt präsentiert und im Drogenbeirat diskutiert. Wir haben eine so
dicke Unterlage mit allen Projekten, die wir machen, von meinem
Lieblingsprojekt, dem spielzeugfreien Kindergarten, der einer gewissen
intellektuellen Auseinandersetzung mit dem Thema bedarf, wenn man sich darauf
einlassen möchte, bis hin zu unseren Aufklärungs- und Informationsprojekten,
die wir in den Bezirken vor Ort mit den Bezirksvorstehern und
Bezirksvorsteherinnen machen. Nebenbei bemerkt: Herzlichen Dank dafür!
Es gibt also eine Vielzahl von Maßnahmen, auch
arbeitsmarktpolitische Projekte, Arbeitsprojekte, um Abhängige wieder in das
normale Leben zurückzuführen. Hier helfen wir Suchtkranken ganz nach unserem
Prinzip und den vier Säulen des Drogenkonzeptes und kooperieren dort, wo es
möglich und im Rahmen unserer Aufgabe vorgesehen ist, mit der Exekutive. Es
gibt hier - das wissen alle, die Bezirksvorsteher und Bezirksvorsteherinnen
sind bei den Treffen ja regelmäßig dabei - institutionelle Kontakte,
Arbeitskreise, sehr gute Kontakte und insbesondere die Kooperation mit der
Polizei. Denn Kompetenz haben wir keine - ich denke, hier ist nicht der Platz
für eine Grundschulung in Verfassungsprinzipien -, aber die Kooperation mit der
Polizei funktioniert sehr, sehr gut.
Jemand, der sich ganz besonders um diese Kooperation
in alle Richtungen annimmt, ist unser Wiener Drogenkoordinator Michi Dressel,
der genau dieses Wiener Drogenkonzept auch umsetzt. Die in Ihrer Anfrage
angegebenen Aussagen sind - ich muss es leider sagen - wieder falsch zitiert.
Es ging bei dem, was er gesagt hat, tatsächlich um die Verhinderung der
Kriminalisierung von ganz jungen, zum ersten Mal probierenden Jugendlichen, mit
Hinweis auf die Ausbaumöglichkeit der Diversionsmaßnahmen nach dem
Suchtmittelgesetz.
Auch die zweite Aussage ist nicht richtig
wiedergegeben. Michi Dressel bezog sich dabei generell auf ein
sozialverträgliches Nebeneinander der unterschiedlichen Interessen. Gerade er
ist einer, der sich immer besonders dafür einsetzt, dass ein gewisses
Mindestmaß an gegenseitiger Rücksichtnahme von allen Nutzern und
Nutzerinnen öffentlicher Räume zu erwarten ist. Keinesfalls ist die Duldung
kriminellen Verhaltens darunter zu subsumieren.
Ich denke jedoch, aufgrund seiner fachlichen
Qualifikation, aber auch aufgrund der deutlich nachweisbaren Erfolge in den
letzten Jahren legen wir alle, und ich ganz besonders, sehr großen Wert auf die
inhaltliche Arbeit von Michael Dressel, auf eine weitere Ausübung seiner Funktion
als Wiener Drogenkoordinator. Ich möchte ihm an dieser Stelle für sein riesiges
Engagement und seine erfolgreiche Tätigkeit ausdrücklich danke schön sagen! (Beifall
bei der SPÖ.)
Zu den Fragen 11 und 12 darf ich, wie schon
wiederholt, auf die Berichterstattung verweisen, die es im Zuge der Erweiterung
des FSW gegeben hat. Auch das haben wir im Drogenbeirat schon öfters gesagt:
Die hier eingeforderten Berichte sind im Zuge der Berichterstattung des FSW
erfolgt.
Zu den Fragen 13 bis 15 verweise ich ebenfalls auf
bereits bekannte Positionen, die wir intensivst diskutiert haben. Drogentests
sind keine Präventionsmaßnahmen, sondern ein diagnostisches und als
preisgünstiger Schnelltest üblicherweise unzuverlässiges Mittel. (GR
Heinz-Christian Strache: Rechtzeitig auf die Krankheit draufkommen, haben Sie
vorhin gesagt!) Kindern und Jugendlichen auf diese Weise quasi generell
Drogenkonsum zu unterstellen und Drogentests als Disziplinierungsmaßnahmen
einzusetzen, sehe ich nicht als sinnvoll an. (GR Heinz-Christian Strache:
Frau Stadträtin! Jetzt widersprechen Sie sich selbst!)
Nochmals, wesentliche Säule des Wiener Drogenkonzepts
ist Prävention und nicht die Unterstellung, dass alle Jugendlichen per se
Drogenkonsumenten sind. (GR
Heinz-Christian Strache: Sie widersprechen sich!) Das vorhandene sehr
spezifische Hilfs- und Unterstützungsangebot steht allen Kindern im Sinne des
frühzeitigen Ansprechens und auch den Eltern zur Verfügung. Wir haben sehr gute
Projekte für Eltern, vor allem für Eltern von Kindergartenkindern. Ein
Massen-Screening halte ich nicht für sinnvoll. Ganze Berufsgruppen auf diese
Art und Weise in ein Eck zu drängen, bringt nichts, denn grundsätzlich, dazu
brauchen wir keine neuen Regelungen, ist völlig klar, dass Suchtgiftmissbrauch
verboten ist. Das bedarf keiner zusätzlichen Regelung. Eine gute Entwicklung
von Kindern, sehr geehrte Damen und Herren, lässt sich nicht durch strengere
Strafen herbeiführen, sondern durch eine kontinuierliche kritische
Auseinandersetzung mit dem Thema "Sucht und Drogen" im Rahmen einer
umfassenden Gesundheitserziehung und Prävention. Dafür setzen wir uns ein! Das
tun wir! (Beifall bei der SPÖ.)
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