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Gemeinderat, 46. Sitzung vom 23.09.2004, Wörtliches Protokoll  -  Seite 37 von 119

 

Das neue Opernhaus im Theater an der Wien, das es ab 2007 in dieser Stadt geben wird, ist der große Wurf dieser Stadtregierung, das ist der große Wurf des Kulturstadtrates Mailath-Pokorny, und das ist eine historische Entscheidung. Jahrzehntelang wurde von Kulturpolitikern dieses Hauses, von Kulturjournalisten, von Künstlern und Kulturschaffenden gefordert, dass im Theater an der Wien das gespielt wird, was dort am Besten gezeigt werden kann, nämlich nicht elektronisch verstärktes Musiktheater, sondern Oper. Und das wird jetzt geschehen. Wir setzen damit eine neue Attraktion ins Kulturleben der Stadt Wien, ein zusätzliches Opernhaus, und schließen damit eine wichtige Lücke, die es, bei aller Kompetenz der Musikstadt Wien, bei uns gibt. Wir schließen nämlich die Lücke, dass immer nur ein ganz kleiner Teil der Opernliteratur in dieser Stadt gezeigt wurde und auch gezeigt wird. Die Opernliteratur besteht aus zirka 5 000 Werken. In den Opernhäusern dieser Stadt und auch international werden immer nur 100 bis 150 Werke dieser 5 000 Opern gezeigt. Die anderen werden nie gezeigt, aber nicht, weil sie schlecht sind, sondern weil sie einfach heute nicht im Repertoire sind.

 

Genauso gut kann man es von der Operngeschichte her sehen. Die Operngeschichte ist jetzt knapp 400 Jahre alt. Von diesen 400 Jahren Operngeschichte werden in den gängigen Häusern dieser Stadt gerade 100 bis 130 Jahre Opernliteratur gezeigt. Die andere Zeit kommt nicht vor in dieser Stadt. Begonnen mit 1607, Monteverdi, bis zu Mozart. Die gesamte Barockoper wird nicht gezeigt in dieser Stadt. Anders übrigens als in Amsterdam, in Berlin, in München, in Paris und in London. (GRin Mag Marie Ringler: Man kann sie woanders zeigen!) Man kann sie nicht woanders zeigen. (GRin Mag Marie Ringler: In der Kammeroper!) In der Kammeroper? Das ist natürlich arrogant, dass du sagst, okay, die Barockoper kommt in ein Haus mit 100 Plätzen, das vielleicht 700 000 EUR Subvention hat. (GRin Mag Marie Ringler: Die Kammeroper hat viel mehr Plätze!)

 

Die Barockoper ist genau so viel wert wie die klassische Oper, und sie braucht genau den Raum, wofür Sie eben geschrieben wurde. Und dafür ist das Theater an der Wien der ideale Ort. Wir werden in dem neuen Opernhaus im Theater an der Wien aber nicht nur die 200 Jahre Barockoperngeschichte zeigen, sondern wir werden auch jene 50 bis 70 Jahre Operngeschichte der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zeigen, die auch nicht in der Staatsoper und in der Volksoper gezeigt wird, nämlich die zeitgenössische Oper.

 

Diese Kombination aus Barockoper, Mozartoper und zeitgenössischer Oper wird an einer sehr spannenden neuen Opernspielstätte in dieser Stadt gezeigt werden und eine neue Attraktion darstellen. Und wie erfolgreich das Konzept ist, hat Intendant Geyer mit dem KlangBogen in den letzten Jahren schon gezeigt, wo er 15 derartige Raritäten aufgeführt hat, und zwar mit überaus großem künstlerischen Erfolg und auch großem Erfolg beim Publikum.

 

Es geht hier nicht darum, wie Marie Ringler gesagt hat, ein viertes Opernhaus zu schaffen. Wir wollen ein neues Opernhaus schaffen, das zumindest ex aequo mit der Staatsoper an erster Stelle ist. Natürlich haben wir als Ziel, dass wir die Ersten und die Besten sind. (GRin Mag Marie Ringler: Aber nicht um dieses Geld! Wie soll das gehen?) Wir machen das spannendere Opernhaus, denn im Theater an der Wien wird es jährlich 10°Pre-mieren geben, 10°Uraufführungen geben in dieser Stadt (GRin Mag Marie Ringler: Wie soll das gehen? Das ist doch absurd!), während in der Oper oft über 40 Jahre dieselben Aufführungen gezeigt werden. (GRin Mag Marie Ringler: Der Herr Geyer ist auch kein Zauberer!)

 

Das ist Innovation für die Musikstadt Wien, das ist eine Weiterentwicklung, das ist eine neue Attraktion, und daher werden wir dieses Opernhaus im Theater an der Wien schaffen. Dieses neue Opernhaus ist ein Teil dieser Opernreform. Wir wollen aber gleichzeitig nicht den Musicalstandort schwächen. Es hat bisher zwei Häuser für Musical gegeben, und wir wollen auch diesen Musicalstandort Wien genauso wichtig nehmen wie die Oper. Und das soll auch so sein. Es gibt gleich viele Menschen in dieser Stadt, die Opern sehen wollen, wie solche, die Musical sehen wollen. Uns sind die Opernbesucher und die Musicalbesucher in dieser Stadt politisch gleich viel wert. Da gibt es keine Arroganz, sozusagen hier das hehre Opernprogramm und das hehre Opernpublikum und dort das minderwertige Musicalpublikum.

 

Wir wollen auch nicht ein beliebiges Musical in dieser Stadt zeigen, sozusagen einen Gastspiel-Tingel-Betrieb, bei dem alles, was in Deutschland oder am Broadway abgespielt wurde, auch in Wien noch ein bisschen ausgepresst wird, sondern wir wollen den Weg gehen, den wir in den letzten Jahren gegangen sind. Wir wollen eigenständige, hochqualitative Musicals schaffen, die nicht so gezeigt werden, wie es beispielsweise in London oder in Deutschland der Fall ist, wo die Musik vom Band kommt, wo die Sänger oft letztklassig sind, wo die Häuser auch nicht so ausschauen wie in Wien. Wir haben großartige Häuser, in die man gerne hingeht. In Deutschland wird oft in Hallen neben Autobahnraststationen gespielt. Das ist ein Musicaltheater, wie wir es in dieser Stadt nicht haben wollen, und daher investieren wir auch in den Musicalstandort Wien. Wir haben das in der Vergangenheit gemacht, und wir werden das auch in der Zukunft machen. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Nun zur Erklärung der Zahlen für den Andi. Es tut mir Leid, dass wir das in der Presseaussendung nicht erklärt haben für dich, aber ich werde es hier nachholen.

 

Wir spielen derzeit Musical in dieser Stadt, und zwar 12°Monate im Raimund Theater und 8°Monate im Theater an der Wien, macht 20 Monate Musicalbetrieb. Das bedeutet zirka, je nach Erfolg der Produktionen, zwischen 500 000 und 600 000 Musicalbesucher jedes Jahr. In Zukunft, ab 2007, werden wir im Raimund Theater 12°Monate spielen und im Ronacher 12°Monate spielen. Das macht, Andi Salcher, 24 Monate! Wenn zwei Häuser ein ganzes Jahr lang spielen – die spielen dann wirklich 350 Tage im Jahr –, dann kann man auf 700 000 Besucher im Musical kommen. Also das ist eine einfache Rechnung. Es tut mir Leid, dass wir das nicht so genau

 

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