Gemeinderat,
35. Sitzung vom 25.11.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 87 von 120
sollte. Drei Viertel der 60-Jährigen haben ihre aktuelle
Wohnung meisten schon vor mindestens 20 Jahren bezogen. Am Rande zu
bemerken ist, dass die Österreicher und auch die Wienerinnen und Wiener, was
das Wohnen angeht, nicht sehr mobil sind. Zwei Drittel der befragten
Über-60-Jährigen wohnen in Hauptmietwohnungen und knapp die Hälfte sind
Bewohnerinnen und Bewohner von Gemeindebauwohnungen.
Wie schaut die Wohnausstattung aus? Diese Daten sind
wiederum aus einer Befragung, "Leben in Wien". Die Hälfte der
Befragten lebt nicht in Wohnungen der Kategorie A. Hier wäre anzusetzen,
wo präventiv etwas für Menschen zu tun ist, bevor sie alt sind, damit sie so
lange wie möglich in den eigenen vier Wänden gut leben und um ihnen ein gutes
Leben zu ermöglichen. Wenn jemand schon Probleme hat, denn dann wird er seine
Wohnung kaum mehr umbauen. Dazu kommt noch, je älter die Personengruppe ist,
desto schlechter sind die Wohnverhältnisse und desto niedriger ist der
Wohnungsstandard.
Es wurde in den letzten Jahren viel saniert, aber es
gibt immer noch eine große Anzahl von Personen, die mit einem niedrigen
Wohnungsstandard leben müssen. Natürlich sind wiederum die Älteren und vor
allem die allein stehenden Frauen am meisten davon betroffen. Es betrifft auch
die nichtösterreichische Bevölkerung – das ist ein Prozentsatz von
5 Prozent –, aber eben auch die Österreicherinnen und Österreicher, also
Wienerinnen und Wiener, die in den Gründerzeithäusern wohnen und mit diesen
schlechten Wohnverhältnissen zu kämpfen und zu leben haben.
Man stellt immer fest, dass hier eine starke
Korrelation mit dem Alter zu finden ist, wenn es um Unfälle geht. Es steigt
nämlich der Anteil derer, die in Nicht-Kategorie-Wohnungen leben, also der
Hilfs und Hilfsbedürftigen, auf 60 Prozent. Wie häufig sind hier Mängel?
27 Prozent haben kein Badezimmer, 9 Prozent weder Dusche noch Bad,
12 Prozent kein WC in der Wohnung, was ein Horror für einen alten Menschen
ist, der mit verschiedenen Schwierigkeiten auf dem Gebiet dann im Winter
womöglich in der Nacht auf den Gang hinaus muss. 8 Prozent haben kein
fließendes Wasser in der Wohnung. Das gibt es also immer noch. Das hat man
erhoben. Ich bin selber erstaunt. Es ist zwar so, dass 80 Prozent günstige
Wohnkosten haben, aber dafür tendenziell schlechter ausgestattete Wohnungen.
Hier
müsste die Politik dringend aktiv werden, einerseits begründet durch die
demografische Entwicklung, die zwar in Wien in den nächsten Jahren nicht so
gravierend ist – die haben wir schon in den Siebziger Jahren, als ich nach Wien
kam, gehabt, wo ich mir gedacht habe, hier gibt es nur alte Leute – und
andererseits im Zusammenhang von Wohnen, Gesundheit und Unfallrisiko. Trotzdem,
sehr geehrte Damen und Herren, so ganz unberührt von der demografischen
Entwicklung bleibt auch Wien nicht. Bis zum Jahr 2015 wird dieser Anteil
moderat auf 23 bis 25 Prozent steigen, aber dann kommt die
Babyboomgeneration aus den Sechzigerjahren langsam zum Tragen. Dann wird bis zum
Jahr 2030 immerhin ein Anteil von 30 Prozent 70 Jahre alt sein.
Also es
geht hier – das möchte ich wirklich zu bedenken geben – nicht nur um die
Absiedlung von tausend Bewohnerinnen und Bewohnern aus dem Pflegeheim Lainz.
Ich habe nachgerechnet. Wenn Sie neue Pflegeheime wie Favoriten, das
192 Bewohnerinnen und Bewohner hat, bauen, heißt das, Sie brauchen
mindestens fünf davon. Dann brauchen Sie natürlich noch die Kosten, um sie auch
betreiben zu können, ganz zu schweigen vom Personalmangel. Insofern ist es eine
ganz vordringliche Angelegenheit, für Wohnungen zu sorgen, wo die Menschen zu
Hause, so lange wie möglich in ihren eigenen vier Wänden, leben können, was
noch immer der Wunsch von 90 Prozent der Bevölkerung ist.
Sie können sich vorstellen, schlechte Wohnverhältnisse,
feuchte, schlecht geheizte, unhygienische Wohnungen haben bekanntermaßen auch
negative Effekte auf die Gesundheit und eben Risikofaktoren für Unfälle. Eine
Studie über Unfälle im Haus hat wiederum ergeben, dass die häufigste
Unfallursache der Personen über 60 Jahre der Sturz ist. 80 Prozent
der Personen, die im Haus verunfallen, haben einen Sturz. Bei den Stürzen haben
wir erst letzthin ein prominentes Opfer gehabt, als Kardinal König über den
Teppich gestolpert ist. Das soll öfters vorkommen. Von Leitern
herunterzufallen, soll vorkommen. Ein Sturz über eine Treppe soll vorkommen. Es
gibt noch viele Möglichkeiten mehr oder einfach schwindlig zu sein und dann
eben über unebene Böden, über Türstaffeln und so weiter zu fallen. Jeder Fünfte
der Über-60-Jährigen verunfallt im Haushalt. Hier besteht ein ganz enger
Zusammenhang zwischen Art und Ausstattung der Wohnung zur Sicherheit. Das zeigt
wiederum, dass die Personen mit Unfällen in signifikant älteren und schlecht
ausgestatteten Wohnungen leben als die anderen, die keinen Unfall haben.
Diese Studie zeigt auch, dass die nach einem Unfall
stationär behandelten Personen in besonders alten Wohnungen leben. Dennoch
möchten die meisten Menschen mit all ihren gesundheitlichen Einschränkungen zu
Hause alt werden. Sie ziehen dieses Umfeld, das Leben in den eigenen vier
Wänden, vor. Sie beziehen zum Teil natürlich Pflegegeld und beanspruchen die
mobilen Dienste, über die, wie gesagt, noch sehr viel zu sagen wäre.
Was ich noch über die mobilen Dienste sagen möchte,
ist, dass sie in erster Linie für den stationären Pflegedienst ausgebildet sind
und zusätzlich in einer Wohnung kaum Hilfsmittel für die zu pflegenden
Bewohnerinnen und Bewohner haben. Der Zustand der Wohnungen – das wurde auch
auf einer Tagung der mobilen Pflege vom Roten Kreuz gesagt – ist für sie oft zu
katastrophal, um ihre Hilfe überhaupt durchführen zu können. Die Verwahrlosung
der Wohnung erschwert ihre Arbeit ungemein.
Jetzt schaue ich mir das Budget an, das für die stationäre
Pflege vorgesehen ist. Das sind 240 Millionen EUR.
156 Millionen EUR gibt es für die ambulanten Dienste. Das Verhältnis ist
40 zu 60, wobei aber 80 Prozent in den eigenen vier Wänden bleiben und
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