Gemeinderat,
23. Sitzung vom 17.01.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 29 von 32
so weiter aktuell. Ich möchte da auf den Kollegen
Hundstorfer zurückkommen. - Das stimmt schon, ich bin in einem Kulturverein.
Nur, ich habe für diesen Verein noch nie gesprochen, ich habe noch nie einen
Antrag gestellt und ich bin nicht einmal im Kulturausschuss.
Selbstverständlich gibt es ein Recht für alle
Menschen, also auch für Abgeordnete, in Vereinen ehrenamtlich tätig zu sein und
dort auch in Vorständen zu sitzen. Was es aber nicht geben darf - und das kann
man nicht oft genug wiederholen -: dass sich Politiker in Ausschüssen, in denen
sie womöglich auch noch Vorsitzende sind, für den Verein, in dem sie ihren
Arbeitsplatz haben, selbst Subventionen bewilligen. Das kann nicht oft genug
kritisiert werden, und ich muss ehrlich sagen, mein Unverständnis für diese
Vorgangsweise ist unendlich.
Vielleicht darf ich Ihnen wieder einmal einen der
Grundsätze des Wiener Vergabewesens ins Gedächtnis rufen. Er lautet: Der
öffentliche Auftraggeber ist in der Wahl des Vergabeverfahrens von nicht
prioritären Dienstleistungen zumindest frei. Allerdings ist anzumerken, dass
dennoch die fundamentalen Grundsätze des Vergaberechts zu beachten sind, und dazu
zählen vor allem der faire und lautere Wettbewerb und die unparteiische
Behandlung aller Bewerber und Bieter sowie die Vergabe nur an befugte,
leistungsfähige und zuverlässige Bieter zu angemessenen Preisen. Dies gilt auch
im Verhandlungsverfahren, also wenn keine öffentliche oder beschränkte
Ausschreibung stattgefunden hat. Die Bekanntmachung der vergebenen Aufträge
soll eine Marktbeobachtung durch die Gemeinschaft und interessierte Kreise
ermöglichen. - Das alles haben wir im Wiener Vergaberecht.
Aber gehen wir einmal zu den Angeboten selbst. Ich
werde, wie schon viele Redner heute, hier auf die Analyse des Leistungsangebots
der Stadt Wien für Senioren von Andersen eingehen, worin immer wieder Probleme
angesprochen werden, die wir GRÜNE seit Jahren kritisieren und deren Behebung
wir gefordert haben. Als Erstes gehe ich gleich auf die Problematik der Zunahme
der Zahl von Senioren und Seniorinnen in der Bevölkerungsgruppe der Migranten
ein, die bisher keine Berücksichtigung findet, was jedoch gefordert wird. Meine
erste Rede hier im Gemeinderat behandelte dieses Thema. Ist seither irgendetwas
geschehen? - Nein!
Mein Antrag vor dem Sommer behandelte das Öffnen von
Pensionistenwohnhäusern und Pflegewohnungen für nichtösterreichische Staatsbürger
ebenso wie die Bereitstellung der Sozialhilfe für diese Bevölkerungsgruppe. Ist
etwas geschehen damit seither? - Nein! Wir sehen hier keinen Fortschritt, und
die Analyse der Studie vermisst dies ebenso. Also, das ist keine Erfindung der
GRÜNEN.
Ebenso wird moniert, dass man von Seiten der Stadt
nicht auf eine künftige Entwicklung in der Frage der Mittelbereitstellung für
Leistungen, die für SeniorInnen erbracht werden müssen, eingeht. Heute haben
wir von Frau StRin Pittermann sehr viel über die demographische Entwicklung
unserer Gesellschaft gehört - also so weit sind Sie auch schon vorgedrungen -,
aber anscheinend wird es halt so gehandhabt, wie es üblich ist: Man wartet, bis
das Problem wirklich aktuell ist, dann reagiert man kopfüber, und so ist das
meiste dann wahrscheinlich teurer, als es notwendig wäre, teurer, als wenn man
einen Masterplan erarbeitet hätte, den die Studie ebenfalls vermisst.
Sehr geehrte KollegInnen von allen in Vorständen
sitzenden Parteien! Wenn Sie schon in ausgegliederten Vereinen sitzen, die von
Ihrer Subventionszugabe leben, dann machen Sie bitte beste verantwortungsvolle
Arbeit dort und wenn möglich - und ich hoffe, das ist möglich - keine
Parteienwerbung. Das geht nämlich so weit, dass ein Heimbewohner fragt, ob er
eine andere Partei wählen darf als die SPÖ, denn man hat ihm gesagt, wenn er
das tut, dann gibt es in Zukunft diese Einrichtungen bald nicht mehr.
Natürlich soll sich die öffentliche Hand bei der
Leistungserbringung auf jene Bereiche konzentrieren, in denen ein Marktversagen
zu befürchten ist, aber dort, wo ein Markt vorhanden ist - und ganz ignorieren
Sie das ja auch nicht -, soll sich die Stadt auf die Sicherstellung der
Qualität der Leistungen im Sinne des Konsumentenschutzes, auf Überprüfung des Mitteleinsatzes
und finanzierende Aktivitäten beschränken. Eine klare Trennung zwischen
beauftragenden und leistungserbringenden Einheiten erhöht die Transparenz des
Gesamtsystems und des Leistungsprozesses, sagen kluge Leute.
Ich nehme doch an, dass Sie die Vorschläge der
Andersen-Studie ernst nehmen, denn ich nehme auch an, dass sie viel Geld
gekostet hat, und das wollen Sie doch sicher nicht zum Fenster rauswerfen.
Es besteht ein genereller Reformstau. Eine
flächendeckende Professionalisierung des Sektors, wie sie in zahlreichen
anderen Ländern vorhanden ist, fehlt bei uns. Ein bisschen schwerfällig war die
SPÖ immer schon, aber jetzt werden große Reformen im Bund starten, und dann
wird das, vor allem, wenn die SPÖ mit in der Regierung ist, hier vielleicht
auch ein bisschen abfärben. Den Forderungen nach Transparenz und klarer
Trennung von leistungserbringender, finanzierender und kontrollierender Ebene,
wie es auch die EU fordert, entspricht Ihre Gebarung jedenfalls nicht. Die
Nachkriegsjahre des vorigen Jahrhunderts, wo zwei Parteien das Land mit Hilfe
von Vereinen und ähnlichen Bünden unter sich aufgeteilt haben und sich
gegenseitig nicht in die Quere gekommen sind, sind hoffentlich vorbei, wie es
auch die Studie fordert.
Meinen Vorschlag einer SeniorInnenkommission, in der
wir viele auf uns zukommende Probleme miteinander bearbeiten und lösen hätten
können, haben Sie abgelehnt. Heute wurde wieder ein Antrag gestellt - von der
ÖVP diesmal - und ich bin neugierig, wie Sie darauf reagieren. Wenn Sie ihn nicht
annehmen, dann zeigen Sie bitte, dass Sie es auch alleine können, aber bald,
sonst ist nämlich der Zug abgefahren.
Es gäbe noch viel zu diesem Thema zu sagen, zum Beispiel zu
den Mehrbettzimmern in Geriatriezentren und dem schleppenden Ausbau von betreuten
Wohngemeinschaften, zum Personalmangel in Sozialeinrichtungen,
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